![Stieleichen-Hainbuchenwälder wie hier in der Manheimer Bürge sind von herausragendem naturschutzfachlichen Wert. [Foto: Dirk Jansen] Stieleichen-Hainbuchenwälder wie hier in der Manheimer Bürge sind von herausragendem naturschutzfachlichen Wert. [Foto: Dirk Jansen]](/fileadmin/nrw/bilder/Braunkohle/Hambach/2024-10-22-Suendenwaeldchen3-DJ.jpg)
Durch die erfolgreiche BUND-Klage 2018 und die anschließenden politischen Vereinbarungen konnten im Süden des Braunkohlentagebaus Hambach etwa 650 Hektar historisch alte Waldgebiete (Merzenicher Erbwald, Hambacher Forst, Manheimer Bürge, Teile der Steinheide) gerettet werden. Diese Areale sind Teile der vor der bergbaulichen Inanspruchnahme einst etwa 4.100 Hektar umfassenden Bürgewälder. Aus naturschutzfachlicher Sicht sind sie von herausragender Bedeutung. Mit ihrem hohen Anteil an naturnahen Stieleichen-Hainbuchenwälder mit teilweise 200 Jahre alten Eichen besitzen sie als artenreicher Refugialraum auch nach Einschätzung der Landesregierung eine herausragende Bedeutung für den Biotopverbund. Leitarten sind unter anderem Bechsteinfledermaus, Mittelspecht und Springfrosch.
Neben der Bechsteinfledermaus konnten hier 13 weitere Fledermausarten nachgewiesen werden. Etliche von ihnen sind in ihrem Bestand stark gefährdet, allesamt werden sie im Anhang IV der FFH-Richtlinie (RL 92/43/EWG) geführt und gelten somit nach § 7 (2) Nr. 14b Bundesnaturschutzgesetz zu den „streng geschützten Arten“.
Auch geschützte Säugetiere wie die Haselmaus sind hier zu Hause. Verschiedene Nachweise zeigen, dass auch die seltene und gleichgfalls streng geschützte Wildkatze hier wieder heimisch wird.
Vernetzung von existenzieller Bedeutung
![Das so genannte "Sündenwäldchen" (auch Sportplatzwäldchen) bei Manheim beherbergt viele Quartierbäume streng geschützter Fledermäuse. RWE will es zerstören. [Foto: Dirk Jansen] Das so genannte "Sündenwäldchen" (auch Sportplatzwäldchen) bei Manheim beherbergt viele Quartierbäume streng geschützter Fledermäuse. RWE will es zerstören. [Foto: Dirk Jansen]](/fileadmin/nrw/bilder/Braunkohle/Hambach/2024-10-22-Suendenwaeldchen-DJ.jpg)
Neben der naturschutzrechtlichen Sicherung dieser Waldgebiete als Wildnisentwicklungsgebiete gemäß BUND-Vorschlag ist deren Wiedervernetzung von existenzieller Bedeutung.
Diese Vernetzung ist zum einen zur Sicherstellung des ökologischen Austauschs notwendig. So nutzt zum Beispiel die Bechsteinfledermaus die Bäume und Sträucher entlang der alten BAB4-Trasse sowie des Manheimer Fließ als Leitlinie, um zwischen Hambacher Forst/Manheimer Bürge und Steinheide zu pendeln. Das etwa 6 Hektar große „Sünden“- oder „Sportplatz“-Wäldchen in Manheim (alt) dient der Bechsteinfledermaus dabei auch als Quartier. Als Teil der ehemalig großräumigen Manheimer Bürge verfügt dieses Waldstück über eine vergleichbar gute Biotopstruktur wie die übrigen Altwälder. Das Waldstück weist z.B. eine große Zahl geeigneter Fledermaus-Quartierbäume auf.
Zum anderen fungieren die Altwälder mit ihrem hohen Artenreichtum auch als Quellgebiete für die Wiederbesiedlung der Waldstandorte in der übrigen Tagebaufolgelandschaft. Eine effektive Vernetzung über ausreichend dimensionierte Verbindungskorridore ist also essenziell.
Es sollte deshalb vorrangiges Ziel sein, die bereits bestehenden Vernetzungsstrukturen zu erhalten und zu erweitern.
Waldvernetzung beschlossen
!["Sündenwäldchen" und Manheimer Fließ (im Vordergrund) haben eine wichtige Funktion als Trittsteinbiotop und Verbundstruktur zum Hambacher Wald (im Hinhtergrund). [Foto: Dirk Jansen] "Sündenwäldchen" und Manheimer Fließ (im Vordergrund) haben eine wichtige Funktion als Trittsteinbiotop und Verbundstruktur zum Hambacher Wald (im Hinhtergrund). [Foto: Dirk Jansen]](/fileadmin/nrw/bilder/Braunkohle/Hambach/2024-10-12-manheimer2-dj.jpg)
Sowohl im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN als auch in den Leitentscheidungen 2021/2023 wurde festgelegt, die teils verinselten Altwaldbereiche „großflächig“ wieder zu vernetzen und sie in öffentliches Eigentum zu überführen. Die Waldvernetzung sei „zur langfristigen Entwicklung und Sicherung der Waldfunktion des Hambacher Forstes“ umzusetzen. Hierzu sollen insbesondere Verbindungsflächen bzw. ökologische Trittsteine zwischen dem Hambacher Forst, dem Merzenicher Erbwald und der Steinheide geschaffen werden.
Von einem Erhalt der existierenden Verbindungsstrukturen (Manheimer Fließ) und ökologischen Trittsteine („Sündenwäldchen“) ist dabei keine Rede. Vielmehr hat zuletzt auch der Braunkohlenausschuss mit der Änderung des Braunkohlenplans Hambach den Weg dafür bereitet, dass die so genannte „Manheimer Bucht“ zur Gewinnung von Abraummaterial bis vor die Manheimer Kirche erweitert wird. Deshalb sollen auch das Manheimer Fließ und das „Sündenwäldchen“ in Kürze abgebaggert werden. Mit seinen verschiedenen Klagen versucht der BUND, dieses Vorhaben doch noch zu stoppen.
Nach den derzeitigen Überlegungen der Behörden soll die Wiedervernetzung über einen neu zu schaffenden bis zu 250 Meter breiten Waldkorridor nördlich der Hambachbahn und Autobahn A4 erfolgen.
Die Biotopverbindung zwischen Hambacher Forst/Manheimer Bürge und Merzenicher Erbwald soll ein etwa 380 Meter breiter Uferbereich des künftigen Sees übernehmen. Dieser Bereich soll langfristig unter Naturschutzaspekten beplant werden.
Wiedervernetzung in Gefahr
![Die Kiesgrube Forster Feld verhindert den Biotopverbund zwischen Hambacher Wald und Steinheide (im Hintergrund). Sie soll jetzt um fast 14 Hektar vergrößert werden. [Foto: Dirk Jansen] Die Kiesgrube Forster Feld verhindert den Biotopverbund zwischen Hambacher Wald und Steinheide (im Hintergrund). Sie soll jetzt um fast 14 Hektar vergrößert werden. [Foto: Dirk Jansen]](/fileadmin/nrw/bilder/Braunkohle/Hambach/2024-10-22-Kiesgrube-Forster-Feld.jpg)
Während die Wiedervernetzung im Westen gelingen kann, wenn der entsprechende Bereich von intensiven Freizeitnutzungen freigehalten wird, sind die Planungen für die Verbindung zur Steinheide im Osten inakzeptabel.
Wie bereits dargelegt, darf die vollständige bergbauliche Inanspruchnahme der so genannten Manheimer Bucht noch nicht als gegeben angenommen werden. Um die bestehenden Biotopverbundstrukturen und Trittsteine zwischen den Kerngebieten des Hambacher Forsts und der Steinheide zu optimieren, sollte deshalb vorrangig ein dortiger Verbundkorridor betrachtet werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es große Zweifel gibt, dass der vorgesehene schmale Streifen entlang von Autobahn und Hambachbahn die ihm zugedachten ökologischen Funktionen erfüllen kann.
Um eine weitere Fragmentierung und Verinselung der Hambacher Bürgewälder zu vermindern, muss der Verbundkorridor so dimensioniert sein, dass er den verschiedenen waldgebundenen Zielarten (z.B. Bechsteinfledermaus, Wildkatze) gerecht wird. Mindestens 320 Meter gelten in der Wissenschaft als Richtwert für die Minimalbreite eines solchen Ökokorridors bei der zu überbrückenden Distanz von etwa 2 Kilometern.
Ob ein maximal 250 Meter breiter Streifen unmittelbar entlang von A4, Hambachbahn und DB-Strecke, der zudem von diversen Straßen gequert und sowohl im Westen als auch im Osten von expandierenden Abgrabungsflächen begrenzt wird, tauglich ist, darf bezweifelt werden. Zuletzt (16.09.2024) war von der Bezirksregierung Arnsberg sogar noch die Erweiterung des Tagebaus Forster Feld am Rand der Steinheide um weitere 13,6 Hektar genehmigt worden.
Vorrangiges Ziel muss es deshalb sein, möglichst große Teile der Manheimer Bucht zu erhalten und die dortigen Biotopverbundstrukturen zu ergänzen. Nur eine solche Lösung wird den politischen Vereinbarungen zur großflächigen Waldwiedervernetzung im Süden des Tagebaus Hambach gerecht.
Gelingt das nicht, bleiben alle Bekenntnisse zur Waldwiedervernetzung und zum Biotopverbund hohle Versprechen.

Neue BUND-Klage
![Stummer Protest gegen die geplante Rodung des Sündenwäldchens. [Foto: Dirk Jansen] Stummer Protest gegen die geplante Rodung des Sündenwäldchens. [Foto: Dirk Jansen]](/fileadmin/nrw/bilder/Braunkohle/Hambach/2025-01-12-suendi-dj.jpg)
Am 3. Januar 2025 hat der BUND NRW beim Oberverwaltungsgericht des Landes NRW in Münster eine neue Klage gegen den Braunkohlentagebau Hambach eingereicht. Gleichzeitig wurde der Erlass einer Zwischenverfügung beantragt, mit welcher bevorstehende Rodungsmaßnahmen im Umfeld des Hambacher Waldes unterbunden werden sollen.
Hintergrund von Klage und Eilantrag ist die Zulassung eines neuen Hauptbetriebsplans für die RWE Power AG, der die Fortführung des Tagebaus ab dem 1. Januar 2025 regelt. Zwar war dieser dem BUND trotz eines frühzeitig gestellten Antrags bis dahin nicht übermittelt worden. Da sich jedoch die Gerüchte über möglicherweise bereits unmittelbar bevorstehende Rodungen verdichteten, sahen wir uns zum Handeln gezwungen. Inzwischen wurde der Zulassungsbescheid der Bezirksregierung Arnsberg veröffentlicht.
Der neue Hauptbetriebsplan umfasst die weitere Abbaggerung der sogenannten Manheimer Bucht in den nächsten drei Jahren. In dessen Geltungsbereich liegen alle oben beschriebenen Grünzüge und das etwa sechs Hektar große sogenannte „Sündenwäldchen“. Das Ziel der neuen BUND-Klagen ist es, diese existierenden Biotopverbundstrukturen zu retten.
RWE hält die Gewinnung von Material in der Manheimer Bucht für alternativlos. Damit soll die Rekultivierung der Innenkippe des Tagebaus und die Stabilität der Tagebauböschungen gewährleistet werden. Der BUND wirft dem Bergbaukonzern und der Landesregierung hingegen vor, nicht ernsthaft alle alternativen Möglichkeiten in Betracht gezogen zu haben.