Die Claims sind abgesteckt

Auf mehr als der Hälfte der NRW-Landesfläche hat die Bezirksregierung Arnsberg den Energiekonzernen Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffe genehmigt. Auch wenn diese noch nicht zur Förderung von Erdgas berechtigen, sind sie der erste Schritt im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren. Dabei könnte die Behörde die Anträge wegen entgegen stehender öffentlicher Interessen ablehnen und erteilte Erlaubnisse widerrufen.

Lage der erteilten und beantragten Erlaubnisfelder zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen (ohne Grubengas) in NRW (Stand September 2016)

Bergbehörde muss Verlängerung der Aufsuchungserlaubnisse versagen

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Bezirksregierung Arnsberg aufgefordert, keine neuen Aufsuchungserlaubnisse für die Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten zu erteilen und bereits erteilte Bergbauberechtigungen nicht zu verlängern.

Nach dem geltenden Bundesberggesetz sind Erlaubnisse zur Aufsuchung von Erdgas zu versagen, wenn dem überwiegende öffentliche Interessen entgegen stehen. Das ist beim Fracking unkonventioneller Erdgaslagerstätten unzweifelhaft der Fall. Auch die Landesregierung hat dies mit ihrer Risikostudie bestätigt. Der BUND erwartet deshalb von der Bezirksregierung, dass sie nicht weiter die Tür zur Anwendung dieser ebenso überflüssigen wie gefährlichen Technologie offen hält.

Der BUND hatte die Bezirksregierung Arnsberg schon 2014 im Rahmen einer offiziellen Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) um Übermittlung aller vorliegenden bergrechtlichen Erlaubnisse zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen gebeten. Dem war die Behörde nachgekommen. Dadurch war bekannt geworden, dass die Bergbehörde heimlich, still und leise zahlreiche auslaufende Aufsuchungserlaubnisse verlängert hatte. Sowohl die betroffenen Kommunen als auch die Bevölkerung hatten davon nichts mitbekommen.

Die Landesregierung reagiert

Mit Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2014 ist diese Praxis neu geregelt worden. Die von Aufsuchungsfeldern berührten Kommunen und Kreise werden nun über die Aufsuchungsvorhaben informiert. Alle dazu eingegangenen Stellungnahmen werden ausgewertet und fließen in die Entscheidung ein. Dass die Bezirksregieung allerdings eine Genehmigung versagt hätte, ist nicht bekannt.

Hinweis: Die jeweils aktuell beantragten und erteiltenErlaubnisfelder zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen finden Sie auf den Seiten der Bezirksregierung Arnsberg.

Aufsuchungserlaubnisse sind "gebundene Entscheidungen"

Der rechtliche Rahmen für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas ergibt sich in erster Linie aus dem Bundesberggesetz (BBergG).

Für das Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen benötigt der Bergbauunternehmer grundsätzlich zwei Arten von behördlichen Entscheidungen. Zum einen geht es um Bergbauberechtigungen, die dem Bergbauunternehmer lediglich prinzipiell das Recht einräumen, Bodenschätze aufzusuchen beziehungsweise zu gewinnen. Zum anderen geht es um die Zulassung einer konkreten betrieblichen Maßnahme im Rahmen einer Aufsuchung oder Gewinnung, zum Beispiel das Niederbringen von Bohrungen. Hierfür benötigt der Bergbauunternehmer grundsätzlich eine gestattende Entscheidung in Form einer Betriebsplanzulassung.

Erdgas zählt zu den Kohlenwasserstoffen und ist damit ein so genannter bergfreier Bodenschatz im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG. Bergfreie Bodenschätze sind nicht Bestandteil des Grundeigentums. Sowohl für ihre Aufsuchung als auch für ihre Gewinnung ist deshalb jeweils eine Bergbauberechtigung erforderlich. Diese Bergbauberechtigung kann in Form einer Erlaubnis oder einer Bewilligung erteilt beziehungsweise in Form des Bergwerkseigentums verliehen werden. Gemäß § 6 BBergG gilt der Grundsatz: Wer bergfreie Bodenschätze aufsuchen will, benötigt eine Erlaubnis, wer bergfreie Bodenschätze gewinnen will, benötigt eine Bewilligung oder das Bergwerkseigentum.

Die Bergbauberechtigungen (Aufsuchungserlaubnisse) haben in erster Linie die Aufgabe, dem Inhaber eine Rechtsposition zum Schutz vor Konkurrenten einzuräumen. Sie vermitteln noch kein Recht zur Vorhabensdurchführung und sind sogenannte gebundene Entscheidungen. Der Behörde steht kein Ermessen zu. Wenn die in den §§ 11 und 12 BBergG abschließend aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind, besitzt der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Bergbauberechtigung. Eine Erlaubnis ist so z.B. nur dann zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen (§ 12 Abs. 1 Nr. 10 BBergG).

Widerruf ist möglich

§ 18 Bundesberggesetz eröffnet die Möglichkeit, selbst erteilte Erlaubnisse und Bewilligungen zu widerrufen. Dies ist zum einen möglich, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zum anderen ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn aus Gründen, die der Erlaubnisinhaber
zu vertreten hat, die Aufsuchung nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der
Erlaubnis aufgenommen oder die planmäßige Aufsuchung länger als ein Jahr unterbrochen
worden ist. Die zuständige Behörde kann die Frist "aus wichtigem Grunde" um jeweils
ein weiteres Jahr verlängern.Ferner ist die Bewilligung zu widerrufen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb
von drei Jahren nach Erteilung der Bewilligung aufgenommen oder wenn die regelmäßige
Gewinnung länger als drei Jahre unterbrochen worden ist.

Die Bergbehörde hätte also durchaus Möglichkeiten, einzugreifen. Trotzdem ist kein Fall des Widerrufs einer Bewilligung in NRW bekannt.

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