BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Grubenwasseranstieg nach Ende des Steinkohlenbergbaus

11. Juni 2018 | Flüsse & Gewässer, Kohle, Klima & Energie, Wasser

BUND fordert transparente Genehmigungsverfahren und vorgeschaltete Umweltverträglichkeitsprüfung

Grubenwassereinleitung der RAG. [Foto: Dirk Jansen]

Das Ende des Steinkohlenbergbaus in NRW rückt näher. Doch die Probleme durch das Grubenwasser bleiben. Dennoch fehlt bislang eine ganzheitliche Betrachtung der wasserwirtschaftlich-ökologischen Auswirkungen des Steinkohlenbergbaus. Dabei ist der beabsichtigte Anstieg des Grubenwassers mit zahlreichen Risiken verbunden. Auch untertägig in großen Mengen vorhandene Giftstoffe wie PCB sorgen für Gefahr. Trotzdem werden wasserrechtliche Erlaubnisse noch immer ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erteilt. Dagegen wendet sich die BUND-Landesdelegiertenversammlung mit einem einstimmig verabschiedeten Antrag.

 

Grubenwasserkonzept der RAG

Der BUND-Landesverband NRW sieht den bisherigen verwaltungsrechtlichen und genehmigungstechnischen Umgang der RAG mit der großflächigen Änderung der Grubenwasserhaltung im Einzugsgebiet von Lippe, Emscher, Ruhr und Rhein äußerst kritisch und fordert die zuständige Genehmigungsbehörde in Arnsberg auf, endlich ein dem geltenden Recht entsprechendes wasser- und immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Es ist ein verantwortbares, transparentes und rechtskonformes Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Der BUND NRW fordert, dass der von der RAG beantragte und noch zu beantragende Grubenwasseranstieg für die einzelnen Bergwerke – ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – von der Genehmigungsbehörde abgelehnt, bzw. die Genehmigung versagt wird.

Der BUND NRW fordert eine ganzheitliche Betrachtung der ökologischen Auswirkungen für die Gesamtregion(en) des ehemaligen Steinkohlebergbaus im Einzugsbereich von Lippe, Emscher, Ruhr und Rhein und wird sich gegen die bisherige „Salamitaktik“ der Bergbehörden in NRW mit allen entsprechenden rechtlichen Mitteln und ggf. einer EU-Beschwerde zur Wehr setzen.

Damit Belastungen der Gewässer mit den im Grubenwasser enthaltenen Umweltgiften vermieden werden, fordert der BUND NRW die Ausstattung aller Grubenwassereinleitungen mit einer vollchemischen Reinigungsstufe inklusive PCB-Elimination.

Die Stilllegung der letzten Steinkohlebergwerke mit dem systembedingten Grubenwasseranstieg in NRW hat erhebliche Folgen für Mensch und Umwelt. Auf die Regionen kommen zeitlich unbefristete „Ewigkeitsbelastungen“ zu. Ein Problem ist besonders das steigende Grubenwasser nach Flutung der Bergwerksstollen. Dieser Grubenwasseranstieg, der aktuell von der RAG beantragt und umgesetzt wird, stellt das größte Umweltproblem für die gesamte Wasserwirtschaft und Hydrogeologie der Emscher Lippe Ruhr Region dar. Es drohen u.a. Belastungen der Oberflächengewässer durch die Grubenwassereinleitungen mit dem hochgiftigen PCB und anderen Schadstoffen wie Chloriden und Schwermetallen.

 

Die Forderungen des BUND NRW im Einzelnen:

 

1. Der BUND NRW fordert das Land NRW und die RAG auf, die nach dem Gesetz erforderlichen Genehmigungsverfahren mit begleitender UVP durchzuführen.

Die wasserrechtlichen Erlaubnisse zum Zutagefördern von Grubenwasser und Einleiten in die Fließgewässer an den bisherigen Standorten laufen schrittweise aus. Daneben soll ein neues Grubenwasserkonzept die wasserwirtschaftlichen Herausforderungen nach dem Ende des Bergbaus bewältigen. Was bislang weitgehend fehlt, ist eine Gesamtschau des bereits laufenden Grubenwasseranstiegs inklusive einer Darstellung und Prüfung aller möglicher Umweltauswirkungen. Für die Region Ibbenbüren sind zudem überhaupt keine Kenntnisse bekannt und es liegen dazu auch keine öffentlich bekannten Gutachten vor, welche konkreten Wirkeffekte der Grubenwasseranstieg haben wird. Aus diesen Gründen ist die Herstellung von Transparenz der Planungen und Genehmigungsverfahren unverzichtbar.

 

2. Der BUND NRW fordert das Land NRW auf, sicherzustellen, dass für alle laufenden und bevorstehenden Genehmigungsschritte ein dem geltenden Recht entsprechendes wasserrechtliches Genehmigungsverfahren inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung mit entsprechender Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wird.

Bisher wurden die wasserrechtlichen Erlaubnisse ohne verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Beteiligung der Öffentlichkeit erteilt. Auch im aktuellen Verfahren zur Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Schachtanlage Walsum in Duisburg will die RAG auf eine UVP verzichten. Dabei stellt das Ansteigen des Grubenwassers zweifelsfrei ebenso eine Gewässerbenutzung dar, wie das spätere Einleiten in die Oberflächengewässer. Deshalb sind im Sinne der Vorschriften des WHG in allen Verfahren UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung unverzichtbar.

 

3. Der BUND NRW fordert, das neue Grubenwasserkonzept einer flächendeckenden Gesamt-Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, bevor die einzelnen, auf die jeweiligen geplanten Wasserhaltungen bezogenen notwendigen Zulassungsverfahren beginnen.

Bislang wurden der Grubenwasseranstieg und die -einleitung in einzelnen, auf die jeweiligen Wasserhaltungen bezogenen Verfahren ohne UVP zugelassen. Dabei wird durch die Maßnahmen massiv und zum Teil irreversibel in die hydrogeologischen und wasserwirtschaftlichen Prozesse einer ganzen Region eingegriffen. Zwar sollen die Maßnahmen zur Umsetzung des Grubenwasserkonzepts für die Zeit nach Bergbauende in wasserrechtlichen Verfahren inklusive UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen. Was allerdings bislang fehlt und auch zukünftig nicht vorgesehen ist, ist eine ganzheitliche Betrachtung der wasserwirtschaftlich-ökologischen Auswirkungen des Grubenwasseranstiegs für die Gesamtregion(en) des ehemaligen Steinkohlebergbaus.

 

4. Der BUND NRW fordert, alle Grubenwassereinleitungen mit einer vollchemischen Reinigungsstufe inklusive PCB-Elimination auszustatten.

Trotz Grubenwasseranstiegs auf ein wasserwirtschaftlich verträgliches Niveau wird dauerhaft die Einleitung von großen Mengen Grubenwassers in die Oberflächengewässer notwendig sein. Dieses Grubenwasser ist erheblich mit Chloriden, Schwermetallen und anderen Schadstoffen belastet. Daneben wird über das Grubenwasser auch das in der Vergangenheit untertage eingesetzte und dort in großen Mengen verbliebene Ultragift PCB in die Umwelt freigesetzt. Seit Mitte der 80erJahre wurden nach dem Motto "Aus den Augen – aus dem Sinn" insgesamt etwa 1,6 Millionen Tonnen Sondermüll und andere bergbaufremde Reststoffe in den NRW-Steinkohlenbergwerken "verklappt". Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass noch etwa 12.000 Tonnen PCB untertage lagern. Mit dem abgepumpten Grubenwasser können diese Gifte jetzt in die Biosphäre gelangen. Eine Einleitung in Gewässer ohne vorherige Reinigung verstößt gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie und ist deshalb aus Sicht des BUND nicht zulässig.

Die zu mehreren Dutzend durchgeführten kleinen wasserrechtlichen Einzel- Flutungsgenehmigungen nehmen nicht den Grubenwasseranstieg als Ganzes in NRW in den Blick und es findet somit auch keine Problembewältigung der Auswirkungen des eigentlichen Grubenwasseranstiegs statt.

Die einzige rechtlich korrekte Problembewältigung in der Verwaltungspraxis in NRW zum Gesamtkomplex Grubenwasseranstieg stellen die jeweiligen bergrechtlichen Abschlussbetriebspläne für die einzelnen abgeschlossenen Bergwerke dar. Die Gesamtproblematik des Grubenwasseranstiegs wird in diesen Verfahren jedoch nicht betrachtet und daher total ausgeblendet.

Das bisherige Verhalten der Bergbehörde in NRW muss daher als Verweigerung eines angemessenen Verwaltungshandelns angesehen werden.

Der BUND NRW fordert daher, dass ein Abschlussbetriebsplanverfahren und ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Beide Verfahren müssen nebeneinander geführt werden. Alle Genehmigungstatbestände, die im Abschlussbetriebsplan enthalten sein müssen, müssen auch im Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung betrachtet werden. Im Planfeststellungsverfahren ist zudem eine umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorzusehen, deren Belange durch das Vorhaben betroffen sind. Damit trägt der BUND NRW dem Petitum einer möglichst weitgehenden Öffentlichkeitsbeteiligung angemessen Rechnung.

 

5. Entsprechendes muss für den Bergbau Ibbenbüren mit Ibbenbürener Aa und der Ems erfolgen.

 

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