Rheindeichverlegung Himmelgeist: BUND verlangt Einsicht in Geheimvertrag

07. August 2025 | Flüsse & Gewässer, Naturschutz, Wasser

Umweltverband schaltet Anwalt ein

Der BUND fordert die Rückverlegung des Rheindeichs. [Foto: Dario Deilmann] Der BUND fordert die Rückverlegung des Rheindeichs. [Foto: Dario Deilmann]

  • BUND und Öffentlichkeit haben Informationsanspruch
  • Grunderwerbskosten kein Argument gegen Deichrückverlegung
  • Stadt versucht alte Planung durchzudrücken

Im langjährigen Streit um besseren Hochwasserschutz durch die Rückverlegung des Himmelgeister Rheindeichs verweigert die Stadt Düsseldorf die Herausgabe wichtiger Umweltinformationen. Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat deshalb jetzt zusammen mit seiner Kreisgruppe Düsseldorf einen Anwalt eingeschaltet. Mit einem Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW (IFG NRW) und dem Umweltinformationsgesetz (UIG NRW) begehrt der Umweltverband Zugang zum Vertrag zwischen der Stadt Düsseldorf und der Arenberg-Schleiden GmbH von 1975 über die Fläche im Himmelgeister Rheinbogen, welche für die aus Sicht des Hochwasserschutzes und der Ökologie wichtige Deichrückverlegung in Frage käme. Mit dem Schreiben beantragte der BUND auch die Herausgabe des von der Stadt Düsseldorf beauftragten Rechtsgutachtens zu diesem Vertrag sowie zum Gegengutachten im Auftrag der Arenberg-Schleiden GmbH.

Klaus Kurtz, Sprecher der BUND Kreisgruppe Düsseldorf: „Der vor vielen Jahren geschlossene Vertrag soll Baulandpreise garantieren, sollte die Stadt Gelände der Ahrenberg-Schleiden GmbH im Himmelgeister Rheinbogen kaufen wollen. Für die Öffentlichkeit ist die Information, ob die Hauptbegründung der Stadt, den Himmelgeister Deich nicht zurückverlegen zu wollen, tatsächlich stichhaltig ist, von großer Bedeutung. Immerhin geht es um ein für Düsseldorf wesentliches Projekt der Daseinsvorsorge, nämlich die Deichsanierung für einen besseren Hochwasser- und Naturschutz.“

Stadt Düsseldorf ignoriert OVG-Urteil

Der Vertrag soll dem Grundeigentümer einen Kaufpreis von 26 Millionen Euro garantieren. Diese hohe Summe war immer als Hinderungsgrund für eine Verlegung des Rheindeichs angeführt worden. Allerdings kennt die Öffentlichkeit bis heute nicht die Inhalte des „Geheimvertrags“. Dabei sah schon das Oberverwaltungsgericht (OVG) in seinem Urteil aus dem Jahr 2022 einen wesentlichen Mangel des seinerzeitigen Planfeststellungsverfahrens unter anderem auch in der Bezugnahme der Bezirksregierung Düsseldorf und der Landeshauptstadt Düsseldorf auf die mit dem besagten Vertrag getroffene Regelung über die Kosten des Grunderwerbs. Das von der Stadt vorgebrachte Kostenargument war vom OVG allerdings schon allein mangels Möglichkeit der Kenntnisnahme der vertraglichen Regelungen als nicht tragfähig angesehen worden. Dazu hatte das OVG bezweifelt, dass die finanziellen Belange die wasserrechtlichen Vorgaben zur Reaktivierung der faktischen Überschwemmungsfläche überwiegen könnten.

Dirk Jansen, NRW-Geschäftsleiter des BUND: „Die Stadt Düsseldorf entfaltet erheblichen Ehrgeiz, das von uns erstrittene OVG-Urteil zu ignorieren. Anstatt eine rheinferne Deichvariante ernsthaft zu planen, wird versucht, die alte Planung durchzudrücken. Mit Blick auf das nunmehr anstehende Heilungsverfahren ist davon auszugehen, dass der Geheimvertrag zwischen Stadt und Grundeigentümer wieder zum Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens werden wird. Ohne dessen Kenntnis ist aber weder eine eingehende Prüfung noch eine nachvollziehbare Abwägung möglich. Zudem haben wir einen Informationsanspruch.“

Sowohl das IFG NRW als auch das UIG NRW garantieren jeder Person den freien Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorliegenden Informationen, auch solchen, die die Umwelt betreffen. Deshalb hatte im Vorfeld auch schon Klaus Kurtz im Namen der Deichkonferenz Düsseldorf einen ersten Antrag auf Übermittlung des Vertrages gestellt. Der Stadtentwässerungsbetrieb jedoch verweigerte die Herausgabe oder Einsichtnahme. Es stände zu befürchten, dass die Bekanntgabe ein Verwaltungsverfahren "… erheblich beeinträchtigt“, „Geschäftsgeheimnisse offenbart und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde“. Außerdem fehle „der erforderliche Bezug und Wirk- bzw. Zweckzusammenhang zu Umweltbestandteilen“. Der BUND hält diese Argumente für abwegig und hat deshalb jetzt einen Anwalt eingeschaltet.

Hintergrund

Eine Rückverlegung des Deichs bei Himmelgeist wäre unter den Gesichtspunkten Hochwasserschutz und ökologische Aufwertung des Gebiets die deutlich bessere Lösung. Ein um bis zu 113 Hektar größerer Retentionsraum nimmt Druck von den Hochwasserschutzanlagen und eine Wiederherstellung der Aue ermöglicht mehr Natur- und Artenschutz. Beides wäre in Sinne von Zukunftssicherung von besonderer Bedeutung. Damit käme man auch gesetzlich formulierten Zielen in der EU-Wasserrahmenrichtlinie und im Wasserhaushaltsgesetz, mehr Retentionsraum zu schaffen und ökologische Aufwertung bei solchen Sanierungen vorzunehmen, nach.

Ursprünglich hatte das Land NRW vorgesehen, den Deich im Himmelgeister Rheinbogen zurück zu verlegen, um zusätzlichen Überschwemmungsraum zu schaffen und so im Hochwasserfall die Scheitelhöhe der Hochwasserwelle zu senken. Im Jahr 2005 beendigte die Stadt Düsseldorf auf Empfehlung des Landesumweltministeriums allein aus wirtschaftlichen Überlegungen die Planungen zur Deich-Rückverlegung und beantragte schließlich im Jahr 2016 die Genehmigung der Sanierung auf der bestehenden Trasse. Am 25. Mai 2020 erging durch die Bezirksregierung Düsseldorf der Planfeststellungsbeschluss. Dagegen hatte der BUND beim Oberverwaltungsgericht des Landes NRW am 15. Juli 2020 Klage erhoben.

Das OVG erklärte den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau des Deiches auf der bestehenden Trasse am 3. Februar 2022 für rechtswidrig und nicht vollziehbar. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Eine dagegen eingelegte Revisionsnichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht im Juni 2023 abgewiesen.

Trotzdem plant die Stadt Düsseldorf einen zweiten Anlauf. 

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