Klimaschutz- und umweltpolitische Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl

Am 13. Februar war der Vorabend des Klimastreiks. Wir nutzten den Anlass und luden die NRW-Kandidat*innen der demokratischen Parteien zur Bundestagswahl zu einer Podiumsdiskussion in das Bürgerhaus Bilk nach Düsseldorf ein. Wir wollten mit den Politiker*innen ins Gespräch kommen und diskutierten, welche Herausforderungen für gerechten Klimaschutz und die Bewahrung der Biodiversität in den nächsten Jahren auf die Gesellschaft zukommen.
An der Diskussion nahmen teil:
- Dr. Ralf Nolten (CDU), umweltpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion NRW
- Dr. Jan-Niclas Gesenhues (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium
- Daniel Rinkert (SPD), Mitglied im Umweltausschuss des Bundestags
- Dr. Fabian Fahl (Die Linke), Kandidat zur Bundestagswahl auf Listenplatz 8
- Holger Sticht, Landesvorsitzender BUND NRW
Moderiert wurd die Veranstaltung von der Klimajournalistin Samira El Hattab (WDR, Podcast "Climate Gossip")
Die Veranstaltung begann mit einem Impulsvortrag vom BUND-Landesvorsitzenden Holger Sticht in dem er feststellte, dass das Thema Klimaschutz im aktuellen Wahlkampfdiskurs so gut wie nicht vorkommt, obwohl es die Mehrheit der Bevölkerung als wichtig erachtet und die Klimawandelfolgen schon viele Tote und sehr viel Geld gefordert haben. Sticht referierte die drängendsten Herausforderungen aus der Sicht des Verbands im Bereich Klima- und Naturschutz und adressierte Erwartungen, Wünsche und Forderungen an die Kandidaten der Parteien.
Nach einer Vorstellungsrunde der Kandidaten eröffnete die Moderatorin Samira El Hattab anschließend die Diskussion mit der Frage, was die Parteien zum Klimaschutz planen. Die CDU plädierte an erster Stelle für Graswurzelpolitik (d.h. jeder Einzelne ist aufgerufen, seinen CO2 footprint zu reduzieren), sowie finanzielle Anreize zu schaffen, z.B. zum Heizungsaustausch. Aus Sicht der SPD ist das gemeinsame Verständnis über die Notwendigkeiten wichtig und ein Tempolimit könnte man sofort umsetzen. Die Grünen möchten die Verantwortung auf keinen Fall auf den Einzelnen abgeschoben wissen, Wirtschaft und Politik müssen angepasst werden, Erneuerbare weiter ausgebaut, viel mehr im Verkehr und Gebäudebereich getan und dem natürlichen Klimaschutz, Stichwort Renaturierung, Vorang gegeben werden. Die Linke bekräftigte, dass der Einzelne das nicht lösen kann und entsprechende ordnungspolitische Rahmenbedingungen und ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden müssten.
Auf die Frage, ob das reiche, antwortete Holger Sticht, dass einiges gut gedacht sei, dass die weiteren Massnahmen aber unbedingt mit der sozialen Farge verknüpft werden müssten. Nur wenn es auch finanziell für die Menschen eine Verbesserung bedeutete, würde die Transformation Akzeptanz finden.
Nach Meinung der Grünen ist die Auszahlung eines Klimageldes daran gescheitert, dass das Finanzministerium bei der Umsetzung zu lahm war und es eigentlich nicht wollte. Die technischen Probleme sind jetzt gelöst und es muss kommen, weil für den Umstieg auf nicht fossiles Heizen ein höherer CO2-Preis nötig ist.
Wenn Schwarz-Grün kommen sollte, wird dann das Heizungsgesetz zurückgedreht? Laut den Grünen hat auch die CDU gemerkt, dass das absurd ist, weil alle an der Basis schon unterwegs sind und der Ausstieg aus fossilem Heizen langfristig einen Beitrag zu günstigerem Leben leistet. Der CDU-Vertreter stimmte zu, dass ein Zurückdrehen nicht sinnvoll ist, dass aber die kommunale Wärmeplanung in den Kommunen zu langsam ist und den Umstieg verzögert. Die Linke ergänzte, dass man bereits 2015 mit dem Umstieg auf neue Heizungen hätte beginnen müssen, um das Ziel 2045 zu erreichen.
Wie steht es mit dem Verbrenner-Aus? Laut CDU-Vertreter ist das auf dem Land schwierig wegen der fehlenden Infrastruktur. Man ist antriebsoffen, Biosprit wäre auch ok. Der Grünen-Vertreter wies darauf hin, dass Biosprit aus Reststoffen akzeptabel ist, aber dass dies auch gut kontrolliert bzw. die Umweltkriminalität (Biosprit aus China) gestoppt werden müsse. Die Vorgabe müsste sein, dass es unterm Strich klimaneutral ist. Das E-Auto werde sich durchsetzen und es sei wichtig, die Autoindustrie in diese Richtung zu unterstützen, wenn wir in Deutschland auch in Zukunft eine Autoindustrie haben wollten. Gleichzeitig müsse der Trend zum Zweit- und Drittwagen gestoppt und der ÖPNV ausgebaut werden.
Das Problem mit der Ladeinfrastruktur beruhe laut SPD-Vertreter vor allem auf fehlenden klaren politischen Vorgaben: Bleibt es beim Ausstieg bis 2035 oder nicht? Der Aufbau sei im Gange, inzwischen gebe es z.B. Ladestellen in Bordsteinen, aber die Firmen seien verunsichert.
Auf die Frage der Moderatorin, wie die Stimmung in der Gesellschaft zum Umstieg sei, wies Holger Sticht darauf hin, dass es durch die geänderten Informationsquellen und Kräfte in der Gesellschaft, die Fake News verbreiteten, schwierig sei, flächendeckend durchzudringen und dass er dafür auch keine gute Lösung hätte.
Zum Thema Atomkraft, mit dem die CDU derzeit auch Wahlkampf macht, äußerte sich der CDU-Vertreter kritisch, da die Endlagerfrage nach wie vor ungelöst sei und z.B. in seiner Kommune das Zwischenlager Jülich immer noch ohne Genehmigung ist. Er sprach sich aber für eine Fortführung der Forschung im nuclearen Sicherheitsbereich aus. Der Grünen-Vertreter stimmte dem zu.
CCS wird von SPD und Grünen kritisch gesehen, allenfalls da wo unvermeidbare Emissionen entstehen, kann es eine Lösung sein, das müsse gesetzlich eindeutig geregelt werden.
Die Linke plädierte bei Biodiversität und Naturschutz dafür, dass 30% der Flächen unter Schutz gestellt werden. In Wäldern könne das auch mit wirtschaftlicher Nutzung kombiniert werden, z.B. Holz in Kaskaden nutzen. Der Grünen-Vertreter erinnerte daran, dass es noch nicht gelungen sei, ein zweites Naturschutzgebiet in NRW auszuweisen und regte an, dass mehr Renaturierungsprogramme und Aktionen vor Ort mit Schülern, Nabu und anderen Naturschutzorganisationen durchgeführt werden, um für den Klimaschutz zu begeistern. Der Vertreter Linken meinte, Begeisterung muss aus Bewegungen kommen und Bewegungen müssen die Politik bewegen. Der CDU-Vertreter kommentierte, man müsse die Landschaftsschutzplanung von unten her denken und 20% Naturschutzfläche sei möglich.
Die SPD betonte mehrfach, dass die Transformation nur gelingen kann, wenn man eine positive Vision hat, die Menschen in den Kommunen an den Entscheidungen beteiligt werden und es sich für den Einzelnen auch finanziell lohne, dann hätten alle Lust darauf mitzumachen. Und viele Kommunen seien da schon auf einem guten Weg...
Im Anschluss an die Diskussion wurden noch viele Fragen aus dem Publikum diskutiert und der dringende Appell an die Kandidaten gerichtet, schnell zu handeln, da Kipppunkte bald erreicht würden und keine Zeit mehr zum Handeln bliebe, außerdem der Aufruf an die Umweltpolitiker in allen Parteien, sich stärker darür einzusetzen das Umweltthema nach vorne zu bringen und wieder sichtbar zu machen.
Die BUND-Forderungen zur Bundestagswahl 2025
Die neue Bundesregierung muss unser Klima, die Biodiversität und Ressourcen konsequent schützen:
Natur wiederherstellen und erhalten!

Bedrohte Lebensräume müssen geschützt und wiederhergestellt werden. Dafür brauchen Länder und Kommunen Unterstützung. Bestehende Möglichkeiten können etwa durch gemeinsame Programme von Bund und Ländern ergänzt werden. Wo Bauprojekte nicht zu vermeiden sind und in die Natur eingegriffen wird, reichen Ersatzzahlungen nicht aus. Stattdessen muss in der Nähe ein Ausgleich geschaffen werden.
Gerechte und ökologische Agrarpolitik jetzt!
Die Landwirtschaft trägt zur Biodiversitäts- und Klimakrise bei und leidet gleichzeitig darunter. Der BUND fordert deshalb eine Agrarpolitik mit guten Marktregeln, fairen Erzeuger*innen-Preisen und begleitenden Anpassungen, etwa bei der Mehrwertsteuer. Nur so wird gutes Essen für alle möglich. Wir brauchen mehr Ökolandbau mit weniger Tieren, die dafür besser gehalten werden. Außerdem muss die neue Bundesregierung den Einsatz von Pestiziden reduzieren und gentechnikfreie Erzeugung ermöglichen.
100 Prozent erneuerbare Energieversorgung – dezentral und demokratisch!

Nur eine 100-prozentige erneuerbare Energieversorgung ist sicher und klimafreundlich. Dafür müssen die Erneuerbaren schnell und naturverträglich ausgebaut werden – dezentral und unter Beteiligung der Bürger*innen. Debatten um einen Wiedereinstieg in Atomenergie bringen uns nicht voran. Genauso wenig wie Märchen von Rettung durch CCS (Carbon Capture and Storage) oder blauem Wasserstoff, durch den wir weiterhin abhängig von Erdgas wären. Deutschland muss bis 2030 aus der Kohle aussteigen. Wir brauchen rein erneuerbaren Strom bis 2035 und eine Strategie zum fossilen Gasausstieg bis spätestens 2040.
Wärmewende sozial gerecht organisieren!
Die Wärmewende muss beschleunigt werden, um das Klima zu schützen und Verbraucher*innen vor hohen Kosten zu bewahren. Mehr Gebäude müssen gedämmt, fossile Heizungen schneller ausgetauscht und die Wärmeplanungen der Kommunen verbindlich werden. Dieser Umstieg muss fair geschehen. Wir fordern eine verlässliche, sozial gerechte Förderung und einen wirksamen Schutz der Mietenden vor steigenden Warmmieten.
Für eine klima- und sozial gerechte Mobilität brauchen wir deutlich mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und die Schiene. Deutschland muss die Finanzierung des günstigen Deutschlandtickets sichern, statt Geld in neuen Autobahnen zu versenken. Der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beim Pkw muss bis 2030 vollzogen sein. Die neue Bundesregierung muss außerdem klimaschädliche Subventionen abbauen, die beispielweise die Attraktivität großer Verbrennerfahrzeuge steigern.
PFAS verbieten!

Menschen und Umwelt müssen vor weiteren Schäden durch die Ewigkeitschemikalien PFAS geschützt werden. Deshalb fordert der BUND von der neuen Bundesregierung den Ausstieg aus der Herstellung und Verwendung aller PFAS bis 2030. In Konsumprodukten müssen PFAS bereits bis Ende 2025 verboten werden.
Ressourcen schützen per Gesetz!
Unsere Ressourcen sind begrenzt. Deshalb müssen wir sparsam mit ihnen umgehen und sie gerecht verteilen. Dafür braucht Deutschland ein Ressourcenschutzgesetz mit klaren und verbindlichen Reduktionszielen. Wenn wir Ressourcen sparsamer nutzen und Wiederverwendung stärken, ist genug für alle da.
Lebensgrundlage Wasser schützen!
Wasser ermöglicht Leben. Um diese Ressource zu schützen, braucht Deutschland eine konsequente Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie. Die Verwaltung der Wasserstraßen und Schifffahrt braucht ausreichend Personal und finanzielle Mittel, um die Wasserrahmenrichtlinie an unseren großen Flüssen wirksam umzusetzen.
Transformation gerecht finanzieren!
Deutschland braucht dringend eine umweltgerechte Transformation der Wirtschaft. Die marode Infrastruktur muss erneuert und ein sozialer Ausgleich gerecht finanziert werden. Dafür muss die neue Bundesregierung die Schuldenbremse reformieren, umweltschädliche Subventionen abbauen und Steuern sozial-ökologisch neu denken. Große Vermögen, Kapitalerträge und große Erbschaften müssen höher besteuert werden. Beim Umbau der Wirtschaft muss die Umwelt auch entlang der Lieferketten geschützt werden. Dafür muss das Lieferkettengesetz in seiner Wirksamkeit bestehen bleiben.
Starke Demokratie verteidigen

Unser Land steht kurz vor einer richtungsweisenden Bundestagswahl. Höchste Zeit, die Demokratie zu verteidigen, Menschenrechte zu schützen und dem Umwelt- und Naturschutz eine Stimme zu geben! Wir als BUND sind in unserem Engagement für eine gesunde Umwelt auf eine funktionierende Demokratie angewiesen. Nur in einer Demokratie können wir Stellungnahmen zu Gesetzen abgegeben, für mehr Klimaschutz demonstrieren oder unsere Themen in den Medien platzieren. Um den Wandel wirklich werden zu lassen, sind eine starke Zivilgesellschaft und viele engagierte Menschen nötig. Menschen, die sich für mehr ökologische Verantwortung und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Der BUND ruft daher alle Demokrat*innen auf, ihre Stimme zu nutzen, bei der anstehenden Wahl wie auch im Alltag. Gemeinsam können und müssen wir die Demokratie schützen und für eine sozial und umweltgerechte Zukunft einstehen. Diese Zukunft gehört uns – handeln wir jetzt!
Unsere Argumentationshilfen zum Download
- Argumente gegen Atomkraft
- Argumente zu Energiepreisen und Energiewende
- Argumente für geringeren Fleischkonsum
- Argumente für Unabhängigkeit des BUNDs
- Argumente für sozial gerechten Klimaschutz
- Argumente zu Deutschlands Verantwortung am Klimawandel
- Argumente für eine soziale und ökologische Landwirtschaft
- Argumente für Wohlstand durch Umwelt und Naturschutz