Das Problem: Konflikte hemmen den Umstieg
Was hält Menschen davon ab, sich nachhaltig fortzubewegen? Dieser Frage geht unter anderem das „Mobilitätsbarometer“ nach, welches die Sicherheit im Rad- und Fußverkehr aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger beleuchtet. Die unter Beteiligung des BUND ins Leben gerufene Befragung ergab 2024, dass sich gerade einmal 44% der Befragten auf Radwegen sicher fühlen. Gleichzeitig beklagen mehr als ein Fünftel der repräsentativen Gruppe, dass sich die Sicherheit der Fußwege in den letzten fünf Jahren sogar verschlechtert habe.

Das ist keine zufriedenstellende Bilanz für die deutsche Verkehrspolitik. Schließlich muss nachhaltige Mobilität attraktiver werden, um Menschen dazu zu motivieren, das Auto stehen zu lassen und umzusteigen. Fußgänger*innen wünschen sich geschützte Wege, die ein bequemes und hindernisfreies Vorankommen ermöglichen. Damit haben sie viel mit Radler*innen gemeinsam, die nach einer sicheren und auch schnellen Möglichkeit verlangen, um von A nach B zu kommen. Herausfordernd wird es, wenn sich diese Anforderungen im begrenzten öffentlichen Raum in die Quere kommen. In der Praxis leiden darunter oft sowohl Radfahrer*innen als auch Fußgänger*innen – ein doppelter Verlust für die zukunftsfähige Mobilität.

So stellte der ADFC in seinem Fahrradklima-Test 2022 fest, dass „noch ein langer Weg für Nordrhein-Westfalen zum Fahrradland Nummer 1“ bestehe. Die Landeshauptstadt Düsseldorf erreichte in der Untersuchung gerade einmal die Note „ausreichend“. An ihrem Beispiel wird deutlich, wo Verbesserungsbedarf beim Miteinander von Fuß und Rad besteht. Insbesondere auf gemeinsam genutzten Wegen gibt es Konfliktpotenzial. Wir haben einige Orte gesammelt, um das Problem zu veranschaulichen.
Beispiele aus Düsseldorf
Auf Düsseldorfs bekannter Prachtstraße müssen sich Spaziergänger*innen und Fahrradfahrer*innen den Bürgersteig teilen, während nebenan zahlreiche Parkplätze für Autos vorgehalten werden. Tägliche Nutzungskonflikte und gefährliche Situationen sind die Folge. Mit einer Umwidmung der Stellplätze zu einem Radweg, oder gleich einem Durchfahrtsverbot für Autos könnten die Menschen endlich wieder ungestört schlendern bzw. radeln – und die Kö zum Symbol für faire Stadtplanung avancieren!
Prominente Orte scheinen in Düsseldorf Konflikte anzuziehen, denn auch am Altstadtufer haben Passant*innen und Radfahrer*innen etwas zu beklagen. Es fehlt eine klar ausgezeichnete Verkehrsführung für die zahlreichen (Renn-)radfahrenden, bei denen die Strecke am Rhein sehr beliebt ist. Daraus folgen insbesondere rund um den Schlossturm gegenseitige Behinderungen der Verkehrsteilnehmer*innen. Damit das Rheinufer weiterhin Ort für schöne Spaziergänge und unbeschwerte Feiern bleibt, besteht hier Handlungsbedarf!
Die Schadowstraße zeigt eindrücklich, was passiert, wenn ein Radweg nicht ausreichend gekennzeichnet ist: Grau auf grau wurde der dortige Abschnitt des Radhauptnetzes in der Shopping-Meile gepflastert. Der BUND unterstützt die Vorschläge des örtlichen ADFC, durch eine farbliche Hervorhebung des Radwegs, die Platzierung von Blumenkübeln und die Einrichtung von gekennzeichneten Überwegen für mehr Sicherheit zu sorgen. Durch solche gestalterischen Maßnahmen könnte verhindert werden, dass sich Passant*innen unabsichtlich auf die Fahrbahn begeben. Die Stadt Düsseldorf strebt hingegen an, den Radweg gleich ganz aufzulösen und sorgt damit für Empörung bei Klimaschützer*innen.
Die Lösung: Nachhaltige Stadtplanung wirkt
Glücklicherweise beweisen andere Städte, dass es auch besser geht. Es lohnt sich zum Beispiel der Blick nach Bonn, wo die Stadt im April 2023 bei der Umgestaltung des Brassertufers einen großen Schritt in die richtige Richtung wagte. Im Abschnitt Rheingasse bis Zweite Fährgasse wurden Straße und Stellplätze zu einer Fahrradstraße umgewidmet, die in bester Lage am Rhein verläuft. Bürger*innen und Tourist*innen dürfen sich hier zudem über einen gesonderten Gehweg, mehr Grün und attraktive Aufenthaltsbereiche freuen. Dort wo früher noch Autos den Ton angaben, hat die Stadt Platz für die Mobilität der Zukunft geschaffen.

Die Bemühungen zeigen Wirkung, sodass sich Bonn im letzten Fahrradklimatest als Aufholer des Jahres hervorgetan hat. Das Beispiel zeigt, dass Fuß- und Radverkehr eigene Wege braucht. So können sich alle Verkehrsteilnehmenden in ihrem Tempo fortbewegen, anstatt sich gegenseitig zu behindern. Deshalb hoffen wir, dass die Fahrradstraße in Zukunft ganz für den Autoverkehr gesperrt wird.
Darüber hinaus erfolgte ein Jahr später die Ankündigung, weitere 19 Kilometer Fahrradstraßen in Bonn auszuweisen. Indem bestehende asphaltierte Straßen für Radwege umgenutzt werden, wird der von Autos überbeanspruchten öffentlichen Raum umverteilt. Das erweist sich als gute Möglichkeit, um den Radverkehr zu fördern, ohne zusätzliche Flächen zu versiegeln. Wie die Vorreiter des Klimatests zeigen, können insbesondere ehemalige Parkplätze an vielen Stellen als Radwege verwendet werden. Davon profitieren nicht nur Radfahrer*innen, sondern auch Fußgänger*innen, die den Gehweg folglich uneingeschränkt nutzen können – ein doppelter Gewinn für die Mobilität der Zukunft.

Wird die Stadt auf diese Weise neu gedacht, ergeben sich oft noch weitere Vorteile aus der Umgestaltung: Weniger Platz für Autos bedeutet gleichzeitig mehr Platz für Aufenthaltsorte, Spielplätze, Parks und vieles mehr. So steigert die nachhaltige Stadtplanung gleichzeitig die Lebensqualität.
Erfahre mehr über Vorbilder in der Verkehrswende: Aktion „gutes Beispiel“.
Fazit: Ein Miteinander ist möglich
Dieser Beitrag zeigt: Ein reibungsloses Miteinander von Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen geschieht nicht einfach so. Die Städte Nordrhein-Westfalens sind noch immer von den Jahrzehnten der autogerechten Stadtplanung geprägt, in denen sich alle anderen Verkehrsteilnehmer*innen mit dem verbleibenden Platz zufriedengeben mussten. Doch Initiativen wie der von Bürger*innen ins Leben gerufene Radentscheid in Bonn – der schließlich die oben genannten Verbesserungen anstieß – beweisen, dass Wandel möglich ist.
Es liegt an einer starken Zivilgesellschaft, jetzt eine Geschichte des Erfolgs zu schreiben. Eine Geschichte, in der mutige Vorreiterstädte zu Trendsettern der Verkehrswende werden. Eine Geschichte, in der sich Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gemeinsam für eine lebenswerte Stadt engagieren. Eine Geschichte, in der immer wieder deutlich wird: Die Mobilitätswende geht nur Hand in Hand!
Weitere Informationen:
- Lasse dich von den zahlreichen Vorteilen des Radfahrens überzeugen: Umweltbundesamt
- Alle Ergebnisse des „Mobilitätsbarometers“ zum Nachlesen: Allianz pro Schiene
- Der ADFC Fahrradklima-Test im Überblick: ADFC NRW