Fernstraßenprojekte
Übersicht über Fernstraßenprojekte im Bundesverkehrswegeplan sowie den BUND-Alternativen.
Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) wird circa alle 15 Jahre vom Bundeskabinett dem Bundestag vorgelegt. Dieser beschließt dann nach Beratung die Bedarfspläne, getrennt nach Fernstraßen, Schienenwegen und Wasserstraßen. Sie legen die einzelnen Infrastrukturprojekte für Investitionen fest. Die Planungen werden in weiteren Schritten konkretisiert. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan 2030 wurde im Jahr 2016 inklusiv seiner Ausbaugesetze beschlossen. Alle fünf Jahren steht eine Bedarfsplanüberprüfung des BVWPs an, bei der geprüft wird ob die drei Bedarfspläne für die Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserstraße an die zwischenzeitlich eingetretene Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung anzupassen sind. Die aktuelle BPÜ steht seit 2021 aus und wurde für den Sommer 2024 vom Bundesverkehrsminister angekündigt. Wie eine zeitgemäße Bedarfsplanüberprüfung des BVWP 2030 möglich ist, hat das österreichische Umweltbundesamt im Auftrag von NABU, BUND und dem Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V./DIE GÜTERBAHNEN in einer Studie im März 2024 veröffentlicht.
Ließ die Grundkonzeption zum Bundesverkehrswegeplan noch gute und innovative Ansätze auch im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vermuten, wurde der aktuelle BVWP im Bereich Straße letztlich zu einem Plan herkömmlicher Verkehrspolitik ohne innovative Konzepte oder strategischen Ansatz. Diese Entwicklung zeigte sich bereits in der Anmeldungsphase: Die Länder konnten beliebig Projekte anmelden. Da sie die Umsetzung nicht zahlen müssen, kamen unzählige fragwürdige Vorhaben zusammen. Bundesweit über 1.800 Fernstraßenwünsche, allein in NRW über 300, darunter viele völlig neue. Das Ergebnis ist eine zusammenhangslose „Wünsch Dir Was-Liste“ mit 155 Neubauprojekten allein in NRW. Dabei hat Nordrhein-Westfalen schon jetzt eines der dichtesten Straßennetze weltweit. Viele Straßen und Brücken sind so marode, dass der Verkehrskollaps vorprogrammiert ist, doch anstatt den Erhalt der Infrastruktur konsequent an erste Stelle zu stellen ist der Bundesverkehrswegeplan 2030 voll von Neubauprojekten.
Beteiligung ohne Beteiligung
Der BUND setzt dem Neubau umweltfreundlichere Alternativen entgegen. Wir haben die erstmals eröffnete Möglichkeit genutzt, zu besonders umstrittenen Neubauprojekten wie der A 1, der A 46 oder der A 445 umweltverträglichere Alternativen einzureichen. Keine von ihnen wurde bislang berücksichtigt. Bürgerbeteiligung wird so zur Farce.
Fehlanzeige beim Klimaschutz
Auch der Klimaschutz, die Reduzierung von Flächenverbrauch, der Schutz der Biodiversität, die Minderung von Lärm und die Verbesserung der Lebensqualität in Kommunen sind offiziell die BVWP-Ziele. Der Aufholbedarf bedarf in Sachen nachhaltiger Verkehrspolitik ist groß. Nicht zuletzt das viel zitierte Urteil des Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2021 legt hier die Defizite offen. Das Sofortprogramm des Bundesverkehrsministerium zur Erreichung der Klimaschutzziele belegt die Ratlosigkeit. Sechs Maßnahmen, die in Summe niemals an den Einsparpfad des Verkehrssektors herankommen werden. Eine Überprüfung der Maßnahmen wurde seitens des Sachverständigenrates der Bundesregierung aufgrund von mangelnder Ernsthaftigkeit nicht zu Ende geführt.
Laut den offiziellen Projektinformationen zum BVWP 2030 stoßen der Bau und die Fahrzeugemissionen der „vordringlichen“ Autobahn-Neubau- und Ausbauprojekte in NRW 228.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus. Der BUND hat in seiner Broschüre „Klima- und naturverträgliche Infrastruktur für die Mobilitätswende“ (S. 10 f.) gezeigt, dass die offiziellen Berechnungen viel zu niedrig sind: sie unterschätzen den durch Straßenbau induzierten Neuverkehr massiv, ignorieren den des Lkw-Verkehrs und Eingriffe in natürliche Kohlenstoffsenken durch Straßenbau komplett. Eine komplette und transparente Bilanz der CO2-Emissionen durch Straßenbau in NRW, die den Bau, die Landnutzungsänderungen und den Betrieb berücksichtigt, ist unverzichtbar!
Eine Auswertung der BVWP-Unterlagen durch Transport & Environment vom Oktober 2023 zeigte, in welchem Ausmaß der Neuverkehr und die CO2-Emissionen durch Straßenbau unterschätzt wird: um den Faktor 9!
Angewendet wurden hier empirische Erkenntnisse aus der amerikanischen Stauforschung, die belegen, dass die Straßenverkehrsmenge proportional zur Ausweitung der Straßenflächen zunimmt. Auch die Staubeseitigung scheitert wegen des Neuverkehrs: Zehn Jahre nach dem Straßenausbau sind Staus wieder genau so groß wie zuvor.
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