Der langjährige Rechtsstreit des nordrhein-westfälischen Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Bezirksregierung Arnsberg wegen der Genehmigung des Trianel-Kohlekraftwerks Lünen beschäftigt jetzt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig. Am kommenden Donnerstag, 11 Uhr, verhandelt der 7. Senat des BVerwG die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 16. Juni 2016.
Mit dem Urteil hatte das OVG die Klage des BUND gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Steinkohlenkraftwerk aus dem Jahr 2013 abgewiesen. Das Gericht war damals nicht der BUND-Argumentation gefolgt, wonach die kraftwerksbedingten Schadstoffeinträge in Summation mit den Immissionen anderer Vorhaben zu einer unzulässig hohen Schadstoffbelastung des europarechtlich geschützten FFH-Gebiets Cappenberger Wälder führen würde. Zusatzbelastungen anderer Projekte dürften nach Ansicht des Gerichts unberücksichtigt bleiben, weil das Trianel Kohlekraftwerk aufgrund der Stellung des Genehmigungsantrags im Jahre 2007 zeitlich vorrangig zu bewerten sei. Eine dennoch feststellbare hohe Zusatzbelastung sei zudem wegen bestimmter hydro-geologischer Besonderheiten in den Cappenberger Wäldern irrelevant. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde vom OVG nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung legte der BUND am 25. August 2016 Beschwerde ein.
Nach Auffassung des Umweltverbandes steht das OVG-Urteil im Widerspruch zu mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs, die sich mit der Summationswirkung von Zusatzbelastungen in geschützten FFH-Gebieten befassen. Insbesondere die Frage, welche weiteren Schadstoffquellen in welcher Reihenfolge betrachtet werden müssen, ist dabei von Bedeutung. Dabei geht es auch um die Frage, wie die Summationswirkung mit Vorhaben wie dem Kohlekraftwerk Datteln 4 oder der Aurubis-Kupferhütte in Lünen zu bewerten ist. Das Bundesverwaltungsgericht folgte der BUND-Argumentation und ließ am 31. Juli 2017 die Revision gegen das Urteil wegen Divergenz zu.
„Nach den Empfehlungen der Kohle-Kommission zeichnet sich zwar ein vorzeitiges Ende auch dieses Steinkohlenkraftwerks ab. Der Rechtsstreit ist aber über den Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung“, sagte Thomas Krämerkämper, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND.
Ein erster Genehmigungsanlauf für das umstrittene Kraftwerk war bereits 2011 gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht Münster erklärte aufgrund einer Klage des BUND die von der Bezirksregierung Arnsberg erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für rechtswidrig und hob die Genehmigung auf. Die aktuelle Klage richtet sich gegen einen Neuantrag, der am 20. November 2013 von der Bezirksregierung Arnsberg genehmigt wurde. Über eine weitere BUND-Klage gegen die wasserrechtliche Genehmigung des Kraftwerks muss das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entscheiden.
Das 750-Megawatt-Trianel Kohlekraftwerk Lünen ist seit 1. Dezember 2013 am Netz und hat seitdem mehr als 18 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid ausgestoßen. An dem Kohlemeiler sind 28 Stadtwerke und regionale Energieversorger beteiligt. Seit der Inbetriebnahme des Kraftwerks hat das Kraftwerk wegen der durch die Energiewende bedingten Strompreisverfalls jährlich Verluste in dreistelliger Millionenhöhe eingefahren.
Aktenzeichen: BVerwG 7 C 27.17