BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND klagt für Wisente

04. April 2024 | Lebensräume, Naturschutz, Tiere und Pflanzen

Naturschutzbehörden missachten gesetzliche Vorgaben

Wisent im Wittgensteiner Land. [Foto: Justus Siebert] Wisent im Wittgensteiner Land. [Foto: Justus Siebert]

  • Streng geschützte Tiere ohne Rechtsgrundlage gefangen
  • Wisent ist Schlüsselart für Restauration heimischer Ökosysteme
  • BUND pocht auf unverzügliche Freilassung

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat heute beim Verwaltungsgericht Arnsberg eine Klage auf Freilassung der vom Kreis Siegen-Wittgenstein rechtswidrig in einem Gatter gefangenen und eingesperrten Wisente eingereicht. Aus Sicht des BUND liegt ein Rechtsverstoß vor, da es sich beim Wisent um eine streng geschützte Art handelt, keine Ausnahme von den Verboten vorliegt und mangels Vorliegen der Voraussetzungen auch nicht erteilt werden darf.

Holger Sticht, Landesvorsitzender des BUND: „Die erfolgreiche Wiederansiedlung des Wisents ist in Zeiten der sich zuspitzenden Biodiversitätskrise ein Meilenstein für die Restauration unserer Ökosysteme. Deswegen sind die wild lebenden Tiere unverzüglich wieder freizulassen.“

Der auch in Nordrhein-Westfalen einst verbreitete und im Mittelalter ausgerottete Wisent (Bison bonasus) gilt als Schlüsselart für die biologische Vielfalt. Mit ihrem Verbiss und ihren Hufen stellen die Wildrinder ausgestorbene Ökosysteme wieder her, ihr Kot und ihre Kadaver begründen ganze Nahrungsnetze. Sie sind außerdem Motoren der Biotopvernetzung, spielen bei der Wiederausbreitung unzähliger anderer Arten eine zentrale Rolle.

„Die Initiative zur erfolgreichen Wiederansiedlung des Wisents war eine private Pionierleistung, die der staatliche Naturschutz selbst in den hierfür vorzusehenden Nationalparks bis heute nicht zustande bekommen hat. Es ist ein beispielloser Vorgang, dass Naturschutzbehörden, die dieses international bedeutsamste Naturschutzprojekt des Landes NRW zu Beginn unterstützt haben, dieses nun unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben mit Naturschutzgeldern sabotieren wollen“, so Sticht.

Der Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg stellte seine Fläche ab 2003 für die erste und bislang einzige deutsche Wiederansiedlung zur Verfügung. Nach dem Freilassen von acht Tieren in 2013 entwickelte sich der Bestand prächtig, 38 der derzeit 39 Tiere sind in Freiheit geboren und aufgewachsen. Aber wegen des Schälens von Bäumen standen die Wisente zunehmend unter dem Beschuss benachbarter Forstbesitzer. Im Juli 2021 erwirkten diese ein Gerichtsurteil, nach welchem der Trägerverein des Projekts, der Wisentwelt Wittgenstein e.V., dafür sorgen müsse, dass die Wisente deren Forste nicht mehr betreten. Die zur Durchsetzung der Ansprüche geltend gemachten exorbitanten Forderungen der Nachbarn zwangen den Trägerverein in die Insolvenz. Obwohl die Wiederansiedlung nach 10 Jahren erfolgreich abgeschlossen werden konnte, lockte der Kreis die seit Langem wild lebenden und mittlerweile herrenlosen Tiere in ein Gatter und hält sie dort nach eigener Auskunft seit Ende Januar gefangen.

3 Millionen Euro hat allein das Land NRW im Laufe der Jahre in das Projekt gesteckt. Nun will ausgerechnet der aktuelle Naturschutzminister Oliver Krischer die Wiederansiedlung beenden und finanzierte das Fanggatter über 442.000 EUR aus dem Naturschutzhaushalt. Dabei hatte sein Ministerium die Wisente in 2019 als freilebende Population der streng geschützten Art an das Bundesumweltministerium gemeldet, welches sie wiederum an die EU-Kommission meldete. Dort wird das Vorkommen nach wie vor gelistet.

„Der aktuelle Konflikt besteht darin, dass eine bestimmte Klientel nicht akzeptieren will, dass die Wisente inzwischen wieder genauso wild lebend sind wie Amseln oder Wildkatzen. Und er besteht darin, dass sich der zuständige Minister aus seiner Verantwortung stehlen will, obwohl er zweifelsfrei für den Schutz der wilden Wisentpopulation verantwortlich ist und er hier nach fast zwei Jahren Ambitionslosigkeit endlich einmal liefern könnte“, so Sticht.

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