BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Wasserrechtliche Erlaubnis Garzweiler II: Stellungnahme der Naturschutzverbände

04. Mai 2022 | Braunkohle, Garzweiler, Kohle, Wasser

Bezirksregierung muss Nachbesserungen einfordern.

Die Grundwasserkörper im Sümpfungseinfluss der Tagebaue sind in einem schlechten Zustand. [Quelle: MULNV 2020]

Um einen Braunkohlentagebau betreiben zu können, muss zuvor das natürlicher Weise oberflächennah anstehende Grundwasser bis ins Liegende der Kohle entnommen („gesümpft“) werden. Ansonsten würden die Großgeräte schlichtweg absaufen und die Standsicherheit der Böschungssysteme wäre nicht gewährleistet. Die zulässigen Sümpfungsmengen werden in entsprechenden wasserrechtlichen Erlaubnissen festgelegt. Für Garzweiler II wurde so in der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Sümpfung des Tagebaus vom 30.10.1998 eine maximale Sümpfungswassermenge von bis zu 150 Millionen Kubikmetern pro Jahr bewilligt. Diese Erlaubnis ist bis zum 31.12.2023 befristet.

Seit September 2001 läuft die Entwässerung für diesen Tagebau; im Erfassungsjahr 2021lag die dortige Wasserhebung bei 110,5 Millionen Kubikmetern.

Mit Schreiben der RWE Power AG vom 10.12.2021 hat diese den Antrag auf "Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis zur Fortsetzung der Entnahme und Ableitung von Grundwasser für die Entwässerung des Tagebaus Garzweiler im Zeitraum 2024 - 2030" bei der Bezirksregierung Arnsberg eingereicht. RWE hält darin im Maximum zur Trockenhaltung des Tagebaus Garzweiler eine Gesamtmenge an gehobenem Grundwasser von ca. 160 Mio. m³/a für erforderlich.

Dieser Antrag lag bis Ende März öffentlich aus; am 2. Mai endete für die Naturschutzverbände die Frist zur Stellungnahme.

Tagebau schnell beenden

Grundsätzlich ist die Sümpfung des Tagebaus unerlässlich, wenn man einen Tagebau betreiben will. Allerdings ist damit der größtmögliche Eingriff in unseren Gewässerhaushalt verbunden: Flüsse und Bäche verlieren den Grundwasseranschluss und fallen trocken, grundwasserabhängige Feuchtgebiete müssen künstlich am Leben gehalten werden, wichtige Grundwasserreserven werden für Jahrhunderte geplündert.

Insofern gilt es, bis spätestens 2030 die Braunkohlengewinnung zu beenden, um so die wasserwirtschaftlichen Langzeitfolgen zu minimieren.

Allerdings werden diese noch lange unsere Region prägen. Durch die Pyritoxidation droht die Gefahr des Versauerns des später wieder ansteigenden Grundwassers, die Feuchtgebiete bleiben für Jahrzehnte bis Jahrhunderte am „Tropf“ künstlicher Grundwasseranreicherungen, das Restloch muss über Jahrzehnte per Pipeline mit Rheinwasser gefüllt werden. Bis dass der Restsee sein angestrebtes Niveau erreicht hat, muss zudem weiter gesümpft werden, um das Böschungssystem standfest zu erhalten.

Unterm Strich verstößt das Land NRW mit der Erteilung der Sümpfungserlaubnis fortwährend gegen die europarechtlichen Vorgaben aus der Wasserrahmen-Richtlinie. Diese sieht die Zielerreichung eines guten ökologischen und chemischen Zustandes unserer Gewässer bis 2027 vor. Nur durch eine Ausnahmegenehmigung ist der Weiterbetrieb des Tagebaus überhaupt möglich. Diese wird mit einer vermeintlichen „energiewirtschaftlichen Erforderlichkeit“ des Tagebaus begründet. Der energie- und klimaschutzpolitischen Realität entspricht dies nicht.

Umweltverträglichkeitsprüfung nur formale Hürde

Bei einer Grundwasserentnahmemenge von mehr als 10 Mio. m³/a handelt es sich
nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung um ein UVP-pflichtiges Vorhaben. Damit ist im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren nach dem Wasserhaushaltsgesetz) eine
Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Dazu ist für die geplante Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis zur Hebung und Ableitung von Grundwasser des Tagebaus Garzweiler eine FFH- Verträglichkeitsprüfung sowie eine artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen.

Angesichts der gravierenden ökologischen Folgen des Eingriffs in den Gewässerhaushalt einer ganzen Region erscheint es geradezu absurd, dem Vorhaben das Testat „umweltverträglich“ zu erteilen. Insofern ist das gesamte Genehmigungsverfahren grundsätzlich in Frage zu stellen.

Stellungnahme der Naturschutzverbände

Die NRW-Naturschutzverbände haben am 2. Mai 2022 in ihrer Stellungnahme an die Bezirksregierung Arnsberg ihre grundsätzliche Kritik an der beantragten Sümpfungserlaubnis vorgebracht.

Daneben haben wir aber auch einzelne gravierende Defizite aufgezeigt.

So werden etwa in der vorliegenden Umweltverträglichkeitsprüfung die Auswirkungen bei vielen Aspekten nur bis zum Ende der geplanten Erlaubnis im Jahr 2030 betrachtet. Bis sich die natürlichen Grundwasserverhältnisse wieder weitgehend eingestellt haben, wird es jedoch nach RWE Angaben 350 Jahre nach Tagebauende dauern.

Selbst der RWE-Gutachter stellt fest, dass aufgrund des langen und teilweise über den Antragszeitraum hinausgehenden Prognosezeitraums künftige Auswirkungen des Klimawandels auf den Grundwasserhaushalt nicht auszuschließen sind. Damit sei eine abschließende Aussage zu den Auswirkungen auf das Schutzgutes Klima nicht möglich. Trotzdem wird diesbezüglich attestiert, dass keine Auswirkungen für das Schutzgut „Klima“ zu erwarten seien.

Fehlstellen in der UVP sind auch die unzureichenden und fehlerhaften Untersuchungen zum Schutzgut „Boden“. Der Einfluss des Tagebaus auf die mögliche Förderung von Dürre wurde z.B.  überhaupt nicht untersucht.

Auch in Bezug auf die geplante Einleitung von Sümpfungswässern in die Oberflächengewässer belieben viele offene Fragen. So zum Beispiel, wie der europarechtlich geforderte gute mengenmäßige und chemische Zustand erreicht werden soll, wenn die bisher durchgeführten Maßnahmen nicht zur Verbesserung der Situation geführt haben und sich ganz im Gegenteil eine weitere Verschlechterung abzeichnet.

Fazit: Der von RWE eingereichte Antrag ist nicht genehmigungsfähig. Auch wenn die Verlängerung der wasserrechtlichen Erlaubnis angesichts der durch den Aufschluss des Tagebaus einsetzenden Zwänge ohne Alternative ist, muss die Genehmigungsbehörde Nachbesserungen einfordern. Es muss das Gebot der größtmöglichen Schonung unserer Gewässer durch eine möglichst minimale Sümpfung gelten. Dem kann am ehestens entsprochen werden, wenn der Tagebau schnellstmöglich stillgelegt wird.

Stellungnahme der Naturschutzverbände

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