Öl-Leck bei Shell: BUND kritisiert Aufsichtsbehörde

22. Juli 2020 | Flüsse & Gewässer, Technischer Umweltschutz, Umweltgifte

Skandal mit Ansage

Pannenserie bei Shell. Pannenserie bei Shell. [Foto: Dirk Jansen]

Acht Jahre nach dem verheerenden Kerosinunfall in der Wesselinger Shell-Raffinerie, einer nachfolgenden beachtlichen Pannenserie mit Produktaustritten, Verpuffungen, einem Tankbrand und weiträumiger Verseuchung des Grundwassers im Kölner Süden mit Löschschaumrückständen (PFT)  ist es wieder passiert: etwa 300 Tonnen, entsprechend mind. 30 bis 40 LKW- Ladungen Gasöl, einem Vorprodukt von Heizöl, landeten weitgehend unbemerkt im Grundwasser.

„Dies ist eine Katastrophe für unsere unterirdischen Wasservorräte mit nicht absehbaren Auswirkungen für mehrere Millionen Kubikmeter Grundwasser. Es ist eine Totalblamage für Shell und die Bezirksregierung Köln, der zuständigen Überwachungsbehörde, die kaum nachvollziehbar ist“, sagte der BUND-Gewässerschutzexperte Paul Kröfges.  „Obwohl die Umstände des Kerosinunfalls 2012 eindringlich die Defizite aufgezeigt haben, wie z.B. die Korrosionsanfälligkeit alter Leitungen, die Erfordernis dichterer Kontrollabstände und/oder automatischer Leckerkennungssysteme und Mengenkontrollmechanismen, wurde dies hier wieder nicht beachtet und umgesetzt.“

Für den BUND ist nicht nachvollziehbar, wieso die Bezirksregierung Köln nicht dafür gesorgt habe, dass die eindeutigen Empfehlungen des Sicherheitsgutachtens von 2015 (sog. „Jochum-Gutachten“), dass der Umweltverband durchgesetzt hatte, hinsichtlich dichterer Überwachungsintervalle nicht umgesetzt wurde. Dass eine Leitung aus den 60er Jahren vom TÜV als Haus- und Hofgutachter der Firma Shell für weitere fünf Jahre freigegeben wurde, sei unerklärlich.

In der Folge kam es dann nach ca. drei Jahren, wohl nach Straßenbauarbeiten, zu der am äußeren Mantelrohr sichtbaren Beschädigung, über einen unbekannten Zeitraum trat Gasöl aus dem relativ kleinen Loch (1,5 mm) aus.

„Es stellen sich zahlreiche Fragen, die zu beantworten sind“, so Kröfges. „Wieso führte die Beobachtung einer Ölverschmutzung außen an diesem Rohr vom August 2019, die zur vorsorglichen Stilllegung der Leitung führte, nicht zu  vorsorglichen Untersuchungen des Grundwassers im unmittelbaren Bereich dieses Leitungsabschnittes? Warum wurde die  Ausweitung der Grundwasserverschmutzung nicht verhindert? Warum wurde das erst  im April 2020, acht Monate später, bei Routinekontrollen zufällig entdeckt?

Eigentlich hätte Shell nach BUND-Auffassung aus dem Kerosinunfall 2012 die Lehre ziehen müssen, dass zeitliche Verzögerungen zwischen der Feststellung von Mengendefiziten und der Ortung eines Lochs in der Leitung zwangsläufig hohe Austrittsmengen verursachten. Erst dadurch würde die erhebliche Verbreitung des Kerosins in der Umgebung ermöglicht.  Neben dem Umweltschaden für die Allgemeinheit bedinge das auch Sanierungskosten für Shell in Millionenhöhe. „Dies ist ein Beleg dafür, wie mangelnde Vorsorge, Sparen und Kostendrückerei  an der falschen Stelle letztlich zu erheblichen Kosten für die Allgemeinheit und auch den Verursacher selbst führt – eine Strategie, die in die Irre führt.“, kritisiert Kröfges.

 Jetzt müsse zügig die Sanierung umgesetzt werden. Der BUND werde  sich hierüber informieren und prüfen, ob endlich die richtigen Konsequenzen gezogen werden.  „Leider wird es auch diesmal so sein, dass nur ein Teil – maximal ein Drittel) des Öles abgeschöpft werden kann“, befürchtet der BUND-Experte Kröfges. „Der große Rest muss letztlich über lange Zeiträume auf biologischem Wege abgebaut werden und noch Jahrzehnte ein Problem darstellen.“

Nach Einschätzung des BUND werden die Nachbarn rund um Shell nicht unmittelbar durch diese Grundwasserverschmutzung bedroht, da sich diese unterirdisch abspielt und Shell bereits durch frühere Unfälle für die Ungenießbarkeit des Grundwasser  gesorgt hatte (PFC- Belastung). Sie müssen aber weiter damit leben, dass man es allem Anschein nach hier mit einem nur begrenzt lernfähigem Unternehmen und einer überforderten Bezirksregierung zu tun hat.  

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