Im Ablagerungsbereich bei Jüchen wurden mutmaßlich belastete Böden illegal entsorgt. [Foto: Dirk Jansen]
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dortmund wird weiterhin gegen 40 Beschuldigte wegen des dringenden Verdachts der illegalen Entsorgung gefährlicher Abfälle ermittelt. 50.000 LKW-Ladungen voller potenziell schadstoffbelasteter Erde wurden danach landesweit in alten Kiesgruben und sonstigen Abgrabungsbereichen illegal entsorgt. Ein erheblicher Teil davon ging wohl auch in vier offizielle Abgrabungsbereiche im Braunkohlentagebau Garzweiler.
Seit 2024 wird ermittelt, doch die Öffentlichkeit bleibt weitgehend außen vor. RWE und Landesregierung gaben unter Verweis auf zwei Gutachten bereits Entwarnung. Doch beide Gutachten werden unter Verschluss gehalten, der Unterausschuss Bergbausicherheit im Landtag Nordrhein-Westfalens hat nur einige rudimentäre Powerpoint-Präsentationen erhalten. Der BUND hat deshalb unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz NRW einen Antrag auf Übermittlung der Gutachten gestellt. Dieser wurde mit Bescheid vom 19. Oktober 2025 abgelehnt.
Die Begründung der Bezirksregierung Arnsberg: "Die von Ihnen begehrten Dokumente enthalten Daten, welche im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlung bezüglich des Verdachts der illegalen
Abfallentsorgung im Tagebau Garzweiler erhoben wurden. Bei einer Veröffentlichung der Unterlagen können nachteilige Auswirkungen auf die andauernden strafrechtlichen bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden. Folglich steht Ihrem Antrag der Schutz öffentlicher Belange gem. § 8 Abs.1 Nr.3 UIG entgegen.
Für die Dauer des Fortgangs der staatsanwaltlichen Ermittlungen sowie eines etwaigen anschließenden Gerichtsverfahrens kann Ihrem Antrag nicht stattgegeben werden."
Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Alexander Kilimann sieht diese Gefahr nicht, wie er gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk erklärte. Die Staatsanwaltschaft verfolge bei ihren Ermittlungen ein eigenes Konzept. Diese würden offenbar durch die Herausgabe der Gutachten nicht gefährdet. Konkret verfolgen die Ermittler die Abfallströme und Transportwege bis in den Tagebau und versuchen, die genauen Abladestellen und den Grad der Belastung zu ermitteln.
Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW, kann die Verschleierungstaktik des Landes nicht nachvollziehen: “Öffentlichkeit und Politik haben ein Anrecht auf Einsicht in die Gutachten, um die vorschnell erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung von RWE und Wirtschaftsministerium nachvollziehen zu können. Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft sind offenbar erhebliche Mengen falsch deklarierten, potenziell schadstoffbelasteten Materials im Tagebau Garzweiler verschwunden. Das Material muss ja irgendwo verblieben sein. Da mutet es schon seltsam an, dass im Rahmen des Untersuchungsprogramms nichts gefunden wurde."
Sind tatsächlich schadstoffbelastete Bodenmaterialien im Tagebau verkippt worden, so geht davon potenziell eine relevante Gefährdung des Wasserhaushalts aus. Nach dem Ende der Braunkohlenförderung und mit der Befüllung des Restsees würden solche Schadstoffe zukünftig in die Grundwasserströme gelangen. Angesichts der geplanten nachbergbaulichen Nutzung des rekultivierten Tagebaus bestünde ein erhebliches Umweltrisiko, eine Sanierung wäre unabdingbar.
Nachtrag
Nachdem die WDR-Sendung WESTPOL das Thema aufgegriffen hatte, veröffentlichte die Bezirksregierung Arnsberg dann doch die Gutachten. Einem Bericht des Umweltministers an den Landtag zufolge waren unter den abgelagerten Massen auch so genannte DKIII-Materialien. Darunter werden gefährliche Abfälle gefasst, die auf einer ordnungsgemäßen Deponie entsorgt werden müssen. Nähere Hinweise brachte auch ein Bericht des Justizministers Limbach an den Rechtsausschuss des Landtags. Danach spricht die Staatsanwaltschaft von mindestens 444 Fällen illegaler Ablagerung allein im Tagebau Garzweiler.
Mehr:
- Unentdeckter Giftmüll in Garzweiler? Westpol. 19.10.2025. Verfügbar bis 19.10.2030. WDR.
- Landtag NRW: Bericht der Landesregierung zum Verdacht auf illegale Abfallverbringung in den Tagebau Garzweiler (01.07.2025)
- Landtag NRW: Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen: Illegale Bodenentsorgung. Bericht der Landesregierung (24.10.2025)
- Landtag NRW: Bericht des Justizministers “Monate nach den Razzien: Wie ist der Stand der Ermittlungen zu mutmaßlich illegalen Verklappungen verseuchten Materials?” (12.11.2025)