BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

"Weihnachtsbaumplantagen sind kein Wald"

03. Mai 2013 | Naturschutz, Wälder

BUND begrüßt Änderung des Landesforstgesetzes / Nachbesserungen erforderlich

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt die geplante Änderung des Landesforstgesetzes zur besseren Steuerung des Anbaus von Weihnachtsbäumen. Aus Sicht des BUND ist diese Gesetzesänderung längst überfällig. Gleichzeitig fordert der Umweltverband Nachbesserungen in Bezug auf die Übergangsfristen. Am 6. Mai findet im Landtag die Anhörung zur geplanten Gesetzes-Änderung statt. Auch BUND-Vertreter sind hierzu geladen worden. Im Mittelpunkt der Forstgesetznovelle steht die Frage, ob Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen innerhalb des Waldes zukünftig ebenso genehmigungspflichtig werden sollen, wie dies außerhalb längst der Fall ist.

"Weihnachtsbaumkulturen sind kein Wald und dürfen daher auch nicht so behandelt werden", sagt der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. Vom konventionellen Weihnachtsbaumanbau gingen Gefahren und Beeinträchtigungen in Form von Pestizid- und Düngereintrag für die anliegende Bevölkerung, Boden, Wasser und Artenvielfalt aus. Dies gelte insbesondere für die im Einsatz befindlichen glyphosathaltigen Herbizide, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Auch Gen-Defekte bei Neugeborenen und chronische Krankheiten werden dem Pflanzengift zugeschrieben.

 Kritisch sieht der BUND allerdings die im Gesetzesentwurf enthaltene Übergangszeit von 15 Jahren. "Wir brauchen mindestens mittelfristig eine Genehmigungspflicht, um den ausufernden Weihnachtsbaumanbau steuern zu können", so der BUND-Experte Sticht.

Mit einer Weihnachtsbaumgeneration von acht Jahren sowie der vorgesehenen Bagatellgrenze von zwei Hektar werde ausgeschlossen, dass Weihnachtbaumerzeuger in ihrer Existenz gefährdet werden. Die durch den Orkan Kyrill von 2007 bedingten Einbußen, die von Waldbesitzern immer wieder als Grund für den Weihnachtsbaumanbau angeführt würden, seien durch steuerliche Vergünstigungen, staatliche Förderung sowie durch den Verkauf des Holzes bereits mehr als aufgefangen worden.

Der  Selbstverpflichtung, mit der ein Zusammenschluss von Weihnachtsbaumerzeugern die Gesetzesänderung verhindern will, erteilt der BUND eine klare Absage. Denn die ins Spiel gebrachten freiwilligen Maßnahmen seien einer öffentlichen Kontrolle entzogen und hinsichtlich ihrer Qualität nicht ansatzweise geeignet. „Der Sauerländer Weihnachtsbaum wird nur durch die Gesetzesänderung aus den Negativ-Schlagzeilen herauskommen können“, so Sticht.

 

BUND-Stellungnahme zum "Gesetz zur Änderung des Landesforstgesetzes", Drucksache 16/2097

Der BUND NRW begrüßt grundsätzlich die vorliegende Änderung des Landesforstgesetzes.Die rechtliche Gleichstellung von Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen innerhalb und außerhalb des Waldes sowie gegenüber Kurzumtriebsplantagen ist überfällig. Denn vom konventionellen Weihnachtsbaum- und Schmuckreisiganbau gehen Gefahren und Beeinträchtigungen in Form von Pestiziden, Dünger und Bodenbearbeitung für die anliegende Bevölkerung und natürliche Schutzgüter wie Boden, Luft, Wasser und Biodiversität aus. Dies gilt insbesondere für die im Einsatz befindlichen glyphosathaltigen Pestizide, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein, Gen-Defekte bei Neugeborenen und chronische Krankheiten auszulösen.

[http://www.bund.net/themen_und_projekte/chemie/pestizide/gesundheitsgefahren/krank_durch_pestizide/]

Eine Existenzgefährdung von Weihnachtbaumanbauern durch die Gesetzesänderung ist de facto nicht gegeben. Denn mit der vorliegenden Änderung gehen kein Verbot und damit keine grundsätzliche Beschränkung des Weihnachtbaumanbaus einher, sondern es wird lediglich die Möglichkeit der Steuerung des Weihnachtsbaumanbaus im Wald geschaffen, die auf allen anderen

Flächen längst besteht. Durch die vorgesehene Übergangsfrist bleibt den Betrieben ausreichend Zeit zur wirtschaftlichen Anpassung. Darüber hinaus bleibt eine Bagatellgrenze von 2 ha bestehen.

 Die durch den Orkan Kyrill von 2007 bedingten Einbußen wurden durch steuerliche

Vergünstigungen, staatliche Förderung sowie auch durch den Verkauf des Holzes bereits mehr als aufgefangen. Auch vor diesem Sturmereignis waren Weihnachtsbaumanbauer nicht in ihrer Existenz gefährdet.

Eine Selbstverpflichtung der Weihnachtsbaumanbauer ersetzt in keiner Weise eine notwendige gesetzliche Regelung. Selbstverpflichtende Maßnahmen sind der behördlichen Aufsicht entzogen.

Die in die öffentliche Diskussion eingebrachten Maßnahmen der Selbstverpflichtung der Weihnachtbaumerzeuger sind hinsichtlich ihrer Qualität ungeeignet, Menschen und natürliche Schutzgüter zukünftig zu schützen.

Nur mit der beabsichtigten Gesetzesänderung besteht die Chance, dass der in den letzten Jahren in die Kritik geratene Weihnachtsanbau im Sauerland wieder eine positive Außendarstellung erhält.

Über diese Gesetzesänderung hinaus wird es zukünftig notwendig sein, eine gute fachliche Praxis für den Weihnachtsbaum- und Schmuckreisiganbau zu definieren. So muss eine Genehmigung von Weihnachtsbaumkulturen zukünftig u.a. an die Aufgabe des Einsatzes von Pestiziden gebunden werden. Auch muss durch die gesetzliche Steuerung zukünftig gewährleistet werden, dass es im Falle der Umwidmung einer Weihnachtsbaumplantage zu einer ökologischen Aufwertung kommen kann. Jegliche Formen der Aufforstung („Langumtriebsplantagen“) stellen keinen Ersatz für die Entwicklung von Waldökosystemen dar.

Nachfolgende Korrekturen an dem Gesetzesentwurf sind aus unserer Sicht erforderlich:

§ 1 Abs. 2 Nummer 2

Hier ist der Begriff der Nachbarschaft zu ersetzen durch in weniger als 200 Meter Entfernung. Begründung: Der Begriff der Nachbarschaft erzielt keine genaue Bestimmung. Eine genaue Bestimmung aber stellt eine Vereinfachung für Flächennutzer und Behörden dar.

§ 1 Abs. 2 Nummer 2

Der Zusatz "sowie die als Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen genutzten Waldflächen unter Energieleitungen" ist ersatzlos zu streichen. Begründung: Bestehende Hochleitungstrassen besitzen potenziell wichtige Funktionen für den Biotopverbund sowie als Ersatzlebensraum für Arten der Waldinnenränder im Bereich von Altersklassenforsten. Daher sollte ein Anbau unter Hochleitungstrassen genehmigungspflichtig sein.

§ 1 Abs. 2 Nummer 2

Anwendung des Gesetzes: die Frist bis zum 31.12.2028 ist zu ändern in 31.12.2021. Begründung: Aufgrund der dieser Gesetzesinitiative zugrunde liegenden Problematik ist wenigstens eine mittelfristige Umsetzung angezeigt. Innerhalb dieser Frist wird eine Weihnachtsbaumgeneration ermöglicht und eine ausreichende Dauer zur Anpassung des jeweiligen Betriebs gewährleistet. Im Übrigen tritt ab dieser Frist kein Verbot von Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen im Wald ein, sondern lediglich eine Steuerung.

§ 1 Abs. 2 Nummer 2

Folgender Satz ist wie folgt zu ändern:

"Wird diese Nutzungsart nicht bis zum 31. Dezember 2028 2021 durch waldbauliche Maßnahmen, die der Forstbehörde vor Beginn anzuzeigen sind, in eine Waldnutzung überführt beendet,…" Begründung: Eine Nutzung als Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkultur ist nicht ausschließlich durch waldbauliche Maßnahmen oder eine Waldnutzung, bspw. durch die Anlage von Forsten, zu beenden, sondern auch durch ein nach der Ernte erfolgendes Aussetzen der Nutzung und damit dem Zulassen der Entwicklung von Waldökosystemen. Waldökosysteme sind hinsichtlich ihrer Biodiversitäts-, Klimaschutz- und Erholungsfunktionen Forstanlagen deutlich überlegen und damit zu fördern.

§ 10 Abs. 1

Der Begriff der "Ertragskraft" ist hier zu ersetzen durch "Leistungsfähigkeit".

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