BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Nach Urteil zur Trianel-Stromleitung: BUND fordert höheren Stellenwert für Artenschutz

23. Juni 2013 | Kohle, Klima & Energie, Kohlekraftwerk Lünen, Netzausbau

Heftige Kritik an Genehmigungspraxis der NRW-Behörden / Kohlekraftwerk statt Pumpspeicherkraftwerk?

Der Uhu ist ein potenzielles Opfer der neuen Stromleitung. © D. Jansen

Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Trianel-Stromtrasse in Lünen und Waltrop forderte der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Landespolitik auf, dem Artenschutz bei Infrastrukturplanungen „endlich einen angemessen Stellenwert einzuräumen.“ Der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht kritisierte „dass die Politikerinnen und Politiker bei jeder Gelegenheit den Schutz der biologischen Vielfalt beschwören, dieser aber gleichzeitig regelmäßig von den Landesbehörden durch die Genehmigungspraxis bei Großvorhaben konterkariert wird.“

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte am Freitag die BUND-Klage gegen die Hochspannungsfreileitung zur Netzanbindung des Kohlekraftwerks Lünen abgewiesen. Das Gericht bezog sich dabei vor allem auch auf die Aussagen des Landesumweltamtes (LANUV), das keinen Konflikt der Stromleitung mit dem Schutz von Uhu, Kiebitz und Co. erkennen wollte. Dabei ist im internen Naturschutzinformationssystem des LANUV selbst dokumentiert, dass Freileitungen eine der Haupttodesursachen des Uhu sind. Im konkreten Genehmigungsverfahren war  jedoch sowohl auf die vollständige Erfassung aller betroffenen Arten als auch auf die fachliche Bewertung möglicher Risiken durch die Stromtrasse verzichtet worden. In der Gerichtsverhandlung stritt der LANUV-Vertreter die Gefährdung einfach ab, obwohl die neue Freileitung sogar unmittelbar an einem Horst des seltenen Greifvogels vorbeiführt.

 „Dem  11. Senat des OVG lagen ausreichende Belege für die Gefährdung von Uhu und Co. vor“, sagte der BUND-Projektbeauftragte Thomas Krämerkämper. „Trotzdem reichte es dem Gericht, dass die Behörden des beklagten Bundeslandes sich im Widerspruch zu ihren eigenen Datenbanken selbst korrekte Gefährdungseinschätzungen bezeugen. Unsere Anträge auf Beweisermittlung wurden einfach abgeschmettert.“ Mit dem Verweis auf die vermeintlich zulässige so genannte ‚Einschätzungsprärogative‘ wird  den Genehmigungsbehörden nach BUND-Ansicht ein Freibrief ausgestellt, willkürliche Genehmigungsentscheidungen fällen zu dürfen. Damit aber werde die europarechtlich erforderliche strikte artenschutzrechtliche Prüfung bei solchen Vorhaben ausgehebelt.

Ins Bild passe da auch, dass das Gericht wieder einmal wesentliche Einwände des BUND als unzulässig deklarierte, weil sie angeblich zu spät erhoben worden seien („Präklusion“). „Das ist ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht“, so Krämerkämper. Der BUND sieht die „bedenkliche Tendenz deutscher Gerichte, den Rechtsweg der Naturschutzverbände auf diesem Wege gezielt abzuschneiden, um Großvorhaben entgegen klarer Schutzvorschriften durchzusetzen.

“Obwohl es unter Fachleuten unstrittig ist, dass Straßenbau und Freileitungen eine wesentliche Ursache für das Artensterben sind, weigerten sich die Verwaltungsgerichte regelmäßig, die strengen europäischen Schutzmaßstäbe anzuwenden. „Die gerichtliche Kontrolle von Behördenentscheidungen ist dadurch bei Straßen- und Freileitungsplanungen nahezu wirkungslos geworden“, so Krämerkämper.

Heftige Kritik richtete der BUND aber auch an den Stadtwerkeverbund Trianel. „Die Trianel-Gesellschafter versenken über eine Milliarde Euro in ein sowohl ökologisch als auch ökonomisch mehr als fragwürdiges Kohlekraftwerksprojekt und dessen Netzanbindung“, sagte der BUND-Energieexperte Dirk Jansen. „Gleichzeitig verabschiedet sich Trianel von der Planung eines Pumpspeicherkraftwerks in der Eifel – das ist ‚Energiewende paradox‘.“ Während in Lünen Umweltbedenken und Bürgerproteste für Trianel offenbar keine Rolle spielten, würde die fehlende Akzeptanz als Grund für das Aus des Projektes in der Eifel angeführt. Das sei wenig überzeugend. Der BUND hatte das Vorhaben des Pumpspeicherkraftwerks kritisch-konstruktiv begleitet und sah keine unlösbaren Konflikte mit dem Naturschutz.

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