BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Kritik am Beteiligungsprozess zur Braunkohle-Leitentscheidung

14. Oktober 2020 | Braunkohle, Braunkohle - Leitentscheidung, Energiewende, Garzweiler, Hambach, Klima & Energie, Klimawandel, Kohle

Zivilgesellschaft nicht ausreichend beteiligt

David Dresen (Alle Dörfer bleiben), Antje (Grothus (Klima-Allianz Deutschland) und Dirk Jansen (BUND) bei der Pressekonfernez in Erkelenz-Venrath. [Foto: Dario Deilmann] David Dresen (Alle Dörfer bleiben), Antje (Grothus (Klima-Allianz Deutschland) und Dirk Jansen (BUND) bei der Pressekonfernez in Erkelenz-Venrath. [Foto: Dario Deilmann]

Erkelenz/Düsseldorf | Die Zivilgesellschaft kommt im Beteiligungsprozess zur neuen Braunkohle-Leitentscheidung zu kurz und wurde von Vornherein nicht ausreichend mitgedacht, kritisierten die Klima-Allianz Deutschland, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Initiative ‘Alle Dörfer bleiben’ heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Erkelenz. Am 8. Oktober stellte die Landesregierung NRW den Entwurf für eine neue Leitentscheidung zum Braunkohleabbau im Rheinland vor und startete einen Beteiligungsprozess. Im Rahmen dieses Prozesses wird am 15. Oktober Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart den Entwurf in Erkelenz vorstellen. Podiumsgäste sind Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und von RWE - Vertreter*innen der Tagebaubetroffenen sind nicht dabei.

„Die Landesregierung unter Armin Laschet hält an den Umsiedlungen weiterer Dörfer am Tagebau Garzweiler II fest. Das Mindeste, dass die Landesregierung für die Betroffenen tun könnte, wäre, sie aktiv in den Beteiligungsprozess einzubinden und ihre Stimmen bei der morgigen Veranstaltung hörbar zu machen. Stattdessen ist das Podium einseitig mit Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und von RWE besetzt“, sagt Antje Grothus, Koordinatorin für Nachhaltigen Strukturwandel bei der Klima-Allianz Deutschland.  “Die von der Landesregierung mit dem Beteiligungsprozess zur Leitentscheidung beauftragte Agentur zebralog hat bereits beim Beteiligungsprozess zum Strukturwandel ein seltsames Verständnis von Beteiligung an den Tag gelegt“, ergänzt Grothus. Die Agentur vernachlässige Kriterien wie Allparteilichkeit, Neutralität und Transparenz, die für eine gute Partizipationskultur wichtig sind. Zudem sorge sie nicht für einen ausgewogenen Prozess im Sinne der zu beteiligenden Bürger*innen. ”Bürgerbeteiligung darf nicht zu einem Feigenblatt verkommen, bei dem es vor allem um Akzeptanzbeschaffung geht. Die Landesregierung muss die Bürger*innen teilhaben lassen und nicht Politiker*innen oder Interessenvertreter*innen der Wirtschaft, die ihre Lobbyzugänge nutzen können.”

Mehrere Verbände und Initiativen haben bereits im August 2020 einen umfassenden Forderungskatalog zur Leitentscheidung an Ministerpräsident Armin Laschet übermittelt. Dieser wurde im Entwurf der Leitentscheidung in wesentlichen Punkten allerdings nicht aufgegriffen. Dazu erklärt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW: „Statt einseitig die Interessen des Kohlekonzerns RWE zu hören, sollte die Landesregierung der Zivilgesellschaft und vor allem den Tagebaubetroffenen die notwendige Aufmerksamkeit zugestehen.“ Besonders empörend sei, dass Ministerpräsident Laschet und Energieminister Pinkwart auf ein entsprechendes Gesprächsangebot nicht eingegangen seien. Gleichwohl behaupte die Landesregierung im Entwurf der Leitentscheidung, vorab einen Dialog mit maßgeblichen Akteuren im Rheinischen Revier geführt zu haben. Dabei hatte es zwischen Februar und Juni nur vereinzelte informelle Gespräche mit Naturschutzverbänden und Betroffenen gegeben. „Die neue Leitentscheidung kann keinerlei Legitimität für sich beanspruchen. Sie geht einseitig zu Lasten der Menschen und zu Lasten des Klimaschutzes“, so Jansen. Der Braunkohlenexperte sieht deshalb schon jetzt die Notwendigkeit, die gravierende Fehler von der nächsten Landesregierung durch eine fünfte Leitentscheidung korrigieren zu lassen.

„Wenn die Leitentscheidung weiterhin die Pariser Klimaziele ignoriert, dann wird Sie nicht lange Bestand haben”, sagt David Dresen von der Initiative Alle Dörfer bleiben. Planungssicherheit für alle Beteiligten könne es nur geben, wenn die 1,5°-Grenze eingehalten würde, andernfalls wären zukünftige Regierungen gezwungen drastisch nachzuschärfen. “Einen Beteiligungsprozess der wissenschaftliche Fakten genau so ignoriert wie die Belange der betroffenen Dorfbewohner, kann man sich auch direkt sparen.” Die Initiative “Alle Dörfer bleiben” geht davon aus, dass sich die Landesregierung Einwendungen nur anhört um sie im Anschluss für immer in einer Schublade verschwinden zu lassen. “Warum sollten wir uns an einem Prozess beteiligen, wenn doch von vornherein klar ist, dass unsere Interessen kein Gehör finden?”

Hintergrund:

Ein breites Bündnis aus Initiativen und Umweltverbänden hat im August 2020 einen offenen Brief an Ministerpräsident Armin Laschet formuliert. In dem Brief fordern sie einen sofortigen Stopp der Zerstörungen rund um die Tagebaue Garzweiler II und Hambach sowie eine Ausrichtung der neuen Leitentscheidung an den Pariser Klimazielen. Den offenen Brief finden unter

www.bund-nrw.de/leitentscheidung.

 

Die Pressekonferenz in voller Länge hier und unter https://youtu.be/liVXlDbhuKI

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