BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND zum Jahrestag des „Garzweiler-Urteils“: „Bergrecht endlich novellieren“

16. Dezember 2014 | Kohle, Braunkohle, Klima & Energie, Garzweiler

Kritik an Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Tagebau Hambach

Zum ersten Jahrestag des „Garzweiler-Urteils“ am 17. Dezember 2014 fordert der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine umfassende Reform des Bergrechts. Der Umweltverband legte ein 10-Punkte-Papier mit wesentlichen Kernpunkten vor. Dazu gehören der Ausschluss der bergbaulichen Inanspruchnahme besiedelter Gebiete für Braunkohlentagebaue und das Verbot bestimmter umweltgefährdender Bergbautätigkeiten wie des Frackings.

„Die Politik muss endlich handeln und das antiquierte und undemokratische Bergrecht an das 21. Jahrhundert anpassen“, forderte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Spätestens nach dem vom BUND erstrittenen Garzweiler-Urteil darf es ein Weiter-so-wie-bisher nicht mehr geben.“

Am 17. Dezember 2013 hatte das Bundesverfassungsgericht die vom Land Nordrhein-Westfalen gegen den BUND durchgesetzte Zwangsenteignung einer Streuobstwiese im Braunkohlentagebaufeld Garzweiler II für verfassungswidrig erklärt. Zwar hatten die Verfassungsrichter die bisherigen Regelungen des Bundesberggesetzes nicht aufgehoben, aber massive Zweifel angemeldet, ob die Rechte der Bergbaubetroffenen und der Umweltschutz ausreichend berücksichtigt würden.  Insofern sieht der BUND den Gesetzgeber in der Pflicht, neue Regelungen zu treffen. Auch vor dem Hintergrund der andauernden Debatte um die umstrittene Fracking-Technologie zur Erdgasförderung seien grundlegende Reformschritte notwendig, die weit über die derzeit diskutierten Vorschläge der Bundesregierung hinausgehen.

Erst seit 1980 existiert mit dem Bundesberggesetz eine bundesrechtliche Regelung, die eine Vielzahl zuvor existierender Einzelvorschriften bündelt. Diese stammten zum Teil noch aus rechtshistorischen Zeiten des nationalsozialistischen Deutschen Reichs bzw. fußten auf dem Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten von 1865.

„Die Möglichkeit zur Gewinnung von Bodenschätzen durch die Zwangsumsiedlung auf der Lagerstätte wohnender Menschen wurde so zum Beispiel erst 1937 etabliert“, sagte der Bergrechtsexperte Dirk Teßmer. Bis heute profitierten Bergbauunternehmen wie RWE Power auch dadurch, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten bergbaubetroffener Grundeigentümer vollkommen unzureichend seien. Durch die so genannten „gebundenen Entscheidungen“ habe der Bergbautreibende de facto einen Genehmigungsanspruch.  Anders als sonst im Umweltrecht üblich, sehe das Bundesberggesetz zum Beispiel keine umfangreiche Abwägung aller dem Bergbauvorhaben entgegen stehender Belange vor.

„Noch immer sollen im Rheinland Tausende für einen überflüssigen und schädlichen Energieträger umgesiedelt werden“, kritisierte Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW. „Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie das Garzweiler-Urteil endlich ernst nimmt und sich im Bundesrat für eine  Stärkung der Belange des Allgemeinwohls und der Betroffenen einsetzt.“  Auch im eigenen Regierungshandeln müsse ein Umdenken erkennbar werden.

Erst am 12. Dezember 2014 hatte so zum Beispiel die Bezirksregierung Arnsberg die bergrechtliche Zulassung zur Fortführung des Tagebaus Hambach bis zum Jahr 2030 erteilt. Hierfür sollen noch etwa 2.200 Menschen in den Ortschaften Manheim und Morschenich umgesiedelt werden. Begründet wurde dies mit „dem Gemeinwohlziel der Gewinnung des Energieträgers Braunkohle zur Sicherstellung einer zuverlässigen Energieversorgung.“ Für den BUND zeugt eine solche Begründung von „akuter Realitätsverweigerung“. Wer jetzt noch an der Braunkohle festhalte, habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

 

Die 10-Punkte im Überblick:     

  1. Bergbauliche Inanspruchnahme besiedelter Gebiete ausschließen
  2. Rechtskonstrukt des „bergfreien“ Bodenschatzes beseitigen
  3. „Gebundene Entscheidung“ durch eine Ermessensentscheidung mit Vorgaben zwingender Versagensgründe ersetzen
  4. Besondere Anforderungen an die Bedarfsfeststellung definieren
  5. Bergschadens- und Entschädigungsrecht novellieren
  6. Verbot besonders gefährlicher Bodeneingriffe
  7. Umfassende Umweltprüfung einführen
  8. Öffentlichkeitsbeteiligung und Klagerechte stärken
  9. Förderabgaben verbindlich erheben
  10. Sicherheitsleistungen festlegen

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