BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND fordert Sofortprogramm zum ökologischen Hochwasserschutz

08. Juli 2022 | Flüsse & Gewässer, Freiraumschutz, Klimawandel, Wasser

Jahrestag des Katastrophenhochwassers 2021

[Foto: Dirk Jansen]

Anlässlich des Jahrestags der verheerenden Flutkatastrophe am 14. Juli fordert der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Landesregierung auf, endlich eine ungeschönte Ursachenanalyse und –bilanz vorzulegen und sofort Vorsorgemaßnahmen umzusetzen.

Allein in NRW verloren im Juli des vergangenen Jahres 49 Menschen ihr Leben in den Fluten. Noch immer laufen in den zerstörten Gebieten die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten. „Doch ansonsten scheint ‚business as usual‘ einzukehren“, kritisiert der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Eine grundlegende Neuausrichtung der Politik im Hinblick auf einen vorsorgenden ökologischen Hochwasserschutz ist nicht in Sicht.“ So plane die neue Landesregierung nicht, den vorsorgenden Hochwasserschutz als verbindliches Ziel im Landesentwicklungsplan zu verankern. Auch sei im Koalitionsvertrag keine harte Bremse des Flächenverbrauchs angelegt. Im Gegenteil: So soll zum Beispiel die Realisierung flächenintensiver industrielle Großvorhaben „auf der grünen Wiese“ erleichtert werden. Auch fehlten konkrete Festlegungen für eine ökologische Waldpolitik und der Gewässerschutz werde generell nur als Randthema betrachtet.

„Der eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe hat das ganze Ausmaß des Systemversagens offenbart“, so Sticht. Die seit Jahrzehnten zusammengesparte Umweltverwaltung war nicht vorbereitet, das Restpersonal nicht handlungsfähig, die Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz bis heute nicht eingeübt. Die Szenarien der Hochwasserrisiko- und -gefahrenkarten erwiesen sich als zu optimistisch. Das Ausmaß des bereits eingetretenen Klimawandels wurde schlicht unterschätzt. „Leider registrieren wir keine grundlegenden Änderungen. Wenn ein vergleichbarer Starkregen erneut herunterrauschte, würde sich das bereits attestierte Systemversagen wiederholen,“ befürchtet Sticht.

Immerhin soll jetzt das Hochwassermeldesystem verbessert werden und das Land hat unter Federführung des Umweltministeriums eine Kommission „Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels“ eingerichtet. Noch immer aber werden die Einzugsgebiete der Bäche und Flüsse in weiten Teilen des Landes falsch bewirtschaftet oder zubetoniert, womit sie als Wasserspeicher entwertet werden. Selbst die - inzwischen überholten -  Hochwasserrisikokarten schützen nicht konsequent vor weiterer Bebauung. Und dort, wo zusätzliche Überschwemmungsflächen geschaffen werden könnten, setzen die Landesbehörden häufig auf technischen Hochwasserschutz der alten Schule. Als Beispiel nannte der BUND den Himmelgeister Rheinbogen in Düsseldorf. Hier halte die Bezirksregierung trotz der erfolgreichen Klage des BUND am überholten Konzept eines rheinnahen Deiches fest.

Der BUND fordert als Sofortprogramm eine konsequente Freihaltung aller potenziellen Überschwemmungsgebiete vor jeglicher Bebauung. Auch das Freiziehen neuralgischer Stellen dürfe kein Tabu sein. Als Planungsgrundlage müssten die Hochwasserrisiko- und -gefahrenkarten für ganz NRW unter Berücksichtigung historischer Ereignisse und auch des 2021er-Hochwassers sofort überarbeitet werden. Für die Hochwasserrisikomanagementplanung müssten deutlich mehr Mittel und Personal zur Verfügung gestellt werden. Auch müsse die gesamte Messinfrastruktur erweitert und ertüchtigt werden.

Grundsätzlich müssten alle Anstrengungen auf die Sanierung des Landschaftswasserhaushalts fokussiert werden. „NRW muss zum ‚Schwammland‘ werden. Flüsse und Bäche benötigen mehr Raum, Feuchtgebiete und Auen müssen reaktiviert, Moore wieder vernässt, Siedlungen klimawandelresilient umgestaltet werden. Starkregen- und Hochwasserereignisse sind natürliche Phänomene, aber deren Folgen können wir durch eine vorsorgende Planung beeinflussen. Hierzu müssen die Anstrengungen deutlich erhöht werden“, so BUND-Chef Sticht.

Hinweis: Das BUND-Vorsorgeprogramm Hochwasser finden Sie unter https://www.bund-nrw.de/fileadmin/nrw/dokumente/Wasser/2021_10_BUNDhintergrund_Hochwasser_Juli_2021_web.pdf

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