BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Kommentar: 125 Jahre RWE - Energie, die Leiden schafft

02. Mai 2023 | Braunkohle, Energiewende, Klima & Energie, Kohle

Seit 125 Jahren steht RWE auch für massive Eingriffe in die Umwelt durch die Braunkohlengewinnung und -nutzung. Ein Kommentar von Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW anlässlich der RWE-Hauptversammlung am 4. Mai.

Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW [Foto: D. Deilmann] Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW [Foto: D. Deilmann]

"125 Jahre RWE – das sind auch 125 Jahre massiver Eingriffe in Natur und Landschaft, den Gewässerhaushalt, Siedlungen und das Klima durch die Braunkohlengewinnung. Wenn der Konzernchef Krebber sich jetzt selbst dafür lobt, viel dafür getan zu haben, dass die „Jahrhundertaufgabe Energiewende“ gelingt und dass die RWE-Politik dem 1,5 Grad-Ziel entspreche, so ist das dreistes Greenwashing. Dass die RWE-Hauptversammlung ausgerechnet am 4. Mai - dem nationalen Erdüberlastungstag - stattfindet, passt ins Bild.

RWE hat Deutschland eine schwere klimaschutzpolitische Hypothek aufgebürdet: Etwa 6,8 Milliarden Tonnen Treibhausgase gehen seit 1950 auf das Konto der rheinischen Braunkohle.

Noch immer vernichtet RWE in den Niederrheinischen Bucht eine unseren wichtigen natürlichen Ressourcen – das Grundwasser. Mehr als 500 Millionen Kubikmeter Grundwasser wurden im letzten Jahr gehoben und überwiegend ungenutzt abgeleitet, um die Tagebaue trocken zu halten. Die Schäden des gesamten Gewässerhaushaltes werden die nachfolgenden Generationen noch für Jahrhunderte nach Tagebauende beschäftigen.

Mehr als 336 Quadratkilometer unersetzliche Natur- und Kulturlandschaft wurden bislang erst in bis zu 400 Meter tiefe Braunkohlengruben und später - bis auf die aktuellen Betriebsflächen - in Tagebaufolgelandschaften verwandelt. Nach dem Ende der Braunkohle sollen die Restlöcher in die größten künstlichen Seen Europas verwandelt werden. Zur Befüllung sollen der Rhein und die Rur dienen – dies alles ein Experiment mit offenem Ausgang. Erst Jahrhunderte nach Tagebauende werden wir wissen, ob es gelingen wird, die Langzeitfolgen der Braunkohlengewinnung zu beherrschen. Offen ist auch die Frage, wer dies alles letztendlich bezahlt.

Zudem haben fast 40.000 Menschen zumeist gegen ihren eigenen Willen ihre Heimat verlassen müssen. Siedlungen, Weiler, Kultur- und Bodendenkmäler mit zum Teil jahrtausendealter Historie verschwanden für immer. Über den Ausstoß von Feinstaub, Quecksilber und anderen Luftschadstoffen wurden statistisch betrachtet tausende Menschenleben vorzeitig beendet, denn die Braunkohlenverstromung ist die dreckigste Form der Energiegewinnung.

Auch das gehört zur Bilanz von „125 Jahre“ RWE.

Anstieg der Braunkohlenförderung

Doch anstatt umzusteuern, setzt RWE mit dem Segen der Regierungen in Bund und Land auf ein „Weiter-so“.

Nach historischem Tiefstand in 2020 steigt die Braunkohlenförderung seitdem wieder an. Allein im letzten Jahr stießen die RWE-Kraftwerke und -Fabriken im Rheinland 58,85 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus – das sind mehr als ein Viertel aller Treibhausgasemissionen unseres Bundeslandes. Zudem hat RWE von der Politik einen Freibrief erhalten, bis 2030 – mit der Option auf eine Verlängerung bis 2033 - noch bis 480 Millionen Tonnen Braunkohle zu fördern, 280 Millionen Tonnen davon allein aus dem Tagebau Garzweiler. Bis zum Kohleausstieg will RWE zudem deutlich mehr Kohle fördern als ursprünglich vorgesehen.

So wird der Kohleausstieg 2030 zu einer Mogelpackung: Es steht zwar „Kohleausstieg“ drauf, es steckt aber ein Anstieg der CO2-Emissionen drin.

Ernüchternd ist auch der RWE-Beitrag zur Energiewende insgesamt. In 2022 entfielen 77 Prozent der RWE-Stromerzeugung auf Kohle, Gas und Atom. Die rheinische Braunkohle machte ein Drittel der Stromerzeugung aus. Mit dem Ausstoß von 83 Millionen Tonnen CO2 bleibt RWE einer der größten Klimakiller Europas.

Energiewende nicht in Sicht

Auch zur regionalen Energiewende leistet RWE einen eher unambitionierten Beitrag. RWE hat im Braunkohlenrevier gerade einmal eine Leistung von 260 Megawatt an erneuerbaren Energien installiert. Diese soll bis 2030 zwar auf 500 MW erhöht werden, was allerdings nur einem Bruchteil des regionalen Potenzials entspricht. Demgegenüber liegt die Braunkohlenkapazität – auch aufgrund der Verlängerung der Laufzeit einiger Blöcke – bei 8.250 MW. Mit der Braunkohle lässt sich halt angesichts hoher Strompreise aufgrund des Ausfalls französischer Atomkraftwerke und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gut Kasse machen.

Deshalb schafft RWE weiter Fakten. Mit rasender Geschwindigkeit frisst sich der Tagebau Garzweiler nach der Zerstörung Lützeraths weiter nach Westen. Im Weg stehen dort sieben Windenergieanlagen und die Landstraße L12, letztere eine wichtige Verbindungsstraße zwischen den geretteten Orten Holzweiler und Keyenberg. Schon bald will RWE sowohl die WEA sprengen, als auch die Straßenverbindung kappen.

Zur Energieversorgung notwendig wäre das nicht. Im bisherigen Abbaufeld Garzweiler II liegen noch 100 Millionen Tonnen förderfähige Kohle, viel mehr, als ansatzweise mit der 1,5 Grad-Grenze des Pariser Klimaabkommens vereinbar sind. Dazu kommen etwa 60 Millionen Tonnen im südwestlichen Abbaufeld. Dort hatte RWE im Januar 2018 den Immerather Dom und die gesamte Ortslage abgerissen. Bis heute wurde dort allerdings kein Gramm Kohle gefördert. Westlich der L12 liegen gerade einmal 20 Millionen Tonnen Braunkohle, eine Menge, die absehbar nicht gebraucht werden wird.

Politik der verbrannten Erde

Diese Politik der verbrannten Erde muss endlich ein Ende haben. RWE muss sich ehrlich machen und glaubhaft von der Braunkohle verabschieden und mehr in Erneuerbare in der Region investieren. Um nicht weiter wertvolles Kulturland für die Rekultivierung und Restlochgestaltung zu vernichten, brauchen wir eine transparente Massenbilanzierung und innovative Konzepte, welche die fortgesetzte Landschaftszerstörung minimieren. Nicht ökonomische Interessen dürfen dabei ausschlaggebend sein, sondern die Planungen müssen sich vorrangig daran orientieren, der über mehr als ein Jahrhundert durch RWE geschunden Region wieder eine ökologische und nachhaltige Zukunftschance zu geben."

 

Pressemitteilung :"RWE muss fossiles Geschäftsmodell beeenden" - Vor der RWE-Hauptversammlung 2023 warnen Wissenschaftler*innen sowie Klima- und Umweltschützer*innen vor fatalen Folgen der Unternehmenspolitik für Mensch und Natur

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