Scheinlösung CCS

Viele Millionen Tonnen Klimaabgase aus der Industrie sollen künftig in Böden und Meeren gelagert werden. Diese Technik bezeichnet man als Carbon Capture and Storage (CCS). Dabei wird es höchste Zeit, dass die Industrie ihre Emissionen reduziert, statt sie in Gesteinsschichten an Land und in Meeresböden zu verklappen.

Inhalt:

Für fossile Konzerne wäre der Einstieg in eine CCS-Wirtschaft sehr profitabel. Für Ökosysteme, Gesundheit und Klima würden durch CCS jedoch unkalkulierbare und generationsübergreifende Risiken entstehen. Folgekosten hätte die Gesellschaft als Ewigkeitslast zu tragen. Die CCS-Technik stellt die völlig falschen Weichen. Die Schwer-, Chemie- oder Zementindustrie könnte weitermachen wie bisher, statt ihre klimaschädliche Produktion umzubauen und nachhaltige Produkte zu entwickeln. Mit CCS entstehen sogar zusätzliche Emissionen. Der Bau neuer Anlagen und Pipelines für CCS schafft langfristige Richtungsentscheidungen, die den Verbrauch von Erdgas und Erdöl weiter rechtfertigen und sogar erhöhen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und eine energie- und rohstoffsparende Kreislaufwirtschaft werden so ausgebremst. CCS ist damit eine Scheinlösung, die echten Klimaschutz zu blockieren droht.

Auch das Land NRW setzt in seiner bisherigen Carbon Management Strategie auf diese umstrittene Technologie. Zwar soll CCS vermeintlich unvermeidbaren Prozessemissionen z.B. in der Zement- und Kalkindustrie vorbehalten bleiben, dennoch sieht der BUND darin eine falsche Weichenstellung. Anstatt Milliarden von Euro in diese technologische Scheinlösung zu stecken, müssen die natürlichen CO2-Senken wie Wälder und Moore optimiert werden.

Der BUND fordert

  • Keine Subventionen für CCS und fossilen Wasserstoff mit CCS („blauer Wasserstoff“).
  • Keine Lizenzen und keine gesellschaftliche Haftung für CO2 Endlager.
  • Der Meeresschutz darf nicht beschnitten werden.
  • Keine Exportgenehmigungen für CCS auf See.
  • Deutschland muss international gegen die Ausweitung der Gas- und Ölproduktion in der Arktis Position beziehen.
  • Ausstiegsplan aus allen fossilen Energieträgern und umfassendes Maßnahmenpaket für einen dekarbonisierten Industriesektor und echte Kreislaufwirtschaft.
  • Verbindliche Energiesparziele auch für Industrie. Kein CCS solange Fossile genutzt werden.
  • Natürliche CO2-Reduzierer wie Moore, Wälder und Grünland regenerieren und ökologisch nutzen.

Was ist CCS?

CO2-Pipeline-Infrastrukturentwurf für NRW. [Quelle: energy4climate.nrw] CO2-Pipeline-Infrastrukturentwurf für NRW. [Quelle: energy4climate.nrw]

Bei CCS-Technik wird das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus Industrieabgasen mit hohem Energieaufwand in einem chemischen Verfahren ausgewaschen (Carbon Capture) und in einen fast flüssigen Zustand gebracht. Das flüssige CO2 wird dann durch Pipelines oder per Schiff transportiert, zwischengespeichert und unter dem Meeresboden oder an Land mit hohem Druck verpresst. So sollen die Klimagase in CO2-Endlagern auf Jahrtausende von der Atmosphäre isoliert bleiben (Storage).

Für die CO2-Lagerung sollen vor allem ehemalige oder zu Neige gehende Erdgas- und Öllagerstätten genutzt werden. Für die Energiekonzerne ist CCS auch eine willkommene Möglichkeit, möglichst noch die letzten fossilen Energien aus den Lagerstätten herauszuholen ("enhanced gas/oil recovery").

Bereits vor mehr als 10 Jahren diskutierte die Republik sehr kontrovers über diese Technologie. Die Energiekonzerne sahen darin eine Chance, ihre dreckige Kohle mit einem sauberen Image zu versehen. Die Pläne für eine CCS-Kraftwerk im Rheinischen Revier und der Bau einer CO2-Pipeline nach Schleswig-Hostein scheiterten allerdings.

In Deutschland ist CCS bisher nur zu Forschungszwecken erlaubt. Nach zahlreichen Protesten von Bürger*innen vor Ort wurde das im Jahr 2012 im Gesetz festgeschrieben. Außerdem wurde gesetzlich festgelegt, dass die Bundesländer die Endlagerung von CO2 in ihrem Gebiet ausschließen können.

Was ist das Problem?

Die Endlager müssten für Jahrtausende dicht sein und das CO2 von der Atmosphäre isolieren. Die Deckschichten der Gasfelder sind jedoch durch die Gasförderung durchlöchert. Dabei sind Risse entstanden. Bereits heute entweicht an dreiviertel der aufgegebenen Gas-Bohrlöcher Methan. Durch die Verpressung können neue Risse im Gestein entstehen oder sogar Erdbeben ausgelöst werden. Je mehr Lagerstätten angelegt werden, desto höher ist das Risiko der Langzeitemissionen durch den Einsatz von CCS-Technik.

CCS verursacht zusätzliche Emissionen

CCS verursacht zusätzliche Treibhausgas-Emissionen, die bei der Betrachtung oft ausgeblendet werden. Aus technischen Gründen kann nie das gesamte CO2 aus dem Abgasstrom abgeschieden werden. Je nach Anwendungsbereich und eingesetzter Technik entweicht ein Teil des CO2 trotz CCS in die Atmosphäre. Die CCS-Technik verbraucht  darüber hinaus viel Energie. Mit der CCS-Technik wird 40 Prozent mehr Energie eingesetzt als ohne den Einsatz von CCS. Um diese zusätzliche fossile Energie bereitzustellen, entstehen Emissionen bei Produktion, Transport und beim eigentlichen Verbrennen und Aufbereiten von Kohle, Erdöl oder Erdgas.

CO2-Endlager sind eine Bürde für kommende Generationen

CO2-Endlager an Land oder im Meeresboden sind mit hohen und unkalkulierbaren Risiken verbunden. Mit den CO2-Deponien entsteht eine Endlager-Infrastruktur, die über Jahrhunderte überwacht werden müsste. Die Industrie will die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Die Folgekosten für die kontinuierliche Überwachung der Endlager und die Behebung möglicher Schäden gehen nach einer Frist an den Staat über, der die Lizenz dafür vergeben hat. Die Bundesregierung hat es bisher versäumt diese Folgekosten, Risiken und Gefahren der Entscheidung für eine CCS-Wirtschaft offen zu legen.

Hohe Umweltrisiken durch CCS

Millionen Tonnen CO2 mit Beimischungen aus dem Industrieabgas in Meeresböden oder tiefe Gesteinsschichten an Land zu pressen, ist ein massiver Eingriff in die Natur. Das mit hohem Druck verpresste CO2 verdrängt salziges Porenwasser im Gestein. Durch die Ausbreitung des Drucks kann in einem Umkreis bis zu 100 km das Grundwasser versalzen oder mit Schwermetallen kontaminiert und so für die Trinkwassergewinnung und die Landwirtschaft unbrauchbar werden. Am Meeresboden versauert durch direkte Entweichungen (Leckagen) von CO2 das Wasser, was z.B. Muscheltiere und Korallen tötet und marine Lebensräume und Ökosysteme schädigt. Leckagen an alten oder aktiven Bohrlöchern oder durch Risse im Gestein können von einigen Tonnen CO2 pro Tag bis zu mehreren Tausend Tonnen täglich betragen. Der Austritt kann sich über Jahre bis Jahrzehnte erstecken. Leckagen sind zudem schwer oder gar nicht zu verschließen. Es droht eine weitere Industrialisierung der Nordsee mit Belastungen durch Pipelines, Anlagen, Schiffsverkehr und Lärm.

Chemikalien und Luftverschmutzung

Bei der Abscheidung und Verflüssigung des Klima-Abgases entstehen umweltschädliche Chemikalien und eine erhöhte Luftverschmutzung. Auch das Risiko von Unfällen besteht. 2020 verursachte in den USA ein Erdrutsch einen Rohrbruch in einer unterirdischen CO2-Pipeline. 45 Menschen aus der nahe liegenden Ortschaft Satartia mussten wegen Erstickungssymptomen im Krankenhaus behandelt werden. In den USA leisten Landwirt*innen, Umweltbewegungen und indigene Gesellschaften Widerstand gegen den beginnenden großtechnischen Ausbau von CO2 Pipelines.

Noch mehr Informationen zu den erheblichen Risiken für Klima- und Umweltschutz und den Pländen der Regierung finden Sie im BUND-Standpunkt "CCS: Falsche Weichenstellung verhindern" (pdf).

Warum ist CCS für die Industrie so attraktiv?

Die Öl- und Gasindustrie verfolgt CCS, um mit dem Argument vermeintlicher Klimaneutralität die fossile Wirtschaft weiter zu betreiben. Dabei ist CCS laut Weltklimarat die teuerste, unwirksamste und riskanteste Option. Dennoch will die Bundesregierung diese mit sehr viel Steuergeld finanzieren. Wenige Gas-Konzerne könnten den europaweiten CO2-Transport und die zukünftige Deponierung unter sich aufteilen. BASF und OGE planen bereits je eigene CO2-Pipelinenetze. Ihre industriellen Kunden würden sich durch die hohen subventionierten Investitionen für CCS-Anlagen langfristig an das System der CO2-Entsorgung und die Gaskonzerne binden.

Eine staatlich geförderte CCS-Industrie ist jedoch eine völlig falsche Weichenstellung für die Dekarbonisierung der Industrie. Diese steht vor einem umfassenden Umbau ihrer Anlagen und trifft jetzt Entscheidungen für die nächsten Jahrzehnte. Wenn klima- und umweltschädliche Produkte mit CCS als vermeintlich „klimaneutral“ vermarktet und dafür noch staatlich gefördert werden, verunsichert das Investoren und lenkt Investitionskapital in eine falsche Richtung. Stattdessen müssen diese Branchen ihre enorm hohen Treibhausgasemissionen durch einen Umbau oder die Reduktion ihrer Produktion und die Entwicklung CO2-freier Produkte oder Verfahren stark verringern.

Was sind die Alternativen zu CCS?

Statt auf CCS zu setzen, müssen die erneuerbaren Energien ausgebaut werden und der Ausstieg aus der fossilen Infrastruktur vorangetrieben werden. Die Politik muss den Großverschmutzern Grenzen setzen. Mit alternativen Baustoffen, Recycling, Materialeffizienz und einer suffizienten Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik lassen sich beispielsweise technisch unvermeidliche Emissionen aus der Zementproduktion auf ein Minimum reduzieren. Alleine über Materialeffizienz ließe sich der Einsatz von Zement (und Stahl) um 20–30 % pro gebautem qm verringern. Gleichzeitig entsteht weniger Baumüll und es würden weniger Flächen versiegelt und Naturräume zerstört.

Unvermeidliche Restemissionen minimieren

Müll zu verbrennen ist viel klimaschädlicher als die stoffliche Verwertung und verschwendet Ressourcen. Die Müllverbrennungsbranche sieht mit CCS jedoch Chancen auf weiteres, subventioniertes Wachstum. Stattdessen muss die Menge verbrannter Abfälle deutlich sinken, indem echte Kreislaufwirtschaft nicht länger benachteiligt wird. Dafür brauchen wir langlebige und reparaturfähige Produkte, Pfand- und Mehrwegsysteme und eine verbesserte Wertstoffsammlung. Weniger Einweg-Plastik senkt auch den Verbrauch von Öl, Gas und die CO2-Emissionen der chemischen Industrie. Die hohen Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft können durch Verzicht auf mineralische Kunstdünger und einen kleineren Viehbestand pro Fläche auf ein Minimum an Restemissionen reduziert werden. Ein geringerer Einsatz von mineralischen Düngemitteln in der Landwirtschaft senkt auch den Gasverbrauch und die Emissionen der chemischen Industrie.

Und die Zementindustrie?

Auch die CO2-Emissionen der Zementindustrie gilt es wirksam zu dekarbonisieren.

Die eröffnete weltweit erste CCS-Anlage in der Zementindustrie in Brevik, Norwegen soll allerdings nur 50 Prozent des von der Anlage emittierten CO2 abscheiden; eine solche Abscheidungsrate ist eindeutig unzureichend, insbesondere wenn man berechnet dass die Abscheidung von CO2 den Gesamtenergiebedarf massiv erhöht. Der Strombedarf wird sogar vervierfacht.

Der BUND lehnt CCS in der Zementindustrie auch deswegen ab, weil damit technologische und gesellschaftliche Entwicklungen blockiert werden wie: Zementrecycling, alternative Bindemittel, innovative Zemente mit geringeren CO2-Emissionen, Holzbau, veränderte Bauweisen und eine neue, ressourcenschonende Baupolitik die auch das Weniger- (Neu-) Bauen als klima- und ressourcenpolitische Notwendigkeit anerkennt. Auch das Umweltbundesamt rät aus diesen Gründen ausdrücklich vor dem Einsatz von CCS in der Zementproduktion ab.

Natürliche CO2-Senken regenerieren

Intakte Moore können große Mengen an Treibhausgasen speichern. [Foto: Martin Grund] Intakte Moore können große Mengen an Treibhausgasen speichern. [Foto: Martin Grund]

Der BUND sieht Senkenpotenziale da, wo es um in ökologische Zusammenhänge eingebettete Naturprozesse geht, also insbesondere bei der Wiederherstellung und dem Schutz degradierter Umweltsysteme wie Wälder, Moore und Böden. Zuerst muss aber der Zustand geändert werden, dass heute diese potenziellen Kohlenstoffsenken durch nicht nachhaltige Bewirtschaftung noch relevante CO2-Quellen sind. Entwässerte Moorböden in Deutschland verursachen so zum Beispiel laut Umweltbundesamt jedes Jahr etwa 53 Millionen Tonnen Treibhausgase.

Von Vorteil ist, dass naturnähere Bewirtschaftung der Wälder und Kohlenstofffixierung in landwirtschaftlich genutzten Böden durch Humusanreicherung im Gegensatz zu fast allen anderen Geoengineering-Technologien bereits heute einsatzbereit verfügbar sind. Auch der Schutz und die Wiedervernässung von Mooren kann schon jetzt zum Klimaschutz beitragen, wie der BUND in seinem Moorprojekt zeigt.

Eine CCS-Infrastruktur würde hingegen natürliche Senken sogar schädigen durch den Natur- und Flächenverbrauch, Zerschneidung von Biotopen und Belastung von Kulturlandschaften für die zu errichtenden industriellen Anlagen an Land oder im Meer; insbesondere auch infolge der entstehenden zusätzlichen ökonomischen Anreize für das Verbrennen von Biomasse.

Was plant die Politik?

Die Bundesregierung hat im Dezember 2022 einen Evaluierungsbericht zum CCS-Gesetz veröffentlicht. Darin empfiehlt sie den Hochlauf einer CCS-Industrie. Dieser soll durch Subventionen in Milliardenhöhe, die Aufhebung des CCS-Verbots und weiterer Gesetzesänderungen von staatlicher Seite angetrieben werden. CO2 soll perspektivisch auch in Deutschland verpresst werden können. Eine neue Raumordnung für den Untergrund wird angekündigt, absehbar mit einer privilegierten Genehmigung für CO2-Deponien der Großindustrie. Das bisherige Recht der Bundesländer, CCS zu verbieten, soll beschnitten und Enteignungsvorschriften (z.B. für den Bau von Pipelines) sollen erweitert werden. Augenscheinlich will die Bundesregierung Investitions- und Betriebskosten für CCS-Anlagen der Zementindustrie und Müllverbrennungsanlagen subventionieren. Tatsächlich wollen sich auch die chemische Industrie, Glas- und Papierfabriken und sogar Gaskraftwerke oder Raffinerien mit CCS-Technik vermeintlich klimaneutral stellen. 

Auch die jetzige NRW-Landesregierung aus CDU und Grünen setzt auf CCS. Im Koalitionsvertrag heißt es, man werde "die bestehende 'Carbon Management Strategie Nordrhein-Westfalen' zur Abscheidung, zum Transport und zur Nutzung unvermeidlicher CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen" weiterentwickeln. Das findet auch in der Energie- und Wärmestrategie seinen Niederschlag, ein Punkt, der vom BUND heftig kritisiert wurde (... mehr).

Inzwischen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Gesetz zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes vorgelegt. Mit dem Kohlendioxid-Speicherungs- und Trannsportgesetz (KSpTG) soll das existierende Speicherverbot aufgehoben und CCS für etliche Industriezweige als "Klimaschutzmaßnahme" anerkannt werden. Dagegen protestiert ein breites Bündnis aus nationalen und internationalen Umweltverbänden und Initiativen mit einem Offenen Brief.

Mit dem Ampel-Aus kam auch der Gesetzgebungsprozess ins Stocken. Die neue Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD setzt aber auch voll auf CCS und will das CCS-Gesetz noch in 2025 auf den Weg bringen. Im Koalitionsvertrag heißt es: 

"Wir werden umgehend ein Gesetzespaket beschließen, welches die Abscheidung, den Transport, die Nutzung und die Speicherung von Kohlendioxid insbesondere für schwer vermeidbare
Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke ermöglicht. Wir werden das überragende öffentliche Interesse für den Bau dieser CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen feststellen. Die Ratifizierung
des London-Protokolls sowie die Schaffung von bilateralen Abkommen mit Nachbarländern haben dabei höchste Priorität. Wir ermöglichen CO2-Speicherung offshore außerhalb des Küstenmeeres in
der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und des Festlandssockels der Nordsee sowie onshore, wo geologisch geeignet und akzeptiert. Dazu wollen wir eine Länderöffnungsklausel einführen. " (Verantwortung für Deutschland, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 21. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, S. 28).

Vorhaben in NRW

Gemäß der Carbon Management Strategie der NRW-Landesregierung sollen Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilisation (CCU) unbedingt auf unvermeidbare Kohlenstoff-Emissionen aus Prozessen begrenzt werden. CDU und Grüne halten die zeitnahe Prüfung und Etablierung von CCS-Lösungen vor allem auch für die Zementindustrie "aus heutiger Sicht" für alternativlos. Die Planungen für eine CO2-Leitung im Rahmen des Projekts des "Delta Rhine Corridor” (DRC) sollen dafür einen wesentlichen Grundstein legen. Die Aufnahme des Projektes als PCI auf der Liste der transeuropäischen Energieinfrastrukturprojekte durch die Europäische Kommission unterstreicht danach die Wichtigkeit dieses Vorhabens.

CO2-Pipeline in die Niederlande

Der sogenannte "Delta Rhine Corridor” (DRC) soll von der deutschen und niederländischen Nordsee kommend übers Ruhrgebiet bis in den Kölner Süden quer durch NRW verlaufen. Neben CO2 soll in den Leitungen auch Wasserstoff transportiert werden. Rund 450 Kilometer Pipeline sind dafür auf deutscher Seite geplant. Laut den Plänen des Firmen-Konsortiums um die Open Grid Europe GmbH (OGE) soll die Pipeline komplett neu verlegt werden und auch durch das dicht besiedelte Ruhrgebiet führen. Unter anderem ist eine CO2-Transportleitung von Köln-Wesseling über Kempen nach Gelsenkirchen-Scholven geplant.

Wo die Trassen verlaufen sollen und welche Unternehmen angeschlossen werden, ist aber noch unklar. Auch fehlt noch die dafür notwendige Raumverträglichkeitsprüfung. 2033 könnten erste Unternehmen in NRW an die Pipeline angeschlossen werden, so Open Grid Europe (OGE). Das Unternehmen geht von einem Transportbedarf von 16 Millionen Tonnen CO2 nur in NRW aus.

Nach Recherchen von WDR und CORRECTIV bestehen erhebliche Risiken bei diesem größten deutschen CCS-Vorzeigeprojekt: Es könnten gefährliche Gase aus der zukünftigen Pipeline entweichen.

Zementindustrie setzt voll auf CCS

Insbesondere auch die NRW-Zementindustrie sieht in CCS ein Zukunftsmodell. Zehn der nordrhein-westfälischen Werke verfügen über eine eigene Klinkererzeugung und sind damit für den Großteil der CO2-Emissionen der nordrhein-westfälischen Zementindustrie in Höhe von knapp 10 Millionen Tonnen jährlich verantwortlich.

Als erstes Unternehmen hat die Firma Heidelberg Materials in ihrem Zementwerk Geseke das Genehmigungsverfahren für das Projekt GeZero begonnen. Die Gesamtinvestition beträgt mehr als eine halbe Milliarde Euro und wird mit rund 191 Millionen Euro aus dem EU-Innovationsfonds gefördert. 

Das Vorhaben setzt auf die Oxyfuel-Technologie und zielt darauf ab, 700.000 Tonnen CO₂ pro Jahr abzuscheiden. Bei der geplanten neuen Ofenanlage verändert sich das herkömmliche Brennverfahren nicht, es gibt jedoch zwei wesentliche Unterschiede: statt Umgebungsluft kommt reiner Sauerstoff im Brennprozess zum Einsatz, dadurch reduziert sich der Abgasstrom und es werden CO₂-Konzentrationen von über 90 % erreicht. Zudem wird der Abgasstrom nicht in die Umgebung abgegeben, sondern in nachgeschaltete Anlagen zur Reinigung und Aufbereitung des CO₂ geleitet.

Das Projekt wurde gestartet, obwohl bislang keinerlei Pipeline-Infrastruktur oder funktionierende Speicherstandorte existieren. Gegenüber dem bisherigen Werk in Geseke soll deshalb auf einem Gelände so groß wie sieben Fußballfelder ein Verladebahnhof entstehen. Das flüssige CO2 soll dort in Kesselwagen gepresst und über die Schiene nach Wilhelmshaven transportiert werden. Von dort soll es per Schiff in die norwegische Nordsee gehen, wo das CO2 verpresst werden soll. Wie der WDR berichtet , hat der Regionalrat Arnsberg Am den Bahnhofs-Plänen am 28.09.2024 zugestimmt. 

Projekt GeZero – Simulation: Draufsicht (neue Anlagenteile grün gekennzeichnet). [Quelle: Heidelberg Materials AG] Projekt GeZero – Simulation: Draufsicht (neue Anlagenteile grün gekennzeichnet). [Quelle: Heidelberg Materials AG]

CCS-Gesetz: Blankoscheck für Klimaverschmutzer

07.07.2025 | Tagesspiegel Background

Die neue Bundesregierung macht Tempo bei der Schaffung eines Rechtsrahmens für die Einführung der umstrittenen CCS-Technologie. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat jetzt einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur dauerhaften Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid (Kohlendioxidspeicherung- und -transportgesetz – KSpTG)“ in die Verbändebeteiligung gegeben.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht darin einen Blankocheck für Klimaverschmutzer.

Mehr ...

Die Bundesregierung plant aktuell die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) im industriellen Maßstab als vollwertigen Ersatz für Emissionsreduzierungen anzuerkennen und staatlich subventioniert durchzusetzen. Dazu soll der schnelle Auf- und Zubau einer deutschlandweiten CCS-Infrastruktur gefördert werden. Zusätzlich erwägt die Bundesregierung, CO2-Deponien an Land oder unter der Nordsee zu erlauben. Dabei wird es höchste Zeit, dass die Industrie ihre Emissionen reduziert, statt sie in Gesteinsschichten an Land und in Meeresböden abzuleiten. Wir erklären in unserem Standpunkt die Hintergründe zu den Plänen der Regierung und die erheblichen Risiken für Klima- und Umweltschutz. 

download

Ansprechpartner

[Foto: David Klammer]

Dirk Jansen

Geschäftsleiter BUND NRW
E-Mail schreiben

BUND-Bestellkorb