- Änderung des Schutzstatus von Wölfen und Schnellabschüsse sind keine Lösung zum Schutz von Weidetieren, sondern reine Symbolpolitik
- Herdenschutzmaßnahmen müssen stärker gefördert und umgesetzt werden
- guter Herdenschutz ist das wirksamste Mittel, um Weidetierrisse zu vermeiden
Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die Entscheidung der Umweltministerkonferenz (UMK) zum Abschuss von Wölfen. Eine nachhaltige Koexistenz von extensiver Weidetierhaltung und Wolf sei nur dann möglich, wenn flächendeckend Herdenschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Die UMK hat heute beschlossen, dass das sog. „Schnellabschussverfahren“, welches von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zuletzt als vermeintliche Konfliktlösung zwischen Rückkehr der Wölfe und Weidetierhaltung, vorgebracht wurde, nun im Praxisleitfaden Wolf festgeschrieben und damit operationell wird. Gleichzeitig wurde die Diskussion um die Absenkung des Schutzstatus des Wolfes und damit einhergehend eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vertagt, aber nicht grundsätzlich abgelehnt.
Holger Sticht, Landesvorsitzender des BUND: „Wer den Abschuss von Wölfen fordert, muss auch Herdenschutzmaßnahmen umsetzen. Eine allgemeine Bejagung von Wölfen suggeriert Weidetierhaltenden eine Scheinlösung, die auf lange Sicht eben nicht zu Rückgängen von Rissen an Weidetieren führt. Der Schießbefehl ist reine Symbolpolitik, die von ganz offensichtlich vom mangelhaften Herdenschutz ablenken soll.“ Bevor die Herabstufung des Schutzstatus oder gar eine Änderung nationaler Naturschutzgesetze in Frage kämen, müsse die Weidetierhaltung weiter gestärkt werden, so dass Förderungen von Herdenschutzmaßnahmen angenommen und vor allem auch vollzogen werden. Denn noch immer fördern etliche Bundesländer – wie leider auch Nordrhein-Westfalen - keine laufenden Kosten für Zaunpflege und Herdenschutzhunde. Immer noch haben Schafzuchtverbände keine ausreichenden Informationskampagnen für mehr Herdenschutz gestartet. Da ist auf breiter Front viel Luft nach oben.
Christine Thiel-Bender, Artenschutzreferentin des BUND: „Basierend auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung werden vom Wolf verursachte Rissgeschehnisse in erster Linie durch die Qualität des Herdenschutzes bestimmt. Mit Blick auf die Biodiversitätskrise ist es völlig unverständlich, dass überhaupt diskutiert wird, ob eine Tierart, deren Bestände sich längst noch nicht erholt haben, „reguliert“ wird“. Schon jetzt seien zudem bereits praxistaugliche und auf wissenschaftlichen Fakten basierende Strategien zum Umgang mit auffälligen Wölfen bekannt. Und diese erforderten keine Gesetzesänderung, wohl aber eine sorgfältigere Prüfung als bisher, ob ein Wolf tatsächlich „auffällig“ ist. Hier sind einzelne Bundesländer bisher ihrer Sorgfaltspflicht nur unvollständig nachgekommen – die Quittung kam dann umgehend per Gericht.
Auch gibt es derzeit keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine Statusänderung des Wolfes in der Berner Konvention rechtfertigen würden. Hinzu kommt, dass die Förderung des Herdenschutzes von den Weidetierhalter*innen bisher weder im finanziellen Rahmen ausgeschöpft wurde, noch in dem Umfang betrieben wird, welcher bei der Anwesenheit des Wolfes vonnöten ist. Und das, obwohl auch unter den allermeisten Tierhalter*innen längst unstrittig ist, dass ein guter Herdenschutz das wirksamste Mittel ist, um Weidetierrisse zu vermeiden – auch Risse durch Hunde.
Ziel der nationalen wie internationalen Politik muss es nach Ansicht des BUND sein, Natur- und Artenschutz zu stärken, auf Fakten basierende politische Entscheidungen zu treffen und sich für den Erhalt und die Wiedererlangung der Biodiversität einzusetzen.
Weitere Informationen:
- zum Wolf in NRW: www.bund-nrw.de/themen/wolf/
- Praxisleitfaden Wolf: www.umweltministerkonferenz.de/umlbeschluesse/umlaufBericht2021_52.pdf