
Nordrhein-Westfalen steht vor großen Herausforderungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur. Mit 24 % versiegelter Fläche und einem Straßennetz von insgesamt 29.507 km zählt NRW zu den am dichtesten erschlossenen Bundesländern und zu den am meisten versiegeltesten Regionen in Europa. Das Straßennetz in Nordrhein-Westfalen besteht aus ca. 2.262 km Autobahnen, 4.411 km Bundesstraßen, 13.061 km Landesstraßen und 9.773 km Kreisstraßen. Seit 2021 ist neben dem Landesbetrieb für Straßenbau Straßen.NRW auch die Autobahn GmbH des Bundes für den Straßenaus- und -neubau zuständig. Die Planungs und Umsetzungszuständigekeiten verteilen sich dabei wie folgt: Autobahnen: Autobahn GmbH des Bundes; Bundes- und Landesstraßen: Straßen.NRW, Kreisstraßen: Kommunale Verantwortung.
Der Landesbetrieb Straßen.NRW betreut insgesamt 17.505 km des Streckennetzes und angesichts des alternden Zustands der Infrastruktur, gilt für den BUND ganz klar eine Priosrisierung der Erhaltungsmaßnahmen und keine neuen Straßenaus- und -Neubauprojekte mehr.
Landesstraßenbedarfsplanung
Während bei Bundesprojekten das Land nur die Entscheidung von Bundesregierung beeinflussen kann, ist das Land für die Planung der Landestraßen, Schienenprojekte im Regional- und Nahverkehr sowie Landeswasserstraßenvorhaben alleine verantwortlich. Die Regionalplanung in NRW ist dafür verantwortlich, räumliche Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen: Alle Verkehrsträger sollen gemeinsam ein effizientes und sicheres Gesamtverkehrssystem sowohl im Personenverkehr als auch im Güterverkehr bilden. Der Verkehrsinfrastrukturbedarfsplan legt das Investitionsvolumen für den ÖPNV (Schiene) und für Landesstraßen in NRW fest. Aktuell ist noch der Landesstraßenbedarfsplan seit 2007 in Kraft.
Der aktuelle Landesstraßenbedarfsplan fußt auf der Integrierten Gesamtverkehrsplanung Nordrhein-Westfalen (IGVP NRW) und unterteilt die Vorhaben in die Dringlichkeitsstufen 1 und 2* und 2. Dabei können die Stufen 1 und 2* bis einschließlich der Genehmigungsplanung geplant werden, die Vorhaben der Stufe 2 bis zur Linienbestimmung. Auf der Grundlage des Landesstraßenbedarfsplans stellt das Landesverkehrsministerium im Benehmen mit dem Verkehrsausschuss des Landtages das mittelfristige Programm, den Landesstraßenausbauplan, fest. Der Landesstraßenausbauplan umfasst die Bauabsichten des Landes für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Aus dem Ausbauplan werden jährlich die Vorhaben ausgewählt, für die Haushaltmittel bereitgestellt werden. Diese Projekte werden im Straßenbauprogramm veranschlagt und somit Bestandteil des Landeshaushaltsgesetzes. Sobald das Baurecht vorliegt und die Aufnahme in den Straßenbauplan erfolgt ist, kann das Bauvorhaben umgesetzt werden. Der Landesbetrieb Straßen NRW ist im Falle der Landesstraßenplanung zuständig.
In dieser Legislaturperiode steht eine Neuaufstellung des Landesbedarfsplans, sowohl für die Schiene, als auch für die Straße und erstmalig auch für Radschnellwege an. Diese Neuaufstellung bietet die Chance, nachhaltige Mobilitätslösungen zu priorisieren. Die Neuaufstellung der Landesstraßenbedarfsplanung läuft vorraussichtlich bis 2026 und erfolgt in mehreren Schritten. Ab Mitte 2024 konnten Kommunen und Zweckverbände neue Maßnahmen anmelden. Diese angemeldeten Maßnahmen sind nun beim Ministerium eingegangen. Im Anschluss erfolgt bis 2026 eine umfassende Bewertung der Projekte unter ökologischen, wirtschaftlichen und verkehrlichen Gesichtspunkten. Ein zentrales Element ist der Vergleich mit den Bedarfsprognosen, welche auf den Ergebnissen des Landesverkehrsmodells 2035 beruhen.
Wir haben mehrere Kritikpunkte an der Aufstellung der Bedarfspläne. Bis jetzt waren die Pläne nicht an Zielsetzungen ausgerichtet, sondern bestanden aus unrealistisch vielen Wunschprojekten ohne Zusammenhang. Unsere Befürchtung ist, dass auch dieses Mal eine "Wünsch-dir-was" Liste der Kommunen entsteht, die weder finanziell noch zeittechnisch realisierbar sind. Angeblich soll genau das durch den Vergleich mit dem Landesverkehrsmodell verhindert werden. Bis jetzt sehen wir allerdings nur die von den Bezirksregierung angemeldeten Projekte. Und da, wie sollte es anders sein, haben viele Kommunen seitenweise neue Straßenprojekte und unnötige Ortsumgehungen eingereicht.

Neue Straßen führen zu mehr Flächenversiegelung, fördern den Individualverkehr, zerschneiden Lebensräume und verdrängen nachhaltige Investitionen. Der BUND fordert daher einen Kurswechsel:
- Priorisierung von Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen bestehender Infrastrukturen gegenüber Neubauvorhaben.
- Entwicklung eines integrierten Landesmobilitätskonzepts mit dem Ziel einer Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger, insbesondere die Schiene sowie den Rad- Und Fußverkehr.
- Konsequente Berücksichtigung von Natur- und Artenschutz bei allen Planungsvorhaben, insbesondere den Schutz von NATURA 2000-Gebieten und des Biotopverbunds
- Frühzeitige und tiefere Beteiligung von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft
- Eine umfassende Neubewertung und -Gestaltung der Bedarfspläne auf Bundes- und Landesebene, unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, insbesondere im Hinblick auf die Klima- und Biodiversitätskrise und veränderte Mobilitätsmuster
- Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und Ausbau der Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur als Alternativen zum motorisierten Individualverkehr.