BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Verbändestellungnahme zum Braunkohleplan Hambach

22. Dezember 2023 | Braunkohle, Hambach

BUND, LNU und NABU fordern Nachbesserungen

Die Naturschutzverbände fordern Bereiche für den Schutz der Natur (BSN) innerhalb der Abbaugrenzen des Tagebaus Hambach. Die Naturschutzverbände fordern Bereiche für den Schutz der Natur (BSN) innerhalb der Abbaugrenzen des Tagebaus Hambach.

Im Verfahren zur Änderung des Braunkohleplans Hambach haben die Naturschutzverbände BUND, LNU und NABU fristgerecht ihre Stellungnahme eingereicht. Darin kritisieren sie insbesondere die unzureichende Berücksichtigung von Naturschutzbelangen und fordern bessere Festlegungen zur Bewältigung der wasserwirtschaftlichen Tagebaufolgen.

Naturschutz

Nach Ansicht der Naturschutzverbände fehlen im Braunkohlenplan Festlegungen zur dauerhaften Sicherung der schon jetzt im Geltungsbereich des Braunkohleplans aus Naturschutzsicht wertvollen Flächen (z.B. auf der Sophienhöhe). Auch mangelt es an einer inhaltlichen Verzahnung des in Aufstellung befindlichen Regionalplans Köln und der Braunkohlenplanung. Die vorgeschlagenen Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) sollten sich von der rekultivierten Sophienhöhe ausgehend zu einem als BSN darzustellenden Biotopverbund um den Restsee herum erstrecken. Eine Integration in das von BUND, LNU und NABU entwickelten revierweite Biotopverbundsystem ist unerlässlich.

Dabei ist der Biotopverbund zwischen dem Hambacher Wald und der Steinheide für die Naturschutzverbände von ausschlaggebender Bedeutung. Insbesondere die nachgewiesenen Flüge der im Hambacher Wald beheimateten Bechsteinfledermäuse in die Steinheide entlang der vorhandenen Biotopverbundlinien und bedeutsamen Nahrungsgebiete zeigen, wie wichtig der Erhalt dieser ökologischen Verbindungen ist.  Das ist auch rechtlich geboten:  Da die Restflächen des Hambacher Waldes ein potenzielles FFH-Gebiet sind, besteht zwischen dem Hambacher Wald und dem ausgewiesenen FFH-Gebiet Steinheide eine Funktionsbeziehung als Teil des kohärenten Netzwerkes NATURA 2000, das es zu schützen und zu entwickeln gilt.

Manheimer Bucht

Damit aber stehen die Pläne zur Massengewinnung in der so gen. Manheimer Bucht im Widerspruch. Eine bergbauliche Inanspruchnahme der heute bestehenden Verbundflächen, aber auch des offenbar bedeutenden Jagdgebietes am Manheimer Sportplatz ist aus Naturschutzsicht abzulehnen, denn dadurch würden die Bechsteinfledermäuse jeden Biotopverbund zwischen dem Hambacher Wald und Steinheide verlieren. Bechsteinfledermäuse sind auf solche Biotopverbundstrukturen  sehr stark angewiesen und können nur schwer und langfristig neue Biotopverbund-Wege finden und nutzen. Die Beseitigung der heute bestehenden und angenommenen Biotopverbundstrukturen würde also eine schwerwiegende Beeinträchtigung des NATUA 2000-Netzwerkes darstellen. 

Deshalb stellen die Naturschutzverbände die Manheimer Bucht bzw. ihre Größe weiterhin in Frage. Sie kritisieren, dass alternative Lösungen zur Verringerung der Nutzung des Materials aus der Manheimer Bucht, wie z.B. die Nutzung von Material, das auf der überhöhten Innenkippe aufgebracht wurde und weiterhin wird, aus Kostengründen nicht rechtzeitig und nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wurden.

Erschwerend kommt hinzu, dass noch immer in den Grenzen des Braunkohleplans im großen Stil Kies und Sand gewonnen und nach außerhalb verkauft wird. Die Verbände fordern deshalb ein Ziel zu verankern, dass den Verkauf nichtenergetischer Bodenschätze an externe Nutzer untersagt. Die gewonnenen Materialien müssten ausschließlich für die Gestaltung der Böschungen im Tagebau Hambach.

Wasserwirtschaft

Die durch die Sulfatisierung verschiedener Grundwasserleiter entstehende Belastung des Grundwassers stellt für Jahrzehnte nach Tagebauende ein großes Problem bei der gesicherten Trinkwasserversorgung der Bevölkerung und der Gewerbetreibenden dar. Zur Sicherstellung der Finanzierung etwaiger zurzeit nicht absehbarer Folgewirkungen der Befüllung des Tagebausees und des entstehenden Abstroms in die Grundwasserleiter fordern die Naturschutzverbände daher einen Langzeitlastenfonds durch vertragliche Regelungen zwischen Bergbautreibender und dem Land NRW aufzulegen für einen Zeitraum bis mindestens 2200.

Alles verwendbare Wasser aus der nachlaufenden Sümpfung zur Böschungsstabilisierung des Tagebaus sollte nicht in den ansteigenden See eingeleitet werden, sondern über die bisherigen Ableitungssysteme Richtung Erft und Rur in die ansonsten trockenfallenden Oberflächengewässer (Gillbach, Finkelbach, Licher Bach und andere). Auch die anhaltende Speisung der verschiedenen Feuchtgebiete und Biotope entlang des Erftsystems ist unabdingbar.

Die Naturschutzverbände halten es für dringend erforderlich, ein Kontrollsystem einzuführen und dieses auch im Braunkohleplanentwurf Hambach festzulegen, dass sicherstellt, dass das zur Befüllung des geplanten Restsees eingeleitete Rheinwasser ausreichende Qualitäten besitzt, um es dem See und dem Grundwasser zuführen zu können. Es muss sichergestellt werden, dass keine problematischen Schadstoffe in den Tagebausee und damit die Grundwasserkörper gelangen. Auch „Plan B“ für den Fall, dass die Befüllung wesentlich länger dauert, weil wegen niedriger Rheinwasserstände nicht genügend Rheinwasser eingespeist werden kann, muss entwickelt werden.

Schon vor Befüllung des Tagebauloches ist ein umfassendes Monitoringkonzept für den Restsee Hambach zu erstellen. Dieses muss ab dem Start der Befüllung vorliegen und die Monitoringstruktur eingerichtet sein. Die Entwicklung des Sees ist aufgrund im Monitoringkonzept festgelegter Kriterien und Messparameter zu überwachen und zu steuern.

Restseegestaltung

Zu Erholungs- und Freizeitzwecken sollen gemäß Planentwurf zahlreiche Seezugänge errichtet werden. Zusätzlich zu Wander- und Radwegen ist auch die Rede von verschiedenen Was-serzugängen. Neben „städtebaulicher In-Wertsetzung“ in der Böschung vor Elsdorf werden auch große Potentialflächen für Erneuerbare Energien aufgezeigt, einzelne Bereiche auch für “Extensive Nutzung“, Ökologische Vorrangzonen und ein mögliches „großflächiges Beweidungskonzept“ am see-seitigen Fuß der Sophienhöhe.

Die Naturschutzverbände sehen diesbezüglich große Interessenkonflikte zwischen ökologischen Vorrangzonen, extensiver Nutzung einschließlich Beweidung und den Konkurrenten Freizeitnutzung und Erneuerbaren Energien. Auch die städtebauliche In-Wertsetzung kollidiert hier bereichsweise. Es sind deshalb klare Vorgaben seitens des geänderten Braunkohlenplans erforderlich.

Infrastruktur

Die Naturschutzverbände sehen keinen Bedarf für die zeichnerische und textliche Darstellung einer L 276 zwischen Niederzier und Elsdorf. Zunächst ist dieses Projekt nicht Bestandteil des gültigen Landesstraßenausbauplans. Es müssen auch Bedenken angemeldet werden, ob es heute noch einen rechtsgültigen Bedarf für ein solches Projekt gibt. Jedenfalls ist der Bedarf für eine solche Straßenverbindung durch keinerlei Untersuchung so konkretisiert, dass sich die Straßenbau-Notwenigkeit gegenüber den diversen Schutzgütern, die durch eine solche Straßenplanung beeinträchtigt würden, du rchsetzen könnte. Insbesondere liegt keinerlei Verkehrs-Untersuchung vor.

Mit Sorge sehen die Naturschutzverbände die schleichende Entwertung der Sophienhöhe. Sowohl die Anlage eines Besucherzentrums, als auch dessen Anbindung an den motorisierten Verkehr ist unvereinbar mit der dort vorzusehenden stillen Erholung. Die Sophienhöhe weist bereits heute ein hohes ökologisches Potential aus, das durch zahlreiche bemerkenswerte Funde von Tier- und Pflanzenarten belegt ist. Der Gesamtbereich ist auch ein wichtiges Naherholungsgebiet, das als solches erhalten werden sollte.

Eine Straßenanbindung widerspricht dem völlig. Ebenso ist ein Besucherzentrum abzulehnen. Die Sophienhöhe sollte, ebenso wie die „Goldene Aue“ nur für Radfahrer und Wanderer erschlossen werden.

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