BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Hambach-Klagen vorerst erfolglos

12. März 2019 | Braunkohle, Energiewende, Hambach, Kohle

Aber: Urteil wahrscheinlich folgenlos für den Wald

Das BUND-Gerichtsteam: Dr. Matthias Schreiber, Dr. Thomas Krämerkämper, Dirk Jansen, Dirk Teßmer [Foto: Adalbert Niemeyer-Lüllwitz]

Am 12. März hat das Verwaltungsgericht Köln nach mehrstündiger mündlicher Erörterung drei Klagen des BUND NRW im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Braunkohlentagebaus Hambach abgewiesen. Zuvor hatte der Kohlekonzern zwei Vergleichsvorschläge des Gerichts kategorisch abgelehnt. An der Situation im Hambacher Wald ändert das indessen nichts: Bis auf weiteres darf im Hambacher Wald nicht gerodet werden.

Mit seinen Klagen richtet sich der BUND zum einen gegen die Zulassung des Hauptbetriebsplans für die Fortführung des Braunkohlentagebaus Hambach im Zeitraum vom 1. April 2018 bis zum 31. Dezember 2020 und zum anderen gegen die Grundabtretung (Enteignung) seines Grundstücks im unmittelbaren Tagebauvorfeld.

RWE verweigert sich Vergleichsvorschlägen

Zu Beginn der mündlichen Verhandlungen schlug die Kammer den Beteiligten eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits vor und erörterte ausführlich die rechtlichen Hintergründe, die für eine solche Lösung sprächen. Der Vorsitzende Richter Maurer legte dar, dass es unwahrscheinlich sei,  vor Ablauf des derzeitigen Hauptbetriebsplans  eine bestandskräftige Entscheidung in der Rechtssache herbeizuführen . Bis dahin sei zudem mit einer neuen Leitentscheidung der Landesregierung zu rechnen, die sich ja bereits für den Erhalt des Hambacher Waldes ausgesprochen habe. Letztendlich müsse der Gesetzgeber entscheiden.  Insofern hätte ein klageabweisendes Urteil faktisch keine Auswirkungen.

Die Kammer schlug daraufhin zwei Varianten für eine „unstreitige Erledigung“ vor.

Variante 1 sah vor, dass RWE verbindlich zusagt, den Tagebau nur bis zu einer näher zu definierenden Linie X fortzuführen und damit absehbar schneller aus der Braunkohleförderung auszusteigen. Im Gegenzug sollte der BUND seine Klagen zurückziehen.

Variante 2 hatte zum Inhalt,  dass sich die RWE Power AG bereit erklären sollte, bis zum Ablauf des Hauptbetriebsplans (Ende des Jahres 2020) keine Rodungen des Hambacher Forsts durchzuführen. Da Vertreter der RWE Power AG bereits an anderen Stellen öffentlich zugesagt hatten, bis Ende September 2020 keine Rodungen vorzunehmen, gehe es vorliegend noch um die Monate Oktober bis Dezember 2020. Ab Januar 2021 habe der streitgegenständliche Hauptbetriebsplan ohnehin keine Wirkungen mehr. Hinsichtlich der in Streit stehenden Grundabtretung sollte das beklagte Land zusichern, den Grundabtretungsbeschluss aufzuheben, wenn die Zulassung des 3. Rahmenbetriebsplans, der derzeit beim OVG NRW anhängig ist, aufgehoben werde. Im Gegenzug sollte der BUND NRW e.V. seine Klagen nicht fortführen. In diesem Vergleichsvorschlag sah die Kammer die Möglichkeit, den Streit im und um den Wald jedenfalls für die nächsten 21 Monate zu befrieden.

Während der BUND Zustimmung für die Variante 1 bekundete und dem Grunde nach auch eine einvernehmliche Möglichkeit zur Ausgestaltung der Variante 2 sah, lehnte  RWE Power die Vorschläge rundweg ab. Das beklagte Land NRW zeigte wenig Engagement für eine Verhandlungslösung. Der Vertreter des Landes signalisierte zwar, dass sie einer einvernehmlichen Lösung gemäß Variante 2 nicht im Wege stehen würde, lehnten Variante 1 aber ebenso wie RWE  Power ab.

Daher musste die Kammer nun über die Klagen in der Sache entscheiden.

Gericht folgt BUND-Argumentation nicht

Im Wesentlichen geht es bei der Klage gegen den Hauptbetriebsplan um die Frage, ob der Hambacher Wald auch noch 2018 wegen der im Jahre 2005 entdeckten herausragenden Bechstein-Fledermauspopulation und der (eigentlich) geschützten Lebensraumtypen für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Dem wollte die Kammer nicht folgen, weil das Meldeverfahren für Natura 2000 seit vielen Jahren grundsätzlich abgeschlossen sei. Eine Nachmeldepflicht bestehe deshalb nicht.

Diese Ausführungen bleiben für den BUND nicht nachvollziehbar. Nachträgliche Gebietsmeldungen für das Natura 2000-Netz sind in der FFH-Richtlinie explizit vorgesehen und finden auch regelmäßig statt.  Das spät entdeckte Bechstein-Fledermausvorkommen hätte einen solchen Meldeprozess nach den Regularien des Landes NRW auslösen müssen. Dies auch, weil die Bechstein-Fledermaus-Wochenstuben im Hambacher Wald wegen der hohen Individuenzahl und des noch immer hervorragenden Erhaltungszustandes im Vergleich mit anderen Vorkommen in Natura 2000-Gebieten höchstrangig sind.

(14 K 3037/18)

Grundabtretung und vorzeitige Besitzeinweisung

Auch die Klagen gegen die Grundabtretung und vorzeitige Besitzeinweisung wies das Gericht ab. Diese seien in der Sache nicht zu beanstanden.

Der BUND hatte im Wesentlichen angeführt, dass die Zwangsenteignung wegen fehlender Gründe des Allgemeinwohls unzulässig sei. Die unter dem Grundstück liegende Braunkohle sei zur Sicherung der Energieversorgung nicht notwendig und viele weiteren öffentlichen Interessen wie der Klima-, Grundwasser- und Naturschutz stünden dem Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum entgegen.

Die Kammer argumentierte hingegen, dass die Enteignung und vorzeitige Besitzeinweisung durch ein hinreichend gewichtiges Gemeinwohlziel, nämlich die Sicherung der Energieversorgung, gerechtfertigt seien. Es komme rechtlich nicht darauf an, ob die Energieversorgung auch ohne Braunkohle möglich ist. Zudem hätten sich Gesetzgeber und Exekutive aktuell noch für einen Energiemix unter Einbeziehung von Braunkohle entschieden.

(14 K 4496/18, 14 K 6238/18)

BUND will Berufung

Mit der kategorischen Ablehnung eines Vergleichsvorschlags hat RWE nach Auffassung des BUND dokumentiert, dass dem Konzern am Rechtsfrieden offenbar nichts gelegen ist. Auch der soziale Frieden in der Region und im Hambacher Wald rückt damit nicht näher. Eine verpasste Chance.

So bleibt vorerst nur der Gang durch die Instanzen. Der BUND kann die vom Gericht vertretenen Rechtsauffassungen und Begründungen nicht nachvollziehen und wird deshalb Anträge auf Zulassung der Berufung stellen.

Letztendlich aber ist klar: Es müssen jetzt die politischen Entscheidungen getroffen werden, um RWE Einhalt zu gebieten. Die Bundesregierung muss den Kohle-Kompromiss rasch umsetzen und im ersten Schritt drei Gigawatt Braunkohle bei RWE stilllegen. Dann können der Hambacher Wald und die von den Tagebauen bedrohten Dörfer gerettet werden. Das zu regeln, ist die Verantwortung der NRW-Landesregierung.

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