Dem Rhein und seinem Einzugsgebiet geht es schlecht. Laut der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) sind zurzeit nur 10 Prozent der Wasserkörper in einem guten Zustand; etwas weniger als die Hälfte wurde mäßig und die restlichen schlechter bewertet. Im Rheinhauptstrom wurden 79 Prozent der Wasserkörper als mäßig und 21 Prozent als unbefriedigend eingestuft. Das ist das Ergebnis einer langen Geschichte der Überformung, Beeinträchtigung und Nutzung unseres „Vaters Rhein“.
Im großen Stil begonnen hat dies mit den ersten Flussbegradigungen durch Johann Gottfried Tulla ab 1817. Auch danach gingen die Bauarbeiten weiter – bis der Rhein ein vollkanalisierter kommerzieller Wasserweg war, mit Staustufen, gigantischen Industriehäfen und Wasserkraftwerken. Das Städtewachstum entlang der Lebensader Rhein und die intensive Landwirtschaft taten ihr Übriges. Weitgehend auf der Strecke blieben die Auwälder, Sümpfe und Feuchtwiesen am Rhein. Die Sandoz-Katastrophe 1986 gab dann dem Leben im Rhein den Rest. Seitdem hat sich viel zum Positiven hin getan, aber der Rhein ist weiterhin ein Problemfall.
Europas wichtigste Binnenwasserstraße
Der Rhein ist heute Europas wichtigste Binnenwasserstraße, eingepfercht und weitgehend kanalisiert zwischen Beton und aufgestapelten Steinen. Er ist Abwasserkanal, dient zur Kühlung von Kraftwerken und Industriebetrieben, wird zur Energieerzeugung genutzt und soll bald auch die gigantischen Restlöcher der Braunkohlentagebaue Hambach und Garzweiler jahrzehntelang mit Wasser füllen. Er liefert aber auch Trinkwasser für Millionen Menschen, ist Freizeitraum und trotz allem auch noch ein wichtiges Ökosystem.
Seit Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist indes auch klar: Auch der Rhein muss bis spätestens 2027 einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen, zudem gilt ein Verschlechterungsverbot und ein Verbesserungsgebot. Das heißt: Es müssen auch die ökologische Durchgängigkeit des Gewässers wiederhergestellt und die Habitatvielfalt erhöht werden. An diesen Zielen müssen sich alle potenziellen Eingriffe messen lassen – und auch alle Maßnahmen der Binnenschifffahrt zur Abladeoptimierung müssen damit in Einklang stehen.
Die Binnenschifffahrt gilt als umweltfreundlicher Verkehrsträger. Das mag zwar in Bezug auf die CO2-Bilanz beim Gütertransport stimmen, gleichwohl stößt die überwiegend veraltete Flotte große Mengen Feinstaub und Stickstoffdioxid aus. Emissionsarme oder gar emissionsfreie Antriebe sind die Ausnahme. Umstrittene Hafenausbauprojekte wie der Reisholzer Hafen in Düsseldorf sorgen für weitere Debatten. Vor allem werden aber in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels und immer häufigerer Niedrigwasserphasen die Rufe immer lauter, die Fahrrinne des Rheins zu optimieren. Das ist ökologisch höchst umstritten. Der BUND fordert daher, die Schiffe an den Fluss anzupassen - und nicht umgekehrt. Niedrigwassergängige Schiffstypen sollten deshalb viel stärker gefördert werden. Gleiches gilt für klimaneutrale Antriebe. Dass dies ein große Herausforderung vor allem für die vielen selbstständigen Schiffseigentümer (Partikuliere) darstellt, ist klar.
KlimaDiskurs.NRW - der Podcast
Welche Entwicklungen haben wir bei fortschreitendem Klimawandel zu erwarten? Welche Rolle soll der Rhein als Verkehrsader spielen? Und was ist zu tun, um den Rhein als Natur zu schützen und zu entwickeln? Das sind auch Fragen, mit denen sich der KlimaDiskurs.NRW in seinem aktuellen Podcast beschäftigt. In der Folge unter dem Titel ,Zukunft Rhein – alles fließt?‘ diskutieren Dr. Ute Müller-Eisen (Covestro) und Dirk Jansen (BUND NRW) die Perspektiven der chemischen Industrie und des Naturschutzverbands, moderiert von KlimaDiskurs.NRW-Geschäftsführer Ingo Wagner.