Die Nutzung von Biomasse ist aus Sicht des BUND ein wichtiger Baustein im Mix der erneuerbaren Energien und kann hier eine gute Ergänzung insbesondere zur Wind- und Solarenergie darstellen. Ihr großer Vorteil liegt in der Grundlastfähigkeit. Sinnvoll eingesetzt, trägt die Biomasse zum Klimaschutz bei, stärkt regionale Wirtschaftskreisläufe und eine dezentrale Energieversorgung und bringt Landwirten ein zusätzliches Einkommen.
Doch ‚Biomasse’ ist nicht immer ‚bio’: Werden intensiv und großflächig z.B. Mais, Raps oder Zuckerrüben zur Belieferung von Biogasanlagen oder zur Verarbeitung zu Agro-Sprit angebaut, gefährdet dies die Artenvielfalt und setzt bei Anbau, Transport und Verarbeitung neue klimaschädliche Gase frei. Da Ackerflächen nicht beliebig vermehrbar sind, entstehen zudem massive Konkurrenzen zum Anbau von Lebens- und Futtermitteln und zum Naturschutz.
In Nordrhein-Westfalen liefert die Bioenergie mit etwa 6 Milliarden Kilowattstunden Strom etwa 3,4% der nordrhein-westfälischen Bruttostromerzeugung. Ihr Anteil an der regenerativ erzeugten Strommenge lag 2013 bei 40% und damit noch vor der Windenergie (33 %). Auch im Bereich der regenerativ erzeugten Wärme nimmt die Biomasse den Spitzenplatz ein. So entsprachen die in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2013 produzierten10,3 Milliarden Kilowattstunden einem Anteil von 83% an der gesamten aus Erneuerbaren Energien erzeugten Wärmemenge. Insgesamt waren 2013 rund 6.600 Menschen allein im Anlagenbau für die Biobranche tätig; der diesbezügliche Umsatz lag bei 1,06 Mrd. Euro (Quelle: EnergieDaten.NRW 2014).
Im Bereich der landwirtschaftlichen Biogasanlagen waren Ende 2015 etwa 623 Anlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von 295 Megawatt in Betrieb. Knapp 30.000 Haushalte in NRW heizen mit Holzpellets. (Quelle: EnergieAgentur NRW).
Biogas mit Augenmaß - bäuerlich und dezentral
Die Erzeugung von Biogas - treffender ist die Bezeichnung 'Agrogas' - ist ein wichtiger Baustein im Mix der erneuerbaren Energien. Sie muss dabei jedoch klaren energiewirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Kriterien folgen, ebenso muss sie dezentral erfolgen und in möglichst geschlossene landwirtschaftliche Betriebskreisläufe eingebunden sein. Es gilt eine bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten, in der Bauern nicht in die Rolle des billigen Rohstofflieferanten gedrängt werden, sondern die Wertschöpfung auf dem Lande verbleibt. Fehlentwicklungen in einigen Regionen NRWs, so beim Maisanteil oder den Pachtpreisen, sind eine deutliche Mahnung.
Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist in den letzten zehn Jahren erheblich gewachsen, aktuell stagniert sie. Am Jahresende 2015 waren in Nordrhein-Westfalen 623 Anlagen in Betrieb. Ihre Zahl hat sich damit in NRW seit dem Jahr 2005 (176 Anlagen) mehr als verdreifacht. Die meisten Anlagen werden in den Kreisen Borken (85), Kleve (41), Minden-Lübbecke (40) und Coesfeld (38) betrieben (Quelle: Landwirtschaftskammer NRW). Für manche Landwirte sind sie zu einer wichtigen Einkommensquelle geworden. Zunehmend haben in den letzten Jahren auch Nicht-Landwirte den Markt entdeckt und werden die Anlagen immer größer.
Doch mit dem rasanten Anstieg gehen gravierende Konflikte einher, denn die landwirtschaftliche Fläche ist begrenzt. Der Biogas-Boom hat die Pachtpreise für Ackerflächen ansteigen lassen und den Anbau weiter intensiviert. Dies gilt insbesondere für den Anbau von Mais.
'Vermaisung' der Landschaft?
Der größte Teil des in Deutschland angebauten Maises geht in die Tierfütterung, ein kleinerer, jedoch stark anwachsender Teil in Biogasanlagen. Im Jahr 2011 diente nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 28% der Maisanbaufläche der 'Fütterung' von Biogasanlagen und 72% der Fütterung von Tieren und anderen Zwecken. Dort, wo die Maisanbaufläche unverträglich hoch ist, beruht dieses maßgeblich auf einer starken Nachfrage aus der Intensivtierhaltung und wird diese Situation durch den Boom der Biogasanlagen noch zusätzlich verschärft.
Wohin dieses führen kann, zeigt die Entwicklung der Maisanbaufläche in Deutschland: Allein von 2005 (1,74 Mio ha) bis 2013 (2,5 Mio ha) gab es bundesweit einen Zuwachs von rd. 43 % und wurde von Jahr zu Jahr stets ein neuer 'Flächenrekord' erreicht. Erheblichen Anteil hieran - wenngleich regional unterschiedlich - hat der Anbau von Silomais.
In NRW erfolgte in den 10 Jahren von 2002 - 2012 eine Ausweitung der Maisanbaufläche um 41 %.
BUND: Erzeugung vorrangig aus Reststoffen
Vorrang bei der Gewinnung von Agrogas hat die Verwertung schadstofffreier Reststoffe wie z.B. Pflanzenabfälle aus Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung oder aus der Landschaftspflege (z.B. Schnittgut). Beim Anbau gilt es Mindeststandards zu wahren, so u.a. eine mindestens 3-gliedrige Fruchtfolge, max. 1/3 Maisanteil an der genutzten Ackerfläche, der Ausschluss genmanipulierter Pflanzen und der Verzicht auf chemisch-synthetische Spritz- und Düngemittel. Es gilt, den Fokus weg vom Mais hin zu blütenreichen Pflanzen und Mischkulturen zu richten. Dieses fördert die Artenvielfalt und verbessert gleichzeitig das Landschaftsbild.