BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Energiegenossenschaften

Die Energiewende bedarf eines gesellschaftspolitischen Prozesses, da ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge gänzlich neu strukturiert werden muss, hin von bisher weitgehend zentralen Strukturen zu dezentralen, regionalen und lokalen Netzen. Das ist nicht ohne aktives Engagement der Bürger und Bürgerinnen zu leisten.

Die Wirtschaftsform der Bürgerenergiegenossenschaft zeigt exemplarisch die Vorteile dezentraler Strukturen im Energiebereich auf: Es sind Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz vor Ort ohne weiteres möglich. Dadurch wird ein enger Bezug zur Region geschaffen, die Akzeptanz für die Vorhaben in der Bevölkerung kann beträchtlich zunehmen. Energiedienstleistungen grundsätzlich aller Art können bedarfsgerecht bereitgestellt werden. Ein hoher Grad der Mitbestimmung ist gewährleistet. Es können lokale und regionale Handwerker*innen, Planer*innen, Berater*innen und Unternehmen beschäftigt werden, was die regionale Wirtschaft stärkt.

Auch Projekte mit relativ hohen Investitionssummen können realisiert werden. Wichtig sind auch das dauerhaft gewährleistete Engagement und – bei Genossenschaften – die relative Insolvenzsicherheit. Genossenschaften müssen zudem nicht auf möglichst hohe Rendite ausgerichtet werden, sie können sich ehr geizige Einsparziele setzen und dennoch wirtschaft lich arbeiten. Der Zugang zu Krediten und Finanzierungen ist relativ einfach. Auch der ländliche Raum ist nicht ausgeschlossen, im Gegenteil sind gerade hier hohe Potenziale sowohl an erneuerbaren Energien als auch an Energieeffizienz vorhanden. Insgesamt können somit Bürgerenergiegenossenschaften mit ihren Projekten den Kern einer regionalen und dezentralen  Energieversorgung bilden, was auf der überörtlichen Ebene Netzinfrastruktur in erheblichem Umfang überflüssig machen würde.

Energiegenossenschaft in Lemgo

 Dieter Attig (rechts) und Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo. [Foto: BUND Lemgo] Dieter Attig (rechts) und Willi Hennebrüder vom BUND Lemgo. [Foto: BUND Lemgo]

Die "Energiewende von unten" ist ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Um den stockenden Ausbau der erneuerbaren Energien voran zu bringen, haben jetzt BUND-Aktive um  Dieter Attig die 'Genossenschaft Umweltinitiative Lemgo/Lippe e.G.' gegründet. Ziel ist die Standortsuche und Realisierung von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie. Binnen kurzer Zeit traten schon 40 Personen der Genossenschaft bei, viele von ihnen auch BUND-Mitglieder. Ein Beispiel, das Schule machen sollte.

BUND-Aktivist Willi Hennebrüder fragte Dieter Attig nach seinen Beweggründung für die Gründung der Energiegenossenschaft:

BUND Lippe: Herr Dr. Attig, Sie sind Hauptinitiator für die Gründung der Umweltinitiative Lemgo/Lippe e.G.. Was ist Ihre Motivation dazu?

Dr. Dieter Attig: „Die Bedeutung des Klimawandels wird immer mehr Menschen bewusst. Ein Blick in die lippischen Wälder, Trockenperioden und Starkniederschläge mit volllaufenden Kellern offenbaren die Folgen der globalen Erwärmung vor der eigenen Haustüre. Nach den Voraussagen der Klimaforscher ist dies erst der Anfang einer unheilvollen Entwicklung.

BUND Lippe: Das Bundesverfassungsgericht hat auf Initiative junger Menschen die Politik nun dazu verpflichtet mehr gegen den Klimawandel zu unternehmen. Reicht dies nicht?

Dr. Dieter Attig: Die Verantwortung für wegweisende Entscheidungen liegt zwar in politischer Hand. Aber es ist traurig, dass junge Menschen vor Gericht erstreiten müssen, damit die Politik das umsetzt, was sie durch Amtseid zugesagt hat. Das Urteil bedeutet aber auch eine Art gelbe Karte für Eltern und Großeltern. Sie sollen mit dafür sorgen, dass Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Zukunft haben. Deshalb sollte jeder seinen Beitrag für das Klima leisten. Neben Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudebereich steht die Errichtung von Wind- und Solaranlagen zur Erzeugung von Energie an vorderster Stelle.

BUND Lippe: Was sind nun die konkreten Ziele der Genossenschaft?

Dr. Dieter Attig: Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien in Lemgo und Lippe voranbringen und möglichst bald eine 100 %ige Stromversorgung aus selbst erzeugten erneuerbaren Energien in ganz Lippe erreichen. Die Anlagen brauchen dabei die Akzeptanz der Bevölkerung und die Bereitstellung von Kapital. Aus beiden Gründen sind örtliche Energiegenossenschaften ein ganz wichtiger Baustein der Energiewende. Hier werden die Genossenschaftsmitglieder an den Erträgen beteiligt und die Gewerbesteuer bleibt vor Ort.

BUND Lippe: Sie setzen mit dieser Idee der regionalen Erzeugung, Vermarktung und Bürgerbeteiligung ein Projekt um, dass der BUND seit langem fordert.

Dr. Dieter Attig: Als langjähriges BUND-Mitglied kann ich diese Forderungen nur unterstützen, und durch die neue Genossenschaft ist dies ein Beitrag zur Erreichung des Ziels. 

BUND Lippe: Muss die Energieeinsparung nicht ebenso einen hohen Stellenwert haben?

Dr. Dieter Attig: Natürlich, sonst sind die Ziele beim Klimaschutz nicht erreichbar, aber hier ist vor allem die öffentliche Hand gefordert die Beratung von Bürgern und Unternehmen massiv auszubauen und selbst mit gutem Beispiel voranzugehen.

BUND Lippe: Herr Dr. Attig, wir danken für dieses Gespräch und wünschen der Bürgerenergiegenossenschaft Erfolg und werden diese nach unseren Möglichkeiten auch unterstützen.

 

Kontakt:
Umweltinitiative Lemgo/Lippe eG (UIL), Energiepark 2, 32694 Dörentrup, Tel.: 05265 9450612 Email: info(at)umweltinitiative-lemgo.de

Zur Person:
Dr. Dieter Attig, wohnhaft in Lemgo, befindet sich im Unruhestand. Er war u.a. Leiter der Stadtwerke Lemgo und der Stadtwerke Aachen. Er gilt als Meinungsbildner und Visionär in Sachen Klimawandel und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien.

 

Mehr Infos:

BUNDhintergrund: "Entfesselt die Erneuerbaren Energien"

BUNDposition Nr. 66: "Konzept für eine zukunftsfähige Energieversorgung

 

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