Kraftwerksprotest kommt in Schwung
Am Freitag (24. Januar)versammelten sich bis zu 600 Menschen in Datteln zum Protestmarsch gegen das seit mehr als einem Jahrzehnt umstrittene Uniper-Kraftwerksvorhaben Datteln 4. Zum Protest aufgerufen hatten verschieden Ortsgruppen von Fridays for Future und der BUND.
"Das Kraftwerk ist eine einzige in Beton und Stahl gegossene Provokation", sagte BUND NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen in seiner Demo-Rede. "Den Kohleausstieg ausgerechnet mit der Inbetriebnahme eines neuen Kohlemeilers zu beginnen, ist absurd und ein eklatanter Verstoß gegen die Empfehlungen der Kohle-Kommission." Seit 2007 kämpft der BUND gegen das Kraftwerksvorhaben. Aufgrund der Klagen des Umweltverbandes und von Anwohnern wurde das Projekt schon mehrfach gestoppt. Auch jetzt verfügt das Kraftwerk wegen der anhängigen Klagen des BUND und von Anwohnern nicht über eine rechtskräftige Genehmigung.
Neben verschiedenen Umweltverstößen kritisiert der BUND, dass der Kohlemeiler - anders als von Ministerpräsident Armin Laschet unbeeindruckt von den Fakten ständig wiederholten gegenteiligen Behauptung - zu zusätzlichen CO2-Emissionen führen würde. "Ginge das Kraftwerk im Sommer ans Netz, wären damit bei einer unterstellten Laufzeit bis 2038 Mehremissionen von 50 bis 70 Millionen Tonnen Kohlendioxid verbunden", sagt der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper. Dies ergebe sich daraus, dass die vorgeschlagene Abschaltung aller anderen Uniper-Steinkohlenkraftwerke wegen deren geringer tatsächlichen Auslastung von gerade einmal 20 Prozent im Jahr 2019 zur Kompensation nicht ausreiche. Dazu verdränge ein neues Kohlekraftwerk wegen der Marktmechanismen ("Merit Order") unweigerlich weniger klimaschädliche Gaskraftwerke aus dem Markt und blockiere den Ausbau erneuerbarer Energien.
Der BUND kündigte an, in seinem Widerstand gegen den Kraftwerksschwarzbau Datteln 4 nicht nachlassen zu wollen. Im Gegenteil: Datteln 4 werde ein neuer Brennpunkt der Klimabewegung. Neben dem BUND haben bereits auch andere große Umweltverbände angekündigt, in Datteln Flagge zeigen zu wollen.
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Am 24. Januar protestierten etwa 600 Menschen in Datteln gegen die geplante Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln 4. Zum Protest aufgerufen hatte die Fridays for Future-Bewegung; der BUND unterstützte die Aktion.
Rede von Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND NRW, auf der Datteln 4-Demo, 24. Januar 2020
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
ich bin sauer, richtig sauer. Über Monate hinweg haben wir mit vielen Bauchschmerzen den Kohle-Kompromiss ausgehandelt. Jetzt, ein Jahr später, sehen wir, was die Bundesregierung zusammen mit der schwarz-gelben NRW-Landesregierung trotz aller Bekenntnisse zu einer Eins-zu-eins-Umsetzung daraus gemacht hat: Die Klimakiller-Kraftwerke sollen nun doch nicht gemäß eines stetigen Ausstiegspfades stillgelegt werden; ausgerechnet die meisten Braunkohlenkraftwerke sollen bis 2038 laufen. Der Kohleausstieg kommt viel zu langsam und viel zu spät. Der Zeitplan für den deutschen Kohleausstieg bedeutet wohl 180 Mio. zusätzliche Tonnen an CO2-Ausstoß zu den bereits berechneten Mengen der Kohle-Kommission, sagen Wissenschaftler.
Und entgegen der Empfehlungen der Kohle-Kommission geben die Regierenden grünes Licht für den Kraftwerksschwarzbau Datteln 4. Der Kohleausstieg soll also ausgerechnet mit der Inbetriebnahme eines neuen Kohlekraftwerks beginnen. So werden wird nicht nur die deutschen Klimaschutzziele verfehlen, sondern wir entfernen uns immer weiter von der Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens.
Das, liebe Freundinnen und Freunde, nehmen wir nicht tatenlos hin!
Denn das Uniper-Vorhaben Datteln 4 ist eine einzige, in Stahl und Beton gegossene Provokation:
- Das Kraftwerk hätte hier nie gebaut werden dürfen. Schon 2009 haben die Gerichte aufgrund der Klage der Familie Greiwing den Bebauungsplan für nichtig erklärt. Und was machte die damalige Landesregierung? Sie bog das Planungsrecht so zurecht, dass die Stadt Datteln zusammen mit E.On/Uniper einen neuen Bebauungsplan auf den Weg bringen konnte.
- Und noch schlimmer: Aufgrund der Klage des BUND kippten die Gerichte auch die Genehmigungen zum Bau und Betrieb des Kraftwerks. Doch obwohl die Probleme die gleichen blieben, erteilte das Land NRW nach dem Motto „was nicht passt, wird passend gemacht“ einen neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung.
- Gegen beide Verwaltungsentscheidungen sind noch neue Klagen des BUND anhängig. Genauso, wie gegen den Bau des Kohlehafens. Das heißt aber: Datteln 4 hat bis heute keine rechtskräftigen Genehmigungen! Auch wenn Peter Altmaier und Armin Laschet wahrheitswidrig etwas anderes behaupten: Datteln 4 ist und bleibt ein Schwarzbau!
- Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Datteln 4 steht nur etwa 450 Meter von der Meistersiedlung entfernt; innerhalb des 1.000 Meter-Radius liegt sogar ein Kinderkrankenhaus. Während die schwarz-gelbe Landesregierung für Windenergieanlagen einen Mindestabstand von 1.500 Metern will, soll also ein solches Kraftwerksungetüm hier zulässig sein? Das eine ist so unsinnig wie das andere und offenbart eine ideologiegetriebene Politik.
Das Kraftwerk stößt zudem erhebliche Mengen gesundheitsschädlicher Feinstäube und Schwermetalle wie Quecksilber aus. Über die Abluftschwaden aus dem Kühlturm werden zudem die europarechtlich geschützten FFH-Gebiete der Cappenberger Wälder unzulässig belastet.
Ich sage: Wir haben den Hambacher Wald gerettet und wir müssen auch die Cappenberger Wälder schützen! - Laschet und Co. behaupten noch immer, Datteln 4 wäre ein Beitrag zum Klimaschutz. Das ist Unsinn. Selbst die Bundesregierung bestätigt inzwischen unsere Berechnungen, wonach eine Inbetriebnahme trotz Stilllegung aller anderen vier Uniper-Steinkohlenkraftwerke mit einem deutlichen Mehrausstoß des Klimakillers Kohlendioxid verbunden wäre.
Fakt ist: Das Kraftwerk würde im Volllastbetrieb nach Uniper-Angaben jährlich bis zu 8,4 Millionen Tonnen CO2 in die Luft blasen – und das für mindestens 13 Jahre. Gut ist: Datteln 4 sollte bereits 2012 ans Netz gehen. Das konnten wir verhindern. Zigmillionen Tonnen CO2 konnten wir damit unserer Erdatmosphäre ersparen. Das sollte für uns Ansporn sein: Datteln 4 darf nicht ans Netz gehen, Datteln 4 muss weg! - Auch ökonomisch ist das Kraftwerk längst ein Milliardengrab. 1,5 Milliarden Euro wurden hier bislang versenkt. Die Hälfte davon hat Uniper längst bilanziell abgeschrieben. Klar ist auch: Mit diesem Kraftwerk lässt sich kein Geld verdienen. Weder jetzt, noch in Zukunft. Uniper wäre deshalb gut beraten, den Empfehlungen der Kohle-Kommission zu folgen, und eine Verhandlungslösung zur endgültigen Stilllegung des Kraftwerks zu finden.
Wir werden in unserem Widerstand jedenfalls nicht nachlassen - im Gegenteil. Wir wollen Datteln 4 zu einem Brennpunkt der Klimabewegung machen. Lasst uns das gemeinsam anpacken!
Und wir werden weder die Bundesregierung noch die finnische Regierung aus ihrer Verantwortung entlassen. Denn der finnische Staat ist Mehrheitseigner des Energiekonzerns Fortum. Dieser wiederum ist Hauptaktionär von Uniper. Finnland will bis 2029 aus der Kohle aussteigen. Das heißt für uns auch: Der finnische Staat ist in der Pflicht, seinen Einfluss geltend zu machen, dass Datteln 4 nicht ans Netz geht. Mit unseren finnischen Bündnispartnern haben wir Datteln 4 bereits im hohen Norden zum Thema gemacht. Und wir werden weiter Druck machen.
Man kann heute mit Fug und Recht sagen: Ganz Europa schaut auf Deutschland. Auch hier in Datteln entscheidet sich die Glaubwürdigkeit deutscher Klimapolitik.
Wir freuen uns deshalb sehr, dass Fridays for Future und viele andere Teile der Klimabewegung jetzt den langjährigen Widerstand vor Ort unterstützen wollen. Gemeinsam sind wir stark!
Datteln 4 muss weg!