In den ersten Jahrzehnten der Tätigkeit des BUND-Landesarbeitskreises Atom stand das Problem der „Schweißnahtdiskussionen“ im Vordergrund, also der Umstand, dass die generelle Unbeherrschbarkeit der Atomkraft – und damit ihre Verfassungswidrigkeit – eine Debatte um irgendwelche technischen Schwachstellen und ihre Verbesserungsvorschläge ausschließt, weil diese die Rechtmäßigkeit des Betriebs der AKW suggeriert. Die Havarien von Harrisburg und Tschernobyl haben diese – auch verbandsintern geführten – Diskussionen enorm beflügelt.
Später kamen dann die Auseinandersetzungen um das angebliche „Atomausstiegsgesetz“ und die unselige Novellierung der Strahlenschutzverordnung unter der ersten rot-grünen Bundesregierung hinzu, anschließend der Ausstieg aus dem Ausstieg unter Schwarz-Gelb und schließlich der angeblich endgültige Ausstieg nach der Katastrophe von Fukushima.
Obwohl nach dem Scheitern des Thorium-Hochtemperaturreaktors bei Hamm und des „Schnellen Brüters“ bei Kalkar sowie der Stilllegung des AKW Würgassen in NRW keine Reaktoren mehr aktiv sind, ist unser Bundesland dennoch ein Zentrum der Atomwirtschaft geblieben: Die Urananreicherungsanlage in Gronau, deren Kapazitäten unter der ersten rot-grünen Landesregierung brav erhöht wurden, das Brennelemente-„Zwischen“lager in Ahaus (ein schönes Beispiel dafür, wie eine ganze Stadt korrumpiert wurde), der „Nachlass“ der Kernforschungsanlage Jülich, die prosperierende Atommüllkonditionierungsanlage der GNS in Duisburg usw. usw….
Die Atomkraftnutzung ist sicher das exzessivste Beispiel der Nachkriegsgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland für das Ausmaß an Lügen, Täuschungen und Repressionen, zu dem alle Bundesregierungen seit Ende der 1950er Jahre in trauter Verbundenheit mit den großen EVU (E.ON, RWE, Vattenfall, EnBw) fähig waren. Wyhl, Gorleben, Wackersdorf, Brockdorf sind dafür die bekanntesten Synonyme.
In den letzten Jahren sind jedoch etliche weitere Themenfelder hinzu gekommen:
- Die Konditionierung und „Freimessung“ von nicht Wärme entwickelndem radioaktiven Atommüll und dessen unerkannte Verbringung mittels Abfalldeponien, Müllverbrennungsanlagen, Bergversatz und Schrottschmelzen.
- Die Problematik der wachsenden Anzahl sogenannter „Zwischenlager“.
- Der Rückbaubauprozess stillgelegter Atomkraftwerke vor dem Hintergründ der dafür geänderten Strahlenschutzverordnung.
- Die Methodik der Suche nach einem „Endlager“ vor dem Hintergrund des dafür völlig ungeeigneten Standortauswahlgesetzes.
- Die Verdeutlichung des Umstandes, dass auch der von der schwarz-gelben Bundesregierung nach Fukushima verkündete Atomausstieg keineswegs endgültig sein muss.
Darüber hinaus nimmt der AK Atom auch noch die Tätigkeiten des früheren AK Deregulierung wahr, der im Zusammenhang mit dem MAI (Multilaterales Investitionsabkommen), der Entkommunalisierung der Daseinsvorsorge und dem inzwischen für viele Städte mit hohen Verlusten geendeten CBL-Desasters (Cross-Border-Leasing) vor allem in den 1990er Jahren sehr viel Engagement zeigen musste; in den letzten beiden Jahren sind es vor allem die Geheimverhandlungen um das kanadisch-europäische und das US-amerikanisch-europäische Freihandelsabkommen (CETA und TTIP), die verstärkte Aufmerksamkeit erfordern.