Als „aktive Verweigerung, zukunftsfähige Lösungen zur Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise zu entwickeln“ kritisieren die NRW-Naturschutzverbände BUND, LNU und NABU den Entwurf für die Neuaufstellung des Regionalplans in der Planungsregion Köln. Im Rahmen der heute zu Ende gehenden Beteiligung der Träger öffentlicher Belange legten die Verbände in einer 417 Seiten starken Stellungnahme die aus ihrer Sicht massiven Defizite des Planentwurfs dar.
„Die Bezirksregierung Köln vermittelt mit ihrem Entwurf den Eindruck, als lebten wir nicht inmitten der Klima- und Biodiversitätskrise. Der Planentwurf überlässt die Steuerung der Raumnutzung für weitere 25 Jahre den Partikularinteressen von Wirtschaft und Kommunen. Ob Bekämpfung des Flächenverbrauchs für Siedlungen und Industrie, Klimafolgenanpassung oder planerische Sicherung eines Biotopverbundes im Braunkohlenrevier – überall fehlen Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen“, sagt Holger Sticht, Landesvorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Wir erwarten deshalb grundlegende Korrekturen des Regionalplanentwurfs. Die Stellungnahme der Naturschutzverbände ist dafür eine geeignete Blaupause.“
So zeigen die Naturschutzverbände für das Siedlungskonzept Planungsalternativen auf, mit denen der Flächenverbrauch erheblich vermindert werden kann, z.B. über die Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf die tatsächlichen Bedarfe. „Statt inne zu halten und die massiven Konflikte schon im Bestand zu lösen, wird weiter versiegelt und zerstört. Ganz so, als stünden endlose Ressourcen an Fläche, Boden, Wasser, Artenvielfalt und Geld zur Verfügung. Das ist ein Irrweg,“ kritisiert Mark vom Hofe, Vorsitzender der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU). „Wir brauchen einen weitgehenden Baustopp im Siedlungs- und Gewerbebau auf der grünen Wiese und neue, zukunftsfähige Zielvorgaben für die Regionalplanung.“
Große Defizite sehen die Verbände auch beim Naturschutz. „Dass selbst ganze Natura-2000-Schutzgebiete wie die Rhein-Fischschutzzonen nicht als ‚Bereich für den Schutz der Natur‘ im Regionalplan dargestellt werden, ist ein schweres Versäumnis. Immerhin umfasst das FFH-Gebiet in NRW insgesamt 2.335 Hektar und ist daher eindeutig raumrelevant“, sagt Anna von Mikecz, Vorstandsmitglied im Naturschutzbund (NABU) NRW. „Während unzählige neue Baugebiete vorbereitet werden, fehlt ein entsprechend proaktiver Planungsansatz für den Biotopverbund. Trotz anderslautender gesetzlicher Vorgaben bleibt die notwendige Erweiterung der Schutzgebiete aus. Vernachlässigt wird ebenfalls die regionale Planung der blauen Infrastruktur. Dabei sichern naturbasierte Lösungen für unsere Oberflächengewässer den zukünftigen Wasserhaushalt, vor allem, wenn Sommer wie der diesjährige das neue Normal werden.“
Diesen Mangel sehen die Naturschutzverbände ebenso bei der Entwicklung der Tagebauumgebung Inden und Hambach. BUND, LNU und NABU legen deshalb für das Rheinische Revier einen Vorschlag für ein einheitliches Biodiversitätskonzept mit darauf ausgerichteten Flächenvorschlägen vor. Sie fordern für diesen durch den Braunkohlenabbau massiv belasteten Raum einen strikten Schutz wesentlicher Bestandteile von Natur und Landschaft für eine dauerhafte Sicherung der ökologischen Funktionsfähigkeit. Dieser Biotopverbund müsse unbedingt durch ein Planungsziel abgesichert werden.
Auch für Klimaschutz und Klimaanpassung schlagen die Naturschutzverbände ergänzende Festlegungen vor. Ohne den konsequenten und wirksamen Schutz der Freiraumfunktionen könnten die existenziellen Belange der Daseinsvorsorge wie auch der Grundwasser- und Gewässerschutz, der Hochwasserschutz und der Schutz der Biodiversität nicht garantiert werden. Ein strikter Schutz von Böden und Biotopen mit Klimaschutzfunktionen, die Ausweisung von klimaökologischen Ausgleichsräumen, und die Sicherung von Flächen mit Bedeutung für die Wasserrückhaltung und -speicherung seien zwingend erforderlich. Zum verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien sollten die vorhandenen Planungsinstrumente optimal genutzt werden. Anstatt die Entwicklung von Windkraftstandorten den Kommunen zu überlassen, müssen nach Ansicht von BUND, LNU und NABU auf Regionalplanebene Windenergie-Vorranggebiete mit Eignungswirkung ausgewiesen werden.
Die Naturschutzverbände hoffen jetzt, dass im Zuge der weiteren Beteiligung Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Kommunen selbst den Plan kritisch kommentieren und es zu einer vollständigen Überarbeitung des Entwurfs auf der Basis von echten Nachhaltigkeitskriterien kommt.
Mehr Informationen:
- https://www.lb-naturschutz-nrw.de/news/krisenbewaeltigung-fehlanzeige-in-der-planungsregion-koeln-stellungnahme-der-naturschutzverbaende-zum-1-regionalplanentwurf.html
- Zusammenfassung der Stellungnahme der Naturschutzverbände: https://www.lb-naturschutz-nrw.de/fileadmin/redaktion/Aktuelle_Meldungen_Dateien/2022/Regionalplan_Koeln_1_Offenlage/2_STN_NV_RPlan_Koeln_Zusammenfassung_31082022.pdf