Der geplante Bau einer insgesamt etwa 41 Kilometer langen Rheinwassertransportleitung zur Befüllung der Braunkohlenrestlöcher nach Tagebauende und zur Stützung der von der tagebaubedingten Grundwasserabsenkung betroffenen Feuchtgebiete stößt auf Kritik des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der anderen Naturschutzverbände. Die jetzt konkreter werdenden Planungen sind nach Ansicht der Umweltverbände in der bisher geplanten Form ökologisch unverträglich und würden zu einem Ewigkeitsschaden für das Grundwasser einer ganzen Region führen. Den Bürger*innen und Kommunen muss auch endlich deutlich gemacht werden, welche langfristigen Folgeeingriffe mit dem Bergbau einhergingen und wie lange die Befüllung von Grundwasser und Restseen wirklich dauern wird. „Die Langzeitschäden des Braunkohlenbergbaus werden immer deutlicher“, sagt Dirk Jansen, NRW-Geschäftsleiter des BUND. „Jetzt wird versucht, die neu dimensionierte Rheinwassertransportleitung als alternativlos darzustellen. Das mag zwar sein, aber dann müssen sich RWE und Braunkohleplanung auch endlich ehrlich machen was die Zeiträume angeht: Es wird Zeit, dass den Bürger*innen und Kommunen endlich reiner Wein eingeschenkt wird: Die künstliche Befüllung der Restseen wird länger als 40 Jahre dauern und ist mit zahlreichen Risiken behaftet.“
Anlass der Kritik ist der heute bei der Bezirksregierung Köln stattfindende „Scoping-Termin“ zur Festlegung des Untersuchungsumfangs der notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung des Braunkohlenplans zur Sicherung einer Trasse für die Rheinwasser-Transportleitung. Bereits 2020 war die Trasse für eine Transportleitung von Dormagen nach Frimmersdorf am Tagebau Garzweiler raumordnerisch festgelegt worden. Diese Leitung sollte dazu dienen, die grundwasserabhängigen Feuchtgebiete nördlich des Tagebaus für etliche weitere Jahrzehnte lang künstlich „am Tropf“ zu halten und nach dem Ende des Tagebaus Garzweiler den Grundwasserkörper und das Restloch zu befüllen. Mit der vorzeitigen Beendigung des Tagebaus Hambach sieht die RWE Power AG jetzt die Notwendigkeit, das dortige Restloch ab 2030 mit Rheinwasser zu befüllen. Deswegen wurde eine Erweiterung des Rohrleitungssystems vorgeschlagen: Die 22,4 Kilometer lange Bündelungsleitung von der Rheinwasser-Entnahmestelle bei Dormagen-Rheinfeld bis zu einem Verteilbauwerk bei Frimmersdorf soll statt zwei 1,4 m-Rohre nun drei 2,2 m-Rohre umfassen. Die daran anschließende 18,5 Kilometer lange Hambachleitung würde dann mit zwei Rohren bis zum Tagebau Hambach weitergeführt. Dabei war im Braunkohlenplan Hambach noch eine ganz andere Befüllung des Hambacher Grundwassers und Restsees vorgesehen.
Die Neuplanung sieht vor, die Wasserentnahme aus dem Rhein von 4,2 auf 18 Kubikmeter pro Sekunde zu erhöhen. „Für uns ist das inakzeptabel“, so BUND-Experte Jansen. „Schon die ursprüngliche Planung mit 4,2 m3/s nur zur Befüllung von Garzweiler musste zum Schutz des Ökosystem Rhein und der Binnenschifffahrt mit differenzierten Entnahmebedingungen je nach Rheinpegel abgesichert werden. Und jetzt soll die Entnahmemenge mehr als vervierfacht werden. Woher all das Wasser kommen soll, das man aus dem Rhein entnehmen will, ist in Zeiten des Klimawandels schleierhaft. Solche Planideen sind nur machbar, weil man in der Braunkohleplanung die letzten drei Dürrejahre und die niedrigen Rheinpegel noch immer nicht zur Kenntnis genommen hat. Die Lösung kann nur darin liegen, den Entnahmezeitraum zu strecken. “
Dazu sind mit der Planung weitere massive Eingriffe in die Landschaft geplant. „Mit der Trassenbündelung ist eine Verbreiterung des Rohrgrabens von 15 auf 25 Meter vorgesehen. Insgesamt würde sich ein bis zu 70 Meter breiter Arbeitsstreifen durch die Landschaft fräsen“, konstatiert Rolf Behrens vom BUND im Rhein-Kreis Neuss. „Dazu soll die erweiterte Rohrleitung das besonders sensible und europarechtlich geschützte FFH-Gebiet im Knechtstedener Wald queren. Das ist Salami-Taktik: Zuerst wird eine schmale Leitung für Garzweiler geplant und planungsrechtlich festgezurrt und jetzt soll die Verbreiterung kommen. Wir sehen nicht, wie das ohne erhebliche Beeinträchtigungen möglich sein soll.“
Letztendlich eignet sich das Rheinwasser von der Qualität her überhaupt nicht zur Füllung der Restlöcher, zur Befüllung der Grundwasserkörper und zur Versorgung der Feuchtgebiete. Deswegen muss RWE das mit vielen Chemikalien verschmutzte Rheinwasser aufbereiten und reinigen, was bisher nicht angedacht ist. Hier müsse nachgebessert werden, so die Forderung der Umweltschützer.
„Die ganze Pumperei muss für viele Jahrzehnte - keiner kann heute sicher sagen für wie lange - aufrechterhalten werden, ohne dass dafür ausreichende Sicherheiten des Bergbaukonzerns vorliegen“, kritisiert Dirk Jansen vom BUND. „Das dicke Ende kommt erst noch: Ob die Restseebefüllung funktioniert, ob die Standsicherheit der Böschungssysteme gewährleistet ist, welche ökologischen Funktionen ein Restsee überhaupt erfüllen kann – alle diese Fragen werden sich erst in vielen Jahren beantworten lassen.“
Eines aber ist für den BUND schon jetzt klar: Je früher der Braunkohlenausstieg kommt und je kleiner die Abbauflächen gehalten werden, desto geringer sind die dann zu bewältigenden Langzeitschäden.