- AKW 160 Kilometer von Landesgrenze entfernt
- Sicherheitsrisiken trotz Nachrüstung
- Atomtechnologie bleibt unbeherrschbar
Düsseldorf | Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lehnt die geplante Laufzeitverlängerung des niederländischen Atomkraftwerks Borssele ab. Im Rahmen des so genannten Scoping-Verfahrens im Vorfeld der grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung warnt der Umweltverband vor einer unverantwortlichen Gefährdung der Sicherheit von Mensch und Umwelt. Neben alterungsbedingten Problemen und unzureichenden Sicherheitsstandards des 50 Jahre alten Atommeilers zeige sich auch in der Ukraine auf tragische Weise, welche Bedrohung von dieser Hochrisikotechnologie ausgeht. Eine Laufzeitverlängerung des Uralt-Meilers würde zudem den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien ausbremsen.
Der Standort des Kernkraftwerks befindet sich in der niederländischen Provinz Zeeland und liegt etwa 160 Kilometer von der nordrhein-westfälischen Grenze entfernt. Die derzeitige Betriebsgenehmigung des Reaktors endet 2033. Die niederländische Regierung plant, diese per Gesetz zu verlängern und will die zu erwartenden Umweltauswirkungen bei einer 10-jährigen und bei einer 20-jährigen Laufzeitverlängerung untersuchen. Gestern endete die Frist zur öffentlichen Einsichtnahme des geplanten Untersuchungsrahmens für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).
Klaus Brunsmeier, Vorstand des BUND NRW: „Die niederländische Regierung suggeriert, dass eine Laufzeitverlängerung des Atomreaktors Borssele umweltverträglich möglich sei. Das ist Augenwischerei. Diese Hochrisikotechnologie bleibt unbeherrschbar. Im Falle eines Super-GAUs wären weite Teile Nordrhein-Westfalens von radioaktivem Fallout betroffen. Zudem ist die Lücke zwischen dem heute maßgeblichen Stand von Wissenschaft und Technik und selbst einem nachgerüsteten Sicherheitsstandard des AKW derart groß, dass unsere Umwelt sowie Leben und Gesundheit der Bevölkerung durch einen Weiterbetrieb des Uralt-Reaktors einer massiven Gefährdung ausgesetzt würden.“
Das 1973 in den kommerziellen Betrieb gegangene 500 Megawatt-Atomkraftwerk Borssele ist ein Druckwasserreaktor. Die deutsche Reaktorsicherheitskommission verzeichnete in Reaktoren gleichen Bautyps etwa ab dem Jahr 2000 eine Zunahme von bleibenden
Brennelementverformungen im Laufe des Reaktorbetriebs. Die dadurch bedingten Sicherheitsrisiken lassen sich nicht durch technische Nachrüstungen beheben. Generell unterliegen Atomkraftwerke Alterungs- und damit verbundenen Verschleißerscheinungen, was wiederum neue Fehlerquellen bedeutet. Aufgrund des erheblichen Gefahrenpotentials lehnt der BUND deshalb die Laufzeitverlängerung alternder Reaktoren ab und fordert deren sofortige Stilllegung.
Der BUND kritisiert weiter, dass das AKW Borssele von der deutschen Brennelementefabrik in Lingen beliefert wird. Damit unterstütze Deutschland aktiv die Verlängerung des Atomzeitalters, und dies, obwohl der russische Staatskonzern Rosatom als Joint Venture mit dem französischen Konzern Framatome in die Brennelemente-Produktion in Lingen einsteigen will.