BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND-Wildkatzenstudie belegt: Im Kottenforst bei Bonn leben wieder Wildkatzen

19. November 2012 | Wildkatze

Die bedrohte europäische Wildkatze breitet sich in Deutschland weiter aus. Das zeigen erste Ergebnisse einer auf mehrere Jahre ausgelegten Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und des Bundesamts für Naturschutz (BfN), die heute im Kottenforst bei Bonn präsentiert wurde. Genetische Untersuchungen im Rahmen des Projekts „Wildkatzensprung“ zeigen erstmals Vorkommen in Wäldern, die zuvor lange als unbesiedelt galten. So gelang es, im Kottenforst elf verschiedene Wildkatzen nachzuweisen. Die Inventur soll Informationen über die aktuelle Verbreitung der Wildkatze liefern. Zudem wird untersucht, ob es genetische Unterschiede zwischen einzelnen Populationen gibt. Wäre das der Fall, könnte dies auf durch Menschen verursachte Verinselung der Lebensräume hinweisen.

„Die Wiederbesiedelung ehemaliger Lebensräume ist ein erster Erfolg der intensiven Bemühungen zum Schutz der Wildkatzen, die darüber hinaus auch vielen anderen auf großräumige Laub- und Mischwälder angewiesenen Arten zugutekommen. Besonders erfreulich ist diese Entwicklung auch aufgrund der Tatsache, dass die europäische Wildkatze ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland hat und wir damit eine besondere Verantwortung zu ihrem Erhalt haben“, sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel. „Es liegen jedoch noch große Aufgaben vor uns. Wildkatzen sind durch Landschaftszerschneidung in isolierte Waldgebiete zurückgedrängt. Die für die nächsten Jahre geplanten genetischen Untersuchungen werden uns wichtige Antworten über die Art der Bedrohung der heimischen Wildkatzen geben und wie wir ihnen am besten helfen können“, so Jessel.

Holger Sticht, stellvertretener Landesvorsitzender des BUND Landesverband NRW: „Als Naturschützer freuen wir uns, die seit den 60ige Jahren des letzten Jahrhunderts verschwundene Wildkatze wieder in unmittelbarer Nähe der Stadt Bonn begrüßen zu können. Zwar gab es in den letzten Jahren immer wieder einzelne Hinweise, mit dem jetzt vorliegenden Nachweis von 7 männlichen und 4 weiblichen Wildkatzen auf der beprobten Fläche haben wir jetzt aber endlich Gewissheit, dass die Tiere hier wieder Fuß gefasst haben. „In Nordrhein-Westfalen werden wir im kommenden Jahr mit Unterstützung auch unseres Umweltministeriums beginnen, gemeinsam mit den lokalen Forstämtern Waldgebiete rund um den Nationalpark Eifel zu Wildkatzenhabitaten aufzuwerten.“ so Sticht „Die Eifel beherbergt mit etwa 1.000 Tieren eines der größten Wildkatzenvorkommen Deutschlands. Wir wollen diese Wildkatzenpopulation weiter stärken, damit Wildkatzen aus der Eifel in die umliegenden Wälder einwandern und sie wieder besiedeln.“

Horst Becker, Parlamentarischer Staatssekretär im Umweltministerium NRW: „Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt das BUND-Projekt, da es eine hervorragende Ergänzung zu unserem Entschneidungskonzept darstellt, mit dem wir die Durchlässigkeit des bestehenden Straßennetzes für wandernde Wildtierarten insbesondere in den Mittelgebirgen Nordrhein-Westfalens wiederherstellen wollen.“

Im Auftrag des BUND hat das Forschungsinstitut Senckenberg bisher über 600 Haarproben von Tieren aus zunächst 14 deutschen Waldregionen genetisch ausgewertet. Die Untersuchung der Wildkatzenpopulationen in Deutschland ist auf drei bis vier Jahre ausgelegt. Die jetzt veröffentlichten Daten sind Teilergebnisse des ersten Erhebungsjahres. Insgesamt wurden im Winterhalbjahr 2011/12 1.372 Haarproben gesammelt, von denen bisher 600 analysiert werden konnten. Neben zahlreichen Hinweisen auf streunende Hauskatzen wurden bei insgesamt 380 Proben Wildkatzen nachgewiesen. Einige Tiere hinterließen Haare an unterschiedlichen Stellen und geben so wichtige Hinweise auf Bewegungsverläufe. Um an die Haare zu gelangen, hatten zuvor etwa 300 vorwiegend ehrenamtliche Unterstützer sogenannte Lockstöcke ausgebracht. Diese Holzpflöcke werden mit einer Katzen anlockenden Baldrianlösung besprüht. Die Tiere reiben sich am rauen Holz und hinterlassen dabei Haarproben, die abgesammelt werden können.

Thomas Mölich, beim BUND verantwortlich für die „genetische Wildkatzeninventur“: „Es gibt viele Hinweise darauf, dass die scheuen Tiere nicht in ausreichender Zahl zwischen einzelnen Waldgebieten wandern können. Gleichzeitig belegen die Untersuchungsergebnisse das Bestreben der Tiere, neue Lebensräume zu besiedeln. Um die Wanderungen zu ermöglichen, müssen weiter Hindernisse beseitigt werden. Das kommt auch anderen Tierarten zugute.“

Dr. Carsten Nowak, zuständiger Wissenschaftler beim Forschungsinstitut Senckenberg: „Mit steigender Zahl der untersuchten Proben erhoffen wir uns sehr detaillierte Aussagen über Wanderverhalten und Verwandtschaftsverhältnisse. Dies wiederum erlaubt Rückschlüsse auf mögliche Störungen des genetischen Austauschs. In Umfang und Tiefe sind diese Untersuchungen an einer bedrohten Art weltweit einmalig.“

Die Untersuchungen des Projekts „Wildkatzensprung“ begleiten die seit 2004 andauernden Bemühungen des BUND, die Waldgebiete durch sogenannte grüne Korridore wieder miteinander zu vernetzen. So soll der genetische Austausch zwischen den Regionen ermöglicht werden. Langfristiges Ziel ist ein Waldverbund von insgesamt 20.000 Kilometern Länge.

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb