BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Abschuss von Wölfin Gloria nicht zielführend

17. November 2023 | Jagd, Landwirtschaft, Naturschutz, Tiere und Pflanzen, Wolf

BUND fordert Herdenschutzoffensive statt Aktionismus

Foto: Stefan Eschweiler.

  • Landesweite Herdenschutzoffensive zur Vermeidung von Nutztierrissen erforderlich
  • Rechtliche Grundlagen für Abschuss derzeit nicht gegeben
  • Umstände neuer Nutztierrisse durch die Wölfin „Gloria“ bislang nebulös

Düsseldorf. Gestern gab ein Sprecher des Landesumweltministeriums vor dem Hintergrund neuer Nutztierrisse der Wölfin GW954f, besser bekannt als „Gloria“, bekannt, zusammen mit dem zuständigen Kreis Wesel die „Grundlagen für die Prüfung einer Entnahme des Wolfes“ erarbeitet zu haben.

Holger Sticht, Vorsitzender des BUND NRW: „Die Diskussion um die Wölfin Gloria ist vor Gericht bereits ausführlich geklärt worden. Um Konflikte zwischen Tierhaltern und dem heimischen Wolfsrudel zu lösen, brauchen wir jetzt keinen Aktionismus und kein Bauernopfer, sondern nachhaltige Lösungen. Die Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf ist möglich, wenn wir endlich einen landesweiten, flächendeckenden und effektiven Herdenschutz etablieren.“

Aus BUND-Sicht sind im Übrigen die rechtlichen Grundlagen für eine Tötung der Wölfin nicht gegeben. So ist das Tier eines von derzeit lediglich 2 bis 3 reproduzierenden Wölfinnen in NRW, sodass ein Ausfall die gesamte Population gefährden könnte. Zudem fehlt bislang eine vorgeschriebene Alternativenprüfung.

Im Zeitraum vom 27. September bis 24. Oktober 2023 konnte Gloria sechsmal bei Nutztierschäden nachgewiesen werden. Alle Fälle ereigneten sich nördlich der Lippe im Bereich des Dämmerwalds. Dieses Gebiet hat die Wölfin neu besiedelt, nachdem sie ihr Rudel aus unbekannten Gründen verlassen zu haben scheint. In diesem neuen Gebiet soll sie nun nach Angabe des Umweltministeriums in nur 4 Wochen so viel Schaden angerichtet haben, dass zukünftig ein „ernster wirtschaftlicher Schaden“ zu erwarten und damit eine der Voraussetzungen für eine Abschussgenehmigung gegeben wäre. Fakt ist aber, dass diese Wölfin seit ihrer Ankunft im Schermbecker Gebiet im Jahre 2018 nur in 6 % aller Fälle Zäune mit empfohlenem Herdenschutz überwunden hat und dies im Jahr 2021 das letzte Mal vorgekommen ist. Nun, in der erweiterten, neu ausgerufenen „Förderkulisse Westmünsterland“, soll sie direkt sechsmal den empfohlenen Herdenschutz in kurzem zeitlichen Zusammenhang überwunden haben, ansonsten könnte das Ministerium die Prüfung zur Entnahme gar nicht einleiten. „Das mag den einen oder anderen schon stutzig machen. Daher fordern wir eine transparente Darlegung der Umstände durch das zuständige Landesamt“, fordert Holger Sticht.

Aus Sicht des BUND muss die Vermeidung von Nutztierrissen an der Ursache ansetzen. „Für die Zahl der Nutztierrisse ist allein die Qualität des Herdenschutzes entscheidend. Wenn jährlich 50 - 70 Prozent der Nutztierrisse an unzureichend oder gar nicht geschützten Weidetieren erfolgen, dann sind die Mängel im Herdenschutz überdeutlich. Die Tierhalter und wir als Gesellschaft müssen zusammenarbeiten, um eine Koexistenz mit dem Wolf möglich zu machen“, mahnt Holger Sticht.

 

Hintergrund:

  • Stellungnahme der NRW-Naturschutzverbände im Rahmen der Verbändeanhörung zur Verwaltungsvorschrift "Hinweise zur Anwendung der Ausnahmeregelung des § 45 Abs.7 Nr. 1 BNatSchG auf Wölfe in NRW"
  • Bundesamt für Naturschutz: Häufig gestellte Fragen zum Wolf: Warum greifen Wölfe Nutztiere an?
    „Es ist wichtig, Herdenschutzmaßnahmen schon vor eventuellen Wolf-Nutztier-Begegnungen umzusetzen, das heißt auch in Gebieten, in denen Wölfe zwar zu erwarten sind, derzeit aber noch nicht auftreten. Ein solcher präventiver Herdenschutz ist entscheidend, um so eine mögliche Konditionierung zu verhindern, das heißt, dass sich Wölfe an das Reißen von schlecht geschützten oder ungeschützten Weidetieren als leichte Beute gewöhnen.“ https://www.bfn.de/haeufig-gefragt-wolf#anchor-8717
  • „Einige Bundesländer geben auf ihren Internetseiten Informationen zu den wolfsverursachten Nutztierübergriffen, die auch Angaben zum Herdenschutz enthalten. Diesen lässt sich entnehmen, dass auch 2022 in knapp der Hälfte bis drei Viertel der Übergriffe auf Schafe und Ziegen kein bzw. nur ein eingeschränkter Mindestschutz vorhanden war (LAU 2023; LfU 2023; Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2023; Wolf-MV 2023).“
    DBBW 2023: Bericht zu Schäden und Prävention: https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download/berichte-zu-praevention-und-nutztierschaeden
  • Verbreitung des Wolfs in NRW

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb