BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

17 Umweltorganisationen fordern Atom- und Kohleausstieg

24. April 2018 | Atomkraft, Braunkohle, Energiewende, Klima & Energie

Aktion „Zeig RWE die Rote Karte!“ bei der Hauptversammlung am 26. April - NRW-Landesregierung darf nicht zum Komplizen des Klimakillers werden

Markus Dufner, Dirk Jansen, Peter Bastian und Alfred Weinberg vor Pressevertreter*innen in Essen.

Ein breites Bündnis von Umweltorganisationen und Verbänden verlangt von RWE den Ausstieg aus der Energieerzeugung mit Kohle und Atom. Bei der Hauptversammlung am 26. April in Essen werden sie mit der Aktion „Zeig RWE die Rote Karte!“ vor der Grugahalle die Aktionär*innen über Europas klimasschädlichsten Konzern informieren.

Die Umweltorganisationen, Verbände und Initiativen, darunter der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband NRW (BUND), die Initiative für den sofortigen Atomausstieg Münster und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, werden am Donnerstag ab 8.30 Uhr vor der Grugahalle in Essen unter dem Motto „Zeig RWE die Rote Karte“ gegen Europas Klimakiller Nr. 1 demonstrieren. Die Verbände und Bürgerinitiativen aus dem Rheinischen Braunkohlerevier setzen sich seit Jahren zusammen mit Waldschützern für eine Rettung des Hambacher Walds ein, der durch die geplante Erweiterung des Tagebaus Hambach vollständig vernichtet würde.

„Wir sehen mit wachsender Sorge, dass Ministerpräsident Laschet versucht, dem Auslaufmodell Braunkohle noch eine goldenes Ende zu bescheren“, sagt BUND NRW-Geschäftsleiter Dirk Jansen. „Ob noch mehr Braunkohlenstromexporte ins Ausland oder voreilige Tagebaugenehmigungen: Das Land NRW darf sich nicht länger zum Komplizen des Klimakillers RWE machen. Auch als vertrauensbildende Maßnahme in Hinblick auf die so genannte Kohlekommission auf Bundesebene ist Ministerpräsident Laschet gefordert,  dem RWE-Antrag auf Genehmigung eines neuen 1.100 Megawatt-Braunkohlenkraftwerks in Bergheim-Niederaußem die Genehmigung zu versagen.“

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre warnt vor der Zerschlagung der RWE-Tochtergesellschaft Innogy. „So wie der Deal zwischen RWE und E.on geplant ist,  entstünde ein Mega-Energieerzeuger RWE und ein Vertriebsriese E.on“, sagt Geschäftsführer Markus Dufner. „Die Kartellbehörden müssen das verhindern.“ Außerdem würde diese Aufteilung einen Rückschlag für die Energiewende nach sich ziehen

„Trotz der anhaltenden Pannenserie der belgischen Hochrisiko-Reaktoren Tihange und Doel sind auch nur bestenfalls halbherzige Bemühungen der Landesregierung erkennbar, den Schutz der Bevölkerung zum Beispiel durch den Stopp der Brennstoff-Lieferungen an die Pannenmeiler zu gewährleisten“, erklärt Peter Bastian von der Initiative für den sofortigen Atomausstieg (Sofa) Münster. „Da RWE ein Sechstel der Anteile an Urenco hält, sehen wir die RWE AG und auch die kommunalen Anteilseigner von RWE in der Pflicht, sich für einen Lieferstopp nach Belgien einzusetzen. Zudem sehen wir die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze jetzt in der Pflicht, sich für die sofortige Schließung der Uranareicherungs­anlage Urenco in Gronau und der Brennelementefabrik in Lingen einzusetzen. Zwei von ihrer Vorgängerin in Auftrag gegebene Rechtsgutachten kommen zu dem Schluss, dass eine rechtssichere Stilllegung möglich ist."

In ihren Gegenanträgen verlangen die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Vorstand und Aufsichtsrat von RWE nicht zu entlasten. „Der Konzern möchte eine Dividende von 1,50 Euro je Aktie ausschütten. Wir halten für erforderlich, diese Dividende auf 50 Cent zu begrenzen“, so Dufner. „Die frei werdende Summe von rund 615 Millionen Euro soll für die Beseitigung der Schäden durch die Braunkohletagebaue Garzweiler, Hambach und Inden und für die Einrichtung eines Fonds zur Begleichung von entstehenden Gesundheitskosten zurückgestellt werden.“

 


 

Sprechzettel von Dirk Jansen, BUND NRW, auf der Pressekonferenz der Verbände am 24. April 2018 in Essen

 

„RWE die Rote Karte zeigen“…

… ist das Motto der diesjährigen gemeinsamen Proteste von BUND, dem Dachverband der Kritischen Aktionäre, den Anti-Atom-Gruppen und zahlreichen Bürgerinitiativen im Vorfeld und zur RWE-Hauptversammlung.

Was uns eint, das ist nicht nur der Widerstand gegen die rückwärtsgewandte Geschäftspolitik des Atom- und Kohlekonzerns RWE, sondern die Sorge um unsere Zukunft, die Sorge um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und die Sorge um zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Der Klimaschutz ist dabei eine ebenso existenzielle Notwendigkeit wie der sofortige Ausstieg aus der Atomenergie. Und hier kommt die Politik ins Spiel: Wenn die Bundesregierung die bundesdeutschen Klimaschutzziele zur Disposition stellt und Wirtschaftsminister Altmaier sogar über eine Verlängerung der Laufzeiten für AKW sinniert, offenbart dass ein tiefgreifendes Politikversagen. Nicht das Wohl der Allgemeinheit scheint heute die Handlungsmaxime der Bundes- sowie der Landesregierung zu bestimmen, sondern die Schonung der alten Großkonzerne.

Nirgendwo sonst wird dies so deutlich wie am Beispiel der Rheinischen Braunkohle.

Eines ist klar: Ohne durchgreifende Sofortmaßnahmen wird Deutschland sein Klimaschutzziel 2020 krachend verfehlen. Wenn die Koalitionäre dann beschließen, die bestehende Handlungslücke „so schnell wie möglich zu schließen“, dann ist das nichts anderes als eine Kapitulation. Und zwar eine Kapitulation vor der Kohlelobby.

Notwendig wäre es, die ältesten und dreckigsten Kohlekraftwerke jetzt abzuschalten. 100 Millionen Tonnen CO2 können bis 2020 eingespart werden, wenn die mehr als 30 Jahre alten, längst abgeschriebenen Kohlemeiler stillgelegt würden. Die ältesten und dreckigsten davon stehen im Rheinland und werden vom RWE betrieben. 15 der 18 noch im Regelbetrieb befindlichen Braunkohlenkraftwerke gingen zwischen 1967 und 1976 ans Netz.

Wir können diese Klimakiller, die allein mehr als 80 Mio. t/a ausstoßen, stilllegen, ohne die Versorgungssicherheit ansatzweise zu gefährden. Aufgrund massiver Überkapazitäten im Bereich fossiler Kraftwerke und historisch einmalig hoher Nettostromexporte ins Ausland gingen ohne diese Klimakiller die Lichter nicht aus. Und die Stilllegung ist per Gesetz entschädigungsfrei möglich.

Die GroKo ist deshalb gefordert, ein Kohlausstiegsgesetz mit den entsprechenden klimapolitischen Leitplanken auf den Weg zu bringen.

Doch was will die GroKo? Sie will eine Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“  auf den Weg bringen, die bis Ende 2018 ein Aktionsprogramm erarbeiten soll, das u.a. Maßnahmen beinhaltet, die Klimaschutzlücke bis 2020 „so weit wie möglich zu reduzieren“. Das aber reicht nicht! Ohne klare Vorgaben an die Kommission droht das Ganze als Luftnummer zu enden!

Die Kommission soll auch ein Datum zur Beendigung der Kohleverstromung festlegen. Wir sagen: Der Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung muss jetzt beginnen und deutlich vor 2025 abgeschlossen sein. 2030 muss Schluss sein mit der gesamten Kohleverstromung!

Wenn die „Kohlekommission“ ansatzweise geeignet sein soll, einen tragfähigen gesamtgesellschaftlichen Konsens zu erzielen, dann sind jetzt vertrauensbildende Maßnahmen erforderlich.

Der BUND fordert deshalb Ministerpräsident Armin Laschet auf, dem RWE-Antrag auf Genehmigung eines neuen 1.100 Megawatt-Braunkohlenkraftwerks in Bergheim-Niederaußem die Genehmigung zu versagen. Es kann doch nicht angehen, dass die ganze Republik über den Kohleausstieg debattiert und gleichzeitig ein neuer Kohlemeiler gebaut wird, der die Nutzung dieses klimaschädlichsten aller Energieträger für weitere Jahrzehnte zementiert.

Wir sehen mit wachsender Sorge, dass Ministerpräsident Armin Laschet stattdessen aber versucht, dem Auslaufmodell Braunkohle noch eine goldene Zukunft zu bescheren.

Nicht nur, dass Laschet nach eigenem Bekunden bereit ist, höhere CO2-Emissionen durch den Braunkohlenstromexport nach Belgien in Kauf zu nehmen, wenn dadurch die Schrottreaktoren Tihange und Doel stillgelegt würden. Aktuell hat seine Bergbehörde auch vorschnell und ohne die zuvor von Energieminister Pinkwart zugesagte sorgfältige Prüfung eine neue bergrechtliche Genehmigung zur Fortführung des RWE-Braunkohlentagebaus Hambach erteilt. Das ist nicht nur klimaschutzpolitisch fatal, mit dem Fortschreiten des Tagebaus würde auch die vom BUND vorerst gestoppte Zerstörung des unersetzlichen Hambacher Waldes weiter gehen. Wir haben deshalb in der letzten Woche eine weitere Klage gegen das Land NRW eingereicht.

Fazit: „RWE die Rote Karte zeigen“ heißt für uns also auch, dass die Politik endlich in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen den ökologischen Wahnsinn der Förderung und –nutzung der Braunkohle stoppen muss. Bundes- und Landesregierung dürfen sich nicht länger als Erfüllungsgehilfe des Großkonzerns verstehen. Auch die kommunalen Anteilseigner sind in der Pflicht, nicht länger auf eine Dividende für die Zerstörung unserer Umwelt zu setzen und die RWE-Anteile abzustoßen."

 

 

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