Mit einem einstimmig beschlossenen Antrag hat sich die BUND-Bundesdelegiertenversammlung am 10. November 2019 in Nürnberg zum Ausbau der Windenergienutzung im Wald bekannt. Dafür müssten aber ökologische Kriterien berücksichtigt werden.
Klimawandel schädigt Waldökosysteme
In Deutschland sind auch die Wälder heute schon massiv von der Klimakrise betroffen: In Folge der anhaltenden Trockenheit und Hitze der letzten Jahre hat sich die Situation dramatisch zugespitzt, Wälder und Waldböden sind ausgedorrt, die Bäume anfällig. Zerschneidungen der Wälder machen sie anfälliger für Stürme und Austrocknung. Absterbende Waldbestände in vielen Regionen Deutschlands führen uns die Dringlichkeit vor Augen, endlich effektive Maßnahmen zur Begrenzung der Klimakrise und somit auch zum Schutz der Wälder zu ergreifen. Daher erfordert die Nutzung der Wälder für den Ausbau der Windkraft besondere ökologische Leitplanken, gute Planung von Vorranggebieten, Ausschlussgebiete und die umfassende Nutzung von technischen Präventivmaßnahmen.
Klimaschutz ist Ökosystemschutz
Alle Wirtschaftssektoren und Lebensbereiche der Menschen müssen ihren Beitrag leisten, um das Klima wirksam zu schützen und die Grenze von 1,5 Grad Celsius globaler Erderhitzung nicht zu überschreiten. Denn ab 1,5 Grad werden laut der Prognosen des Weltklimarates IPCC unumkehrbare Effekte eintreten, die dazu führen, dass global und regional wertvolle Lebensräume komplett verloren gehen. Schon heute vernichtet die Erderwärmung Lebensräume wie die Korallenriffe. Ein weiterer Anstieg der Durchschnittstemperatur gefährdet nach IPCC 20 bis 30 Prozent der Tier- und Pflanzenarten.
Um den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens zu genügen müssen wir in Deutschland zwischen 2030 und 2040 Treibhausgasneutralität erreicht haben. Dafür brauchen wir neben der Umstellung auf eine rein erneuerbare Energieerzeugung vor allem weit mehr Effizienz und deutliche Energieeinsparung. Zusätzlich hat auch der Wald hier eine besondere Bedeutung und leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz, zur Wasserspeicherung und zum Wasserhaushalt, zur Erhaltung der Biodiversität, zur CO2-Speicherung und zum Artenschutz.
Bedeutung der Windenergie in Deutschland
Windenergie ist in Deutschland bezogen auf den Flächenverbrauch die effektivste Erzeugung Erneuerbarer Energien und unverzichtbar für eine rasche, kostengünstige Energiewende und damit die Senkung der Treibhausgase. In einem effektiven Mix der Erneuerbaren Energieerzeugung muss sie den wesentlichen Bestandteil darstellen. Nach dem BUND Energiekonzept (Position 66) würde sich der Anteil in einem 100 %-Erneuerbaren-Szenario auf ca. 60% belaufen. Nach eigenen Berechnungen sind etwa 40.000 Windenergieanlagen notwendig. Davon ständen nach den BUND Berechnung ca. 9.000 Anlagen im Wald. Insgesamt sollte so für Windkraft verbaute Forstfläche auf maximal 0,1% der nutzbaren Waldfläche begrenzt sein (bei max. 0,5 ha Fläche pro WEA).
Für den Ausbau der Windkraft ist insgesamt eine Fläche von durchschnittlich 2 % (1–3 %) der Landesfläche erforderlich, dafür müssen ausreichend Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung ausgewiesen werden. 98 % der Landesfläche blieben frei von Windenergieplanungen.
Ausschlussflächen für Windkraft in besonders schützenswerten Wäldern
Der BUND definiert in seinen Positionen 56 (Windkraft und Naturschutz) und 57 (Lebendige Wälder) Ausschlussflächen für Windkraft: Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate (Zone I und II), Naturwaldreservate, geschützte Biotope sowie die FFH-(7%) und Vogelschutzgebiete des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 sollen ausgeschlossen werden. Diese Flächen überlagern sich in weiten Teilen. Sie entsprechen zusammengenommen und bereinigt von Überschneidungen 28 % der Waldfläche Deutschlands (ohne die Naturwaldreservate, die jedoch wenig Fläche ausmachen).
Neben den in den bestehenden BUND-Positionen aufgeführten Ausschlussflächen sollten auch Wälder in Wildnisgebieten im Sinne der Nationalen Biodiversitätsstrategie, Wälder, die als UNESCO Weltnaturerbe oder Weltkulturerbe ausgewiesen sind, standortgerechte Wälder mit einem Bestandsalter von über 100 Jahren (24%, BWI3), naturnahe oder sehr naturnahe Wälder (36%, BWI3) sowie Wälder in anderen Schutzgebieten, wenn durch Windkraft der Schutzzweck gefährdet wird, ausgeschlossen werden.
Die hier angesprochenen Waldflächen überlagern mehrfach. Das heißt, alte, naturnahe Wälder befinden sich in Naturschutzgebieten, die gleichzeitig als Natura-2000 Gebiet oder als Nationalpark oder Biosphärenreservat ausgewiesen sein können. Wird der Wald als Naturwald nicht mehr bewirtschaftet, also als Wildnis geschützt und ist das Waldgebiet entsprechend groß, kann er gleichzeitig ein Wildnisgebiet sein. Diese Wälder sind gleichzeitig die wichtigsten Lebensräume seltener Vogel- und Fledermausarten. Daraus ergibt sich, dass auf 25-36% der Waldfläche Deutschlands Windkraft aus den Anforderungen des Naturschutzes ausgeschlossen sein soll.
Windenergie nicht abwürgen
Aktuell versuchen die Regierungen in Bund und Land, den Ausbau der Windenergie vor Ort abzuwürgen. Bürgerninitiativen und Parteinen wie die FDP agitieren mit vorgeschobenen Argumenten gegen die Windkraft. Der BUND versteht seine aktuelle Positionierung deshalb als Beitrag zur Versachlichung der Debatte und Plädoyer für den naturverträglichen Ausbau der Windenergienutzung.