BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Neue Arten: Globalisierung der Natur

Nicht nur in Wirtschaft, Wissenschaft und Medien ist die Globalisierung ein Thema – sondern auch im Naturschutz. Mit dem verstärkten globalen Austausch von Waren werden auch Pflanzen und Tiere über weite Strecken in Gebiete gebracht, in denen sie ursprünglich nicht heimisch sind: die neuen Arten.

Ein Neubürger: die Kanadagans.  (Holger Sticht)

Neue Arten - wissenschaftlich "Neobiota" - sind solche, die nach der Entdeckung Amerikas im Jahre 1492 zu uns gelangt sind. Neue Pflanzen heißen "Neophyten", neue Tierarten "Neozoen".

Mitteleuropa ist ein klassisches Einwanderungsland: wir befinden uns immer noch in einer natürlichen Wiederbesiedlungsphase durch Arten, die durch die letzte Eiszeit, die gerade einmal 10.000 Jahre zurückliegt, verdrängt worden waren und im Zuge der für sie verbesserten klimatischen Bedingungen wieder einwandern. Zahlreiche Beispiele aus jüngster Zeit gibt es hierfür aus der Libellenwelt Nordrhein-Westfalens, z.B. Gabel-Azurjungfer oder Kleine Königslibelle. Sie stellen eine echte und natürliche Bereicherung dar. Insofern ist die Situation Deutschlands nicht zu vergleichen mit jener von Insellebensräumen wie beispielsweise Neuseelands, wo neue, allerdings ausnahmslos durch den Menschen eingeführte Arten verheerende Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna hatten und haben.

Aber es gibt auch bei uns einzelne problematische Arten. Dies sind in der Regel solche, die durch den Menschen oder seine Warenströme absichtlich oder zufällig aus anderen Teilen der Erde eingeführt worden sind. Wenn diese wegen ihres massiven Auftretens heimische Arten bedrängen oder gar verdrängen, werden sie als "invasive Neophyten" oder "invasive Neozoen" bezeichnet. Ein populäres Beispiel aus der Pflanzenwelt ist die durch die Forstwirtschaft aus Nordamerika eingeführte Spätblühende Traubenkirsche.

Aber auch hier ist es wichtig, zu differenzieren und Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln. So besteht etwa drei Viertel der Biomasse des Rheins aus neuen Arten, weil der Mensch den Strom mit seinen Chemieunfällen biologisch "auf Null" gesetzt und gleichzeitig getrennte Flusssysteme mittels Kanälen künstlich verbunden hatte. Auch das massive Auftreten des Drüsigen Springkrauts aus Nordindien entlang von Bachufern ist in der Regel eine Folge der menschlichen Verschlechterung des Lebensraums durch Begradigung, Vertiefung und die Verdrängung natürlicher Pflanzenfresser. Wo Bachlebensräume intakt sind, kommt es nicht zur Verdrängung der heimischen Springkrautart. Manche neue Arten, wie etwa das Schmalblättrige Greiskraut aus Südafrika, treten massiv auf, besiedeln aber vor Allem vom Menschen geschaffene Lebensräume wie Bahngleise, die bei uns keine heimischen Arten besetzen konnten. Das bei Pferdebesitzern unbeliebte, stellenweise verstärkt auftretende Jakobs-Greiskraut ist sogar eine heimische Pflanzenart und keinesfalls ein invasiver Neophyt. Andere Arten wiederum, wie die aus Nordamerika stammende Beifuß-Ambrosie, sind für Menschen ein Problem, nicht aber für die Natur. Ähnlich ist es bei Kanada- und Nilgans, durch deren Verkotung Liegewiesen beeinträchtigt werden, die in unseren Ökosystemen aber mehr Vor- als Nachteile bringen.

Der BUND bemüht sich um eine Versachlichung der leider oft hitzig und oberflächlich geführten Diskussion. Grundlage für uns sind wissenschaftliche Erkenntnisse, nicht persönliche Eindrücke und Geschmäcker.

Neobiota: Anregungen für eine Neubewertung

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