BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Neue Prognos-Analyse: Beschleunigung des Braunkohlenausstiegs möglich

19. April 2024 | Braunkohle, Braunkohle - Leitentscheidung, Energiewende, Garzweiler, Kohle

Landesregierung hat Braunkohlenbedarfe überschätzt

Unter der ehemalige Ortslage Lützerath wurde bis heute kein Gramm Braunkohle gefördert. Unter der ehemalige Ortslage Lützerath wurde bis heute kein Gramm Braunkohle gefördert.

  • Zerstörung Lützeraths energiewirtschaftlich nicht zu rechtfertigen
  • Ministerin Neubaur muss Kohleförderung weiter begrenzen
  • alternatives Tagebauszenario zur Verringerung der Landschaftszerstörung

Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert, die Debatte um eine Verschiebung des Braunkohlenausstiegs zu beenden. Diese entbehre einer belastbaren energiewirtschaftlichen Grundlage und schüre nur die Verunsicherung in der betroffenen Region. Der BUND stellt diese Forderungen anlässlich des Erscheinens einer aktuellen Analyse des renommierten Wirtschaftsforschungsunternehmens Prognos. Diese belegt, dass die Landesregierung bei ihren Abbauplanungen für den Tagebau Garzweiler den Bedarf an Braunkohle deutlich überschätzt hat.

Dirk Jansen, NRW-Geschäftsleiter des BUND: „Sowohl unter dem bereits 2018 zerstörten Dorf Immerath als auch unter dem 2023 geräumten Lützerath wurde bis heute kein Gramm Braunkohle gefördert. Da muss sich die Landesregierung ehrlich machen. Die Prognos-Analyse zeigt, dass sowohl die Kohlebedarfe zur Verstromung als auch zur Veredelung deutlich überschätzt wurden. Wir vom BUND erwarten deshalb, dass die Wirtschaftsministerin bei neuen bergrechtlichen Genehmigungen ihren Handlungsspielraum gegenüber RWE nutzt. Die Kohleförderung muss deutlich begrenzt werden.“

Laut Prognos ist bei den momentanen Erdgas- und CO2-Preisen und dem Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Europa auch in den folgenden Jahren eine niedrigere Stromerzeugung aus den Braunkohlenkraftwerken Niederaußem und Neurath zu erwarten als im von der Landesregierung zum damaligen Zeitpunkt beauftragten Gutachten unterstellt. Die Auswertung der Vollbenutzungs-stunden der Kraftwerke zeigt, dass bereits 2023 ein Rückgang auf eine Höhe eintrat, die im -Szenario der Landesregierung erst für etwa 2027 angenommen wurde. Zudem seien die Bedarfe zur so genannten „Kohleveredelung“ um bis zu 10 Millionen Tonnen überschätzt worden.

Für den BUND zeigt die Analyse, dass die Zeit der Braunkohle schneller vorbei sein wird, als bislang von der Landesregierung und dem RWE unterstellt. Um die Region dauerhaft zu befrieden, müsse die Politik das endlich anerkennen und entsprechend handeln.

 „Aus energiewirtschaftlicher Sicht war die Zerstörung Lützeraths nicht zu rechtfertigen“, sagte der BUND-Braunkohlenexperte Jansen. „Was bis heute fehlt, ist ein alternatives Tagebauszenario. Das muss Wege definieren, wie die Gestaltung und Rekultivierung der Braunkohlengruben unter größtmöglicher Vermeidung neuer Landschaftszerstörung erfolgen kann. Das heißt aber auch, die Abstände der Löcher zu den geretteten Siedlungen zum Schutz der Anwohner*innen zu vergrößern.“

Der BUND fordert deshalb die Landesregierung auf, die weitere Tagebauentwicklung bei anstehenden bergrechtlichen Zulassungen restriktiver zu handhaben als bisher.

 

Die Ergebnisse der Prognos-Analyse in Kurzform:

  • Der Gaspreis normalisierte sich im Jahr 2023 und 2024 schneller als im Jahr 2022 von den Marktakteuren als auch vom NRW4Climate- / BET-Gutachten der Landesregierung angenommen.
  • Zurzeit liegt der Gaspreis bei weniger als der Hälfte des im optimistischen Falle für 2024 angenommenen Preises und leicht unterhalb des für 2030 angenommenen Preises.
  • Die Kohleverstromung der Kraftwerke Niederaußem und Neurath im Jahr 2022 lag mit 4 Prozent geringfügig über den Annahmen des „Elektronen“-Szenarios.
  • Im Jahr 2023 lag die tatsächliche Kohleverstromung jedoch 35 Prozent unter den Annahmen und betrug lediglich 28 Terawattstunden (TWh) und somit 16 TWh weniger als angenommen.
  • In den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 verringerte sich die Kohleverstromung der beiden Kraftwerke um weitere 30 %, so dass auch für 2024 sehr wahrscheinlich ist, dass weniger Braunkohle verstromt wird als angenommen.
  • Die Kohleveredlungsmengen lagen 2022 und 2023 mit etwa 300 Kilotonnen (4 %) unter den Annahmen.
  • Die im NRW4Climate- /BET-Gutachten angenommene konstante Veredlungsmenge in den Jahren 2023 bis 2025 ist unwahrscheinlich und ein weiterer Rückgang entspricht sowohl dem momentanen Trend als auch sinkender Wirtschaftlichkeit durch CO2-Bepreisung und gesunkenem Erdgaspreis.
  • Bis 2030 wird der Bedarf für Veredlungsprodukte 5 bis 10 Millionen Tonnen geringer ausfallen.

 

Mehr Informationen:

  • Prognos: Auswertung der Kohleverstromung im Rheinischen Revier und Entwicklung der Kohleveredlungsmengen. Berlin, 24.03.2024; Download der Analyse
  • Videoclip zur Studie

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