BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Landtagswahl 2022

Die Wähler*innen haben entschieden: Die kommenden fünf Jahre wird NRW von einer Koalition von CDU und Bündnis 90/Die Grünen regiert. Mit einem "Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen" wurde die Koalition besiegelt. Dieser Vertrag beinhaltet neue Impulse auf dem Weg zu einem klimaneutralen NRW. Der Natur- und Freiraumschutz droht dabei aber ein Stück weit auf der Strecke zu bleiben.

„Koalition auf grünem Auge blind“

BUND-Bewertung des Koalitionsvertrages.

24.06.2022 | Der Koalitionsvertrag von CDU und Grünen weist nach Einschätzung des NRW-Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu viele Mängel auf, um ein tragfähiger Zukunftsvertrag für unser Land sein zu können.

„Trotz unbestreitbarer Fortschritte beim Klimaschutz bleibt der Schutz unserer Biodiversität vollkommen unterbelichtet. Die Koalition scheint auf dem grünen Auge blind zu sein“, kritisierte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Es fehlt eine harte Bremse zur Reduktion des Flächenverbrauchs, die Vergrößerung des Naturwaldanteils um gerade einmal 1 Prozent ist geradezu beschämend, die angekündigte Unterstützung zur Aufweichung des Arten- und Naturschutzes auf der EU-Ebene ist ein Angriff auf geltende Naturschutzstandards. Der Koalitionsvertrag ist ein Vertrag zwischen CDU und Grünen, nicht aber für die Zukunft unseres Landes.“

Statt klarer Festlegungen zum Flächenschutz in Form verbindlicher Ziele im Landesentwicklungsplan soll die 5 Hektar-Grenze nur als unverbindlicher Grundsatz verankert werden, eine „Netto-Null“-Perspektive fehlt vollständig. Stattdessen sollen Flächen für landesbedeutsame Großvorhaben „auf der grünen Wiese“ weiter gesichert werden. Auch der Landes- und Fernstraßenbau soll erst einmal ungebremst weiterlaufen. Wichtige Themen wie die Ausweisung von Wildnisentwicklungsgebieten oder die Wiedervernässung von Mooren und Auen als entscheidende Zukunftsaufgaben des Klima-, Hochwasser- und Biodiversitätsschutzes würden nicht angesprochen. Auch die geplante Aufweichung der Ausgleichsregelung bei Eingriffen in den Naturhaushalt sei im höchsten Maße kontraproduktiv. Das gelte auch für die Trennung der Ressorts Landwirtschaft und Umwelt. „Damit ist vorprogrammiert, dass sich das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium gegenüber allen Umweltbelangen durchsetzen wird“, so die Befürchtung von BUND-Chef Sticht.

Deutlich mehr Licht als Schatten sieht der Umweltverband hingegen beim Klimaschutz. Die Festschreibung des Kohleausstiegsdatums 2030, die Ankündigung einer neuen, dieses Mal finalen Braunkohle-Leitentscheidung und die weitere Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler zur Rettung von fünf Dörfern waren vom BUND lange gefordert worden. „Das Fehlen einer klaren Aussage zur Ortschaft Lützerath ist aber ein Fehler“, ist sich der BUND-Landesvorsitzende Sticht sicher. „Wir erwarten, dass bis zur angekündigten Einigung mit RWE über die Frage, welche Flächen bis zur Leitentscheidung noch genutzt werden sollen, keine weiteren Fakten geschaffen werden.“

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien zeichnet sich nach BUND-Auffassung ein Ende der jahrelangen Blockade ab. „Die Einführung einer solaren Baupflicht selbst für Bestandsgebäude und der Wegfall der 1.000 Meter-Abstandsregelung für Windenergieanlagen können der Energiewende neuen Schwung verleihen“, so Sticht. Positiv zu bewerten seien auch die Wiedereinführung einer landes- und regionalplanerischen Steuerung und konkrete Flächenvorgaben für die Planungsregionen.  Jetzt gelte es aber auch, für Freiflächen-PV-Anlagen und die Windenergie auf Forst-Kalamitätsflächen klare Biodiversitätsstandards zu definieren.

Braunkohle – das letzte Kapitel

Koalitionsvertrag eröffnet Weg für Lützerath-Moratorium

Lützerath, der Eggerather Hof und der Roitzerhof können erhalten werden. [Foto: Dirk Jansen]

Der zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen vereinbarte Koalitionsvertrag enthält in Sachen Braunkohle etliche der vom BUND lange geforderten Punkte. Auch wenn sich die Koalitionäre nicht auf ein vorgezogenes Zieldatum für die angestrebte Klimaneutralität einigen konnten und kein klimaschutzkompatibles Restbudget für die Braunkohle festgelegt wurde, rückt der endgültige Kohleausstieg jetzt deutlich näher. Der beschlossene Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen bis 2030, die Ankündigung einer zeitnahen neuen - und dieses Mal finalen - Leitentscheidung sowie die Rettung der fünf Garzweiler-Dörfer des 3. Umsiedlungsabschnittes sind nicht zuletzt auch ein Erfolg der Klimabewegung. Diese Leitentscheidung, so die Landesregierung, soll das letzte Kapitel für den Braunkohletagebau in Nordrhein-Westfalen sein.

Auch die klare Aussage, die  Tagebaufolgekosten vollständig der RWE Power AG anzulasten und zur aktuellen Bewertung sämtlicher Tagebaufolgekosten ein unabhängiges Gutachten in Auftrag zu geben, entspricht einer BUND-Forderung, die unter Rot-Grün damals nicht umsetzbar war. Weitere wichtige Punkte wie den Vergabeprozess für Strukturwandel-Projekte transparenter zu gestalten, Arbeit und Struktur der Zukunftsagentur Rheinisches Revier zu verbessern und den Strukturwandel besser mit der Braunkohle- und der Regionalplanung zu verzahnen, begrüßt der BUND ebenfalls. Dies gilt auch für die Betonung der Wichtigkeit eines gesamträumlichen Wasserkonzepts und des Ökosystemverbunds. Das Bekenntnis zu einer in öffentlichem Eigentum stehenden großflächigen Waldvernetzung im südlichen Teil des Tagebaus Hambach und zum dauerhaften Erhalt des Hambacher Waldes ist gleichfalls positiv, muss jetzt aber durch entsprechende Projekte und Entscheidungen umgesetzt werden.

Weiter Streit um Lützerath

Doch wie steht es mit der Debatte um den Erhalt Lützeraths? Die RWE Power AG hat noch am 23. Juni gegenüber dem Braunkohlenausschuss deutlich gemacht, dass sie an ihren Plänen zur Zerstörung Lützeraths festhalten will. Bis August 2022 wird es danach noch eine Bandrückung vor Lützerath geben; der Tagebau wird danach einen „temporären Stand“ 200 Meter vor der Ortslage erreichen. Nach Übergabe der noch bewohnten landwirtschaftlichen Anwesen im September 2022 soll der Rückbau der Aufbauten erfolgen und die bergbauliche Inanspruchnahme von Lützerath mit dem Schaufelradbagger beginnen. Das aber widerspräche den Festlegungen im Koalitionsvertrag.

Danach soll wegen des vorgezogenen Kohleausstiegs die Tagebauplanung für Garzweiler zeitnah angepasst werden. Die weitere Tagebauführung in Garzweiler und Hambach soll unter Berücksichtigung aller Massenbedarfe so gestaltet werden, dass die Flächeninanspruchnahme auf ein Minimum begrenzt wird. Hierzu soll die Massenbilanzierung transparent evaluiert werden. Mit der RWE Power AG soll ein Einvernehmen darüber hergestellt werden, welche Tagebauflächen bis zur Fertigstellung der neuen Leitentscheidung noch genutzt und welche anderweitigen Eingriffe bis dahin noch erfolgen werden.

Landesregierung muss Moratorium vereinbaren

Deshalb erwartet der BUND, dass die Landesregierung mit RWE vereinbart, dass zumindest bis zur Verabschiedung der fünften und letzten Braunkohle-Leitentscheidung keine irreversiblen Fakten geschaffen werden. Letztendlich kann erst die aufgrund des neuen Tagebaudesigns notwendig werdende Massenbilanzierung Klarheit darüber bringen, welche Flächen überhaupt noch benötigt werden, um die Restlochgestaltung zu gewährleisten. Aus Klimaschutzsicht ist eh klar, dass die Braunkohle unter Lützerath oder in der „Holzweiler Bucht“ im Boden bleiben muss, soll das Restbudget an Braunkohle nicht überschritten werden.

Zum 1. Januar 2023 benötigt die RWE Power AG die Zulassung eines neuen Hauptbetriebsplans. Ansonsten steht der Tagebau still. Insofern sollte es auch im Interesse des Bergbautreibenden liegen, hier ein Einvernehmen mit der Landesregierung zu erzielen. Für den BUND ist dabei nur eine Verlängerung der Zulassung innerhalb der Grenzen des bisherigen Hauptbetriebsplans exklusive Lützerath eine tragfähige Option.

BUND-Forderungen zur Landtagswahl

Ein ökologischer Aufbruch ist überfällig

Ein Rückblick auf fünf Jahre Schwarz-Gelb zeigt, dass diese Landesregierung keine Lösungen für die zentralen Herausforderungen gefunden hat. Weder der Klimakrise noch der Biodiversitätskrise wurde wirksam begegnet – im Gegenteil. Noch immer klammert sich Schwarz-Gelb an die Kohle, die Verkehrswende wurde ausgebremst, unsere natürlichen Lebensgrundlagen werden einer entfesselten Wirtschaft geopfert, die Bürgerbeteiligung reduziert.

[vgl. Fünf verlorene Jahre. BUND-Bilanz der Legislaturperiode 2017 bis 2022]

Am 15. Mai haben die Bürger*innen Nordrhein-Westfalens die Wahl: Bleibt es bei einem „Weiter so wie bisher“ oder schafft unser Land die Wende zu einem ökologischen Aufbruch, der die Grenzen des Wachstums akzeptiert, unsere Lebensgrundlagen sichert und mehr soziale Gerechtigkeit schafft. Dazu hat der BUND zentrale Forderungen aufgestellt.

Wir fordern alle Kandidat*innen im Landtagswahlkampf 2022 und die neue Landesregierung dazu auf, sich für zukunftsfähige Politik einzusetzen und dafür folgende Schritte einzuleiten:

BUND-Kernforderungen zur Landtagswahl 2022

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BIODIVERSITÄT ERHALTEN UND STÄRKEN

FLÄCHENVERBRAUCH STOPPEN
Noch immer gehen in NRW jeden Tag mindestens 6 Hektar Freiraum für Siedlungsgebiete, Gewerbe- und Industrieflächen sowie für Verkehrstrassen verloren. Dazu kommt der Flächenfraß durch Abgrabungen und Tagebaue. Damit verbunden ist ein fortschreitender Verlust wichtiger Lebensräume, wertvoller Böden und unverzichtbarer Anbauflächen.
Der Flächenverbrauch in NRW soll deshalb bis spätestens 2035 gestoppt bzw. auf Netto-Null gebracht werden. Dies ist als Ziel im Landesentwicklungsplan festzuschreiben. Hierfür wird die Einführung neuer Modelle in der Städtebau- und Kommunalförderung erforderlich. Eine Neuausweisungsumlage soll dazu führen, dass Verbraucher von Neubauland Geld in einen Fond einzahlen, aus dem Mehrkosten (Abriss, Bodensanierung) bei der Nachverdichtung, bei Siedlungsumbauten und Industriebrachen mitfinanziert werden. Ein weiteres notwendiges Instrument sind handelbare Flächenausweisungsrechte, damit vor allem Kommunen auch untereinander eine sinnvolle Verteilung von Flächen erzielen können.


UMSETZUNG DER NRW-BIODIVERSITÄTSSTRATEGIE
Der Schwund der biologischen Vielfalt ist neben dem Klimawandel die größte globale Umweltgefahr. NRW hat das erkannt und 2016 seine Biodiversitätsstrategie verabschiedet. Diese wurde von Schwarz-Gelb nahezu ausgesetzt.
Ohne eine signifikante Erhöhung der öffentlichen Mittel zum Schutz und zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt kann dieser Prozess nicht aufgehalten werden. Auch müssen gesetzliche Regelungen, Subventionsprogramme und ministerielle Zuständigkeiten klar und transparent auf das Ziel Erhaltung der Biodiversität ausgerichtet werden.
Die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Landes NRW ist gemäß der darin formulierten Zeitachsen fortzuführen. Sie ist ferner ab 2022 zu evaluieren und fortzuschreiben. Hierzu zählt auch, die Aufgaben und Ziele der Strategie mit einem wachsenden Naturschutzetat zu hinterlegen. Ferner ist ressortübergreifend sicherzustellen, dass Subventionen, die nicht den Standards der Biodiversitätsstrategie entsprechen, abgebaut werden. Durch den Abbau und schließlich die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen werden die zur Aufstockung des Naturschutzetats notwendigen Mittel frei.


WALDWENDE FÜR NRW
Nicht zuletzt die Dürresommer mit den daraus folgenden Totalausfällen von Forstökosystemen haben eindrucksvoll vor Augen geführt, dass die bisherige Forstpolitik und -praxis auf dem Holzweg ist. Mit dem Waldbaukonzept NRW und der darauf aufgebauten Förderkulisse hat die schwarz-gelbe Landesregierung diese gescheiterte Politik absurderweise fortgesetzt. Dabei haben die Extremwetter gezeigt, dass naturnahe Waldökosysteme nicht nur die bestmöglichen Voraussetzungen für die Vermeidung von Hochwasser und den Schutz der biologischen Vielfalt bieten, sondern auch die größte Klimaresilienz aufweisen und damit Holzernten auch langfristig ermöglichen können.
Wir fordern, dass das Waldbaukonzept NRW durch ein Waldentwicklungskonzept ersetzt wird, dass sich an dem ausrichtet, was unsere Wälder von Natur aus leisten können – nicht umgekehrt! Dieses Waldentwicklungskonzept ist auf Basis der Vegetationskunde und damit naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu erstellen, an Biodiversitätsstandards wie die Vermeidung von Aufforstung, ausnahmsweise ausschließlich truppweiser Anpflanzung von ausschließlich standortheimischen Arten und Sippen auszurichten. Nur an einem solchen Waldentwicklungskonzept kann die Förderkulisse des Landes ausgerichtet werden.
Das Landesforstgesetz ist zu einem Waldgesetz zu weiterzuentwickeln, dass u.a.
a) die Naturverjüngung als Ziel der Waldentwicklung formuliert und
b) die Auflage einer Waldumwandlungsgenehmigung für die aus Klima- und Naturschutzgründen so entscheidenden Maßnahmen der Wiedervernässung sowie Maßnahmen zur Erreichung des guten Erhaltungszustands von geschützten Lebensraumtypen abschafft.


WILDNISENTWICKLUNG UND NATURWÄLDER VORANBRINGEN
Das NRW-Naturerbe soll weiter gestärkt werden. Hierzu ist die Etablierung von möglichst großflächigen Wildnisentwicklungsgebieten auf zwei Prozent der Landesfläche (inkl. Nationalparke) sowie von Naturwäldern auf 10 Prozent der Landesfläche bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Hierfür sollen in verstärktem Maße landeseigene Schutzgebiete bereitgestellt werden. Um auch private Flächeneigentümer stärker zu motivieren, ihren Flächenbesitz entsprechend den Zielen des Nationalen Biodiversitätsstrategie zu entwickeln bzw. dort eine dauerhafte Wildnisentwicklung zuzulassen, soll die Landesregierung Möglichkeiten von Steueranreizen prüfen.


SCHUTZGEBIETE WIRKSAM SCHÜTZEN
Naturschutz- und FFH-Gebiete, geschützte Landschaftsbestandteile und gesetzlich geschützte Biotope haben eine herausragende Aufgabe: Sie sollen hoch wertvolle Lebensräume mit ihrer Vielfalt an Pflanzen und Tieren bewahren und fördern. Doch die Naturschutzgebiete und NATURA 2000-Gebiete NRWs befinden sich überwiegend in keinem guten Erhaltungszustand. NRW wird als Teil der Bundesrepublik wegen Nicht-Umsetzung der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt.
Wir fordern ein umfassendes Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden und leichtlöslichen Mineraldüngern in Schutzgebieten, was insbesondere landwirtschaftliche Flächen betrifft. Hierzu muss die künftige Landesregierung auf Landes- wie Bundesebene gesetzgeberisch aktiv werden und ebenso Förderprogramme aufstellen. Die ggf. erforderliche Zahlung von Erschwernisausgleichen soll mit Landesmitteln vorfinanziert werden. Auf den eigenen Landwirtschaftsflächen muss das Land mit gutem Beispiel vorangehen. Für die NATURA 2000-Gebiete fordern wie die vollständige Aufstellung und Umsetzung qualifizierter Managementpläne unter Beteiligung der Naturschutzverbände bis 2024.


UNTERSTÜTZUNG DES NATURSCHUTZ-EHRENAMTS
Der Schutz des Naturerbes NRW ist nur mit dem Naturschutz-Ehrenamt realistisch und umsetzbar. Für die ehrenamtlich aktiven Menschen bedarf es einer ähnlichen systematischen Förderung entsprechend der Sportförderung des Breitensportes. Doch derzeit fehlen wirksame Instrumente zur Unterstützung.  
Wir fordern einen neuen Erlass zur Förder-Richtlinie Naturschutz (FöNa), der gesetzlich anerkannten Naturschutzvereinigungen die Möglichkeit bietet, ihre Leistungen auf möglichst unbürokratischem Wege geltend zu machen.

UMWELT- UND TIERSCHUTZGERECHTE LANDWIRTSCHAFT VORANBRINGEN

Rund 43 Prozent der Fläche Nordrhein-Westfalens wird landwirtschaftlich genutzt. Das hat maßgeblichen Einfluss auf die Pflanzen- und Tierwelt, unsere Gewässer, den Boden und das Landschaftsbild. Insbesondere beim Erhalt der Artenvielfalt und beim Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung bestehen massiver Handlungsbedarf und Eile.


KURS HALTEN - KEIN ROLL-BACK IM WINDSCHATTEN DES UKRAINE-KRIEGES
Als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine, die absehbaren enormen Ernteausfälle sowie Handelsbeschränkungen mit Russland fordern Teile der Landwirtschaftslobby und Politiker*innen insbesondere von CDU und FDP, die ‚Farm to Fork‘-Strategie der EU für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion auszusetzen. Auf zentrale Maßnahmen wie eine Reduktion des Pestizideinsatzes um 50 Prozent und die gleichzeitige Ausweitung des Ökolandbaus auf einem Viertel der Flächen bis zum Jahr 2030 solle verzichtet werden, ebenso auf die Extensivierung auf 4 Prozent der Flächen. Die künftige Landesregierung muss sich einer solchen Totalumkehr hin zu den Fehlern von gestern auf allen Ebenen entgegenstemmen: Klimaschutz, der Erhalt der Artenvielfalt und fruchtbare Böden sind kein Luxus für ‚gute‘ Zeiten, sondern elementare Basis für die Zukunft der Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit.


NATURVERTRÄGLICHE LANDWIRTSCHAFT UND REGIONALE MÄRKTE SICHERSTELLEN
Nordrhein-Westfalen gehört beim Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen im Bundesvergleich zu den Schlusslichtern. Wir fordern, 25 Prozent der Äcker, Wiesen und Weiden bis zum Jahre 2030 ökologisch zu bewirtschaften. Das Land muss diesen Prozess aktiv vorantreiben, Ökolandbau als Standard für seine eigenen Flächen festschreiben und mit verbindlichen Vorgaben für die Gemeinschaftsverpflegung von Land und Kommunen eine starke und für die Höfe planbare Nachfrage nach Erzeugnissen aus regionalem Bioanbau und extensiver Weidetierhaltung sicherstellen.


WEIDETIERHALTUNG UND BÄUERLICHE BETRIEBE STÄRKEN
Ein ruinöser Preiskampf in der Milchwirtschaft drückt vor allem kleine bäuerliche Betriebe ins wirtschaftliche Aus – mit negativen Folgen auch für die Kulturlandschaft. Zum Erhalt und zur Förderung von artenreichem Grünland, zur Stärkung des Tierschutzes und zur Sicherung bäuerlich geführter Milchviehbetriebe in NRW sollte das Land in ausgewählten Regionen gemeinsam mit Landwirtschaft und Handel qualitativ hochwertige Programme zur Weidehaltung und abgestimmte Konzepte zur Vermarktung von Produkten aus Weidehaltung entwickeln und umsetzen.


VERBINDLICHE REDUKTION VON PESTIZIDEN UND DÜNGEMITTELN
Der gravierende Artenrückgang in der Agrarlandschaft erfordert auch außerhalb von Schutzgebieten großflächig eine massive Absenkung des Einsatzes von Pestiziden und Düngemitteln. Die vollständige Umsetzung der Vorgaben (50%-Reduktion bis 2030) der EU muss durch die künftige Landesregierung sichergestellt und kontrolliert und die landwirtschaftliche Beratung umgebaut und im Sinne der Pestizidreduktion gestärkt werden.


WENIGER TIERE – BESSERE HALTUNG
Große Teile der landwirtschaftlichen Tierhaltung in NRW bedürfen eines Umbaus hin zu tiergerechteren Haltungsformen und mit Blick auf Futtergrundlage und Nährstoffeinträge einer konsequenten Bindung der Tierzahl an die Fläche. Hierfür muss eine gute Balance zwischen den Interessen von Naturschutz und Tierhaltung gefunden werden. Dem Ziel einer langfristigen Sicherung der globalen Ernährung muss sich auch das Land NRW stellen. Dieses wird nur erreicht werden können, wenn Futtermittelanbau und Tierhaltung deutlich zurückgefahren werden. Gerade in Zeiten, in denen die Ernährung gefährdet ist, darf es keine Verschwendung von Getreide durch übermäßige Nutztierhaltung geben, sondern muss es vorrangig und direkt als Lebensmittel für Menschen dienen. Dieses muss auch die Strategie für NRW sein. Insbesondere in den viehdichten Regionen NRWs bedarf es eines Konzepts zur Abstockung des Tierbestandes.  

GEWÄSSER SCHÜTZEN

EU-WASSERRAHMENRICHTLINIE BESCHLEUNIGT UMSETZEN
Nach den geltenden Gesetzen sollten bereits 2015 alle Bäche, Flüsse, Seen und das Grundwasser einen guten Zustand erreichen. Doch die Landesregierung hat es bis heute versäumt, schlagkräftige Strukturen zu schaffen, die Erfolge garantieren. Ausreichende personelle Kapazitäten mit dem notwendigen Sachverstand und genügende Finanzmittel fehlen bis heute; d.h. die Verzögerungen sind hausgemacht. NRW riskiert damit, bei Verhängung einer Vertragsstrafe gegen Deutschland zur Kasse gebeten zu werden.
Der BUND fordert deshalb, Wasserthemen als integralen Bestandteil in Politikfeldern wie Raumplanung, Bau, Verkehr, Energie, Land- und Forstwirtschaft zu betrachten. Die strukturellen Hemmnisse wie zersplitterte Zuständigkeiten bei Gewässerausbau und -unterhaltung sind abzuschaffen, die bisher bremsenden Wasser- und Bodenverbände müssen reformiert werden. Auf allen Behördenebenen muss qualifiziertes Personal deutlich aufgestockt und der Mitteleinsatz zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie deutlich erhöht werden. Auch die Flächensicherung über Raumordnungsverfahren muss deutlich beschleunigt, der Hochwasserschutz immer mitgedacht und –geplant werden. Letztendlich muss die Akzeptanz für Gewässerschutz aktiv gefördert werden. Denn neben Natur und Menschen sind viele Wirtschaftszweige von ausreichend sauberem Wasser abhängig.


WASSER ALS SCHLÜSSELTHEMA
Das Leben vieler Pflanzen und Tiere ist zentral an das Thema Wasser geknüpft. Gewässer und ihre Auen sind Biotopverbund und Lebensadern. Sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen überhaupt. Zahlreiche Insekten verbringen ihr Larvenstadium in Gewässern. Sie dienen Fischen, Amphibien, Vögeln als Nahrung. Der Klimawandel führt zu Hitze, Trockenheit und Hochwasser und verschärft damit den menschengemachten Stress für die Gewässerorganismen weiter. Wir können es uns nicht leisten, Wasser zu verschwenden und zu verunreinigen und unseren Bächen und Flüssen buchstäblich das Wasser abzugraben.
Die neue Landesregierung muss daher Wasser als eines der Schlüsselthemen für ein klimaresilientes Nordrhein-Westfalen begreifen. Den Auswirkungen des Klimawandels auf die im und mit den Gewässern lebenden Arten muss beschleunigt begegnet werden, Bäche und Flüsse müssen wieder frei fließen können und benötigen Beschattung. Grundwasser, Bäche und Flüsse sind so bewirtschaften, dass ihre Funktion für den Naturhaushalt erhalten bzw. wiederhergestellt wird. Das bedeutet auch, Wasser wieder verstärkt in der Landschaft, in Bächen und Flüssen zu halten, u.a. durch Wiederherstellung von Auen, Mooren, und Feuchtgebieten. Die Fließgewässerkorridore sind zudem in das Biotopverbundsystem zu integrieren. Nach wie vor sind die stofflichen Belastungen von Grund- und Oberflächengewässern zu hoch; sie müssen konsequent reduziert werden.


HOCHWASSERSCHUTZ ÖKOLOGISIEREN
Der Ablauf des Hochwassers 2021 offenbarte das komplette Organisationsversagen der Landesregierung: Grundlagen fehlen oder sind unzureichend, die Behördenzusammenarbeit ist nicht eingespielt, es mangelt an qualifiziertem Personal. Dazu kommt ein verfehltes Flächenmanagement.
Die Landesregierung muss deshalb endlich die organisatorischen Voraussetzungen für Vorsorge und Krisenmanagement schaffen, d.h. ausreichendes, qualifiziertes Personal vorhalten, Alarm- und Evakuierungspläne erstellen, regelmäßige Katastrophenschutzübungen durchführen. Der Hochwasserschutz am Rhein gehört in Landeshand.  
Alle hydrologischen Grundlagen für Überschwemmungsgebiete, Hochwassergefahren- und -risikokarten sowie Hochwasserwarnungen müssen überprüft und korrigiert werden. Dabei sind historische Hochwasserereignisse und durch Klimawandel oder Flächennutzungsänderungen entstandene Trends einzubeziehen. Die Überschwemmungsgebiete sind mit aktuellen Daten neu festzusetzen bzw.  auf Basis der regelmäßig überprüften Daten zu korrigieren. Alle Überschwemmungsgebiete müssen konsequent von Bebauung und Ackernutzung freigehalten werden. Wassergefährdende Stoffe - auch im Bestand – sind aus den Überschwemmungsgebieten zu verbannen. Auch entlang des Rheins müssen alle Möglichkeiten zur Schaffung zusätzlicher Überschwemmungsflächen genutzt werden, z.B. durch rheinferne Deichvarianten wie in Düsseldorf-Himmelgeist.    
Grundsätzlich müssen Hochwasserschutz und Gewässerrenaturierung stärker zusammen gedacht werden.  Naturbasierte Lösungen wie die Rückgewinnung von Flussauen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes ist der Vorrang vor technischen Lösungen einzuräumen.


LANDESWASSERGESETZ NOVELLIEREN
Mit der Novelle des Landeswassergesetzes (LWG) in 2020 wurden der Kies-/Sandabbau in der Wasserschutzzone 3 ermöglicht, wasserrechtliche Erlaubnisse entfristet, die staatliche Überwachung von Abwassereinleitungen weitgehend den Anlagenbetreibern überlassen. Auch weitere Änderungen schwächten den Gewässerschutz zugunsten wirtschaftlicher Belange. Dies gilt es zu revidieren.
Der Abbau von Kies und Sand in Wasserschutzgebieten und in Überschwemmungsbereichen muss untersagt werden. Zur besseren raumplanerischen Steuerung sind Abgrabungsflächen als Vorranggebiete mit Eignungswirkung in den Regionalplänen darzustellen. Dazu ist eine Landesrohstoffstrategie zu verabschieden, die sich auf die regionalen Bedarfe und ein verstärktes Recycling von Baustoffen setzt. Die Einführung eines „Kieseuro“ ist zu prüfen.
Durch eine Novelle des Landeswassergesetzes muss ferner die Befristung der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis wiedereingeführt werden; Erlaubnisse sind fortlaufend an die aktuellen wasserwirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Auch die behördliche Überwachung von Abwassereinleitungen in Fließgewässern und das Vorkaufsrecht von Landflächen in Gewässernähe müssen wiedereingeführt werden.
Zum besseren Schutz unserer Gewässer vor schädlichen Stoffeinträgen sind Gewässerrandstreifen von mindestens 10 m Breite in der freien Landschaft und von 5 m innerorts festzulegen. Die Formulierung im § 28 LWG, dass der Gemeinwohlbelang „CO2-Einsparung durch Energieerzeugung durch Wasserkraft“ gegenüber dem Gemeinwohlbelang „Erreichung des guten ökologischen Zustandes der Gewässer“ höher einzustufen ist, muss gestrichen werden.
Letztendlich müssen auch die Rückschritte bei der verpflichtenden Öffentlichkeitsbeteiligung an der Planung von Gewässerschutzmaßnahmen revidiert werden. Die Beteiligung der Stakeholder in den Planungsprozessen ist eminent wichtig, um eine möglichst große Transparenz und breite Akzeptanz herzustellen.

KLIMA RETTEN - KOHLEAUSSTIEG VOLLENDEN

Nordrhein-Westfalen konnte seinen Ausstoß von Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 1990 um 45 Prozent reduzieren – das ist zweifellos ein Fortschritt. Allerdings waren dafür vor allem externe Faktoren wie der von der Klimabewegung erzwungene Kohleausstieg und Überkapazitäten bei Kraftwerken wegen des Zubaus an erneuerbaren Energien in den anderen Bundesländern verantwortlich. Um auf einen mit der 1,5 Grad-Grenze des völkerrechtlich verbindlichen Pariser Klimaschutzabkommens kompatiblen Pfad zu kommen, bedarf es neuer politi-scher Weichenstellungen.


LANDESKLIMASCHUTZGESETZ NOVELLIEREN
Am 1. Juli 2021 hat die schwarz-gelbe Landtags-Mehrheit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes aus dem Jahr 2013 zugestimmt und damit die Zielvorgaben an diejenigen des Klimaschutzgesetzes des Bundes angepasst. Auslöser dafür war der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021, mit dem das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klima-Abkommens für verfassungsrechtlich verbindlich erklärt wurde. Die jetzt angestrebte Klimaneutralität bis 2045 reicht aber nicht. Das für Deutschland bestehende Restbudget an Treibhausgasemissionen macht es erforderlich, deutlich vor 2040 klimaneutral zu werden. Wir fordern deshalb eine Anpassung der Ziele im Landes-Klimaschutzgesetz. Darüber hinaus braucht es zudem klar definierte Sektor- und Zwischenziele. Diese müssen in einem „Sofortprogramm Klimaschutz NRW“ schnellstmöglich mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden. Zudem muss ein „Klima-Check“ eingeführt werden: Alle Gesetze, Verordnungen, Pläne und Maßnahmen des Landes müssen unter den Vorbehalt gestellt werden, dass sie dem Erreichen der Klimaneutralität dienen.


ENERGIEVERSORGUNGSSTRATEGIE NACHBESSERN
Die Energieversorgungsstrategie des Landes ist entsprechend zu überarbeiten und an die 1,5 Grad-Grenze anzupassen. Der Fokus muss insbesondere auch darauf gelegt werden, größtmögliche Energie-Autarkie zu erlangen. Wie wichtig eine solche ist, führt uns gerade der Ukraine-Krieg vor Augen. Es bedarf daher einer Abkehr von der bisherigen Strategie, die überwiegend auf Energieimporte setzt. Es gilt, alle naturverträglich zu erschließenden heimischen Potenziale der erneuerbaren Energien zu nutzen und auch die Wasserstoff-Strategie stärker auf Importunabhängigkeit auszurichten.
Der Krieg in der Ukraine taugt nicht als Argument für eine künstliche Verlängerung der Laufzeiten von Braun- oder Steinkohle-Kraftwerken. Stattdessen müssen alle Möglichkeiten der Steigerung der Energieeffizienz und des Energiesparens mobilisiert werden. Sobald das Urteil zur Aufhebung des Bebauungsplans für das Steinkohlekraftwerk Datteln IV rechtskräftig ist, muss das Land NRW die immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufheben, das Kraftwerk stilllegen und unverzüglich zurückbauen, damit die Fläche für Folgenutzungen frei wird.


BRAUNKOHLEAUSSTIEG BIS 2030 VOLLENDEN
Am 23. März 2021 hat das Landeskabinett die neue Leitentscheidung für das Rheinische Braunkohlerevier beschlossen. Damit bekräftigt die Landesregierung ihre generelle Absicht, bis 2038 noch 900 Millionen Tonnen Braunkohle fördern zu wollen. Das Dorf Lützerath soll endgültig für den Tagebau Garzweiler zerstört werden, die übrigen Garzweiler-Dörfer bekommen einen Aufschub bis Ende 2026.
Wir fordern von der neuen Landesregierung umgehend eine neue Leitentscheidung, die den klimaschutzpolitischen Notwendigkeiten vollumfänglich entspricht. Das heißt: Die Kohleförderung aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler darf ab dem Bezugsjahr 2021 die Grenze von 200 Millionen Tonnen nicht überschreiten. Der Erhalt aller Dörfer muss durch eine verbindliche Zurücknahme der Tagebaugrenzen garantiert werden. Dies ist schnell durch die Änderung der Braunkohlenpläne zu fixieren. Bis dahin muss ein genereller Abriss-Stopp gelten. Alle Grundabtretungsbescheide sind zurückzunehmen und die bergrechtlichen Zulassungsentscheidungen anzupassen.


„HAMBACHER ZUKUNFTSWALD“ UND BIOTOPVERBUND SICHERN
Zur dauerhaften Sicherung und Wiedervernetzung der Hambacher Bürgewälder ist in enger Abstimmung mit den anerkannten Naturschutzvereinen und Kommunen ein Konzept für einen „Hambacher Zukunftswald“ zu entwickeln und die entsprechende sofortige Flächensicherung zu gewährleisten. Zur Vermeidung weiterer Beeinträchtigungen müssen die Wälder im Bereich des Tagebaus Hambach in einem ersten Schritt als Wildnisentwicklungsgebiet ausgewiesen und danach für das europäischen Natura 2000-Netz als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet nachgemeldet werden. Eine (Rück)Überführung in gemeinnütziges Eigentum (z.B. in eine Bürger*innen-Stiftung „Hambacher Zukunftswald“) muss sicherstellen, dass der Wald wieder alle Allgemeinwohlfunktionen erfüllen kann.
Die neue Landesregierung wird ferner aufgefordert, alle notwendigen Schritte und Maßnahmen zu forcieren und die entsprechenden Mittel bereitzustellen, um ein revierweites Biotopverbundsystem zu etablieren. Dies muss sowohl den waldgebundenen Tierarten wie der Wildkatze oder der Bechsteinfledermaus als auch den Offenlandarten (Feldhamster, Grauammer, etc.) Rechnung tragen. Das Abbaggern der sogenannten "Manheimer Bucht" zur Gewinnung von Materialien zur Kippengestaltung im Hambacher Restloch muss gestoppt werden, da es die Wiedervernetzung der ansonsten isolierten Restwälder erschwert und den Biotopverbund verhindert.


EWIGKEITSLASTEN DER BRAUNKOHLE ABSICHERN
Noch lange nach Tagebauende werden die Ewigkeitslasten der Braunkohlengewinnung unseren Gewässerhaushalt und die Umwelt belasten. Die künstliche Befüllung der Restlöcher, die Stützung der grundwasserabhängigen Feuchtgebiete und der Grundwasserwiederanstieg im Verbund mit irreversiblen Bergsenkungen sind Aufgaben bzw. Herausforderungen, für die der Bergbaukonzern RWE keine hinreichenden Rückstellungen gebildet hat. Um auszuschließen, dass diese Langzeitfolgen der Allgemeinheit aufgebürdet werden, sind Lösungen zu entwickeln, die eine verursachergerechte Kostenübernahme garantieren.  Denkbar sind zum Beispiel die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Fonds mit Nachschusspflicht durch RWE oder ein geeignetes Stiftungsmodell.


STRUKTURWANDEL FORCIEREN
Die ökologisch-soziale Transformation des Rheinischen Reviers muss grundsätzlich neu aufgestellt werden. Anstatt mit den Fördermilliarden ein „Weiter so wie bisher“ zu zementieren, sind alle Maßnahmen an den UN-Nachhaltigkeitszielen auszurichten. Neben rein ökonomischen Belangen müssen dabei auch alle Möglichkeiten zur ökologischen Revitalisierung der Region genutzt werden. Die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) muss endlich demokratisch legitimiert und die Zivilgesellschaft aktiv – auch in den Entscheidungsgremien – eingebunden werden. Alle Maßnahmen, das Rheinische Revier zu einer Sonderwirtschaftszone mit gesenkten Umwelt- und Beteiligungsstandards zu machen, gehören zurückgenommen. Anstatt Freiraum zu versiegeln, sind vorrangig alle geeigneten Bergbau-Betriebsflächen und Kraftwerksstandorte für Folgenutzungen bereit zu stellen. Das Zusammenspiel von Braunkohlenausschuss, Regionalplanung und ZRR ist grundlegend neu zu gestalten.


ATOMAUSSTIEG UMSETZEN
Auch wenn in Nordrhein-Westfalen schon lange kein Atomkraftwerk mehr am Netz ist, bleibt unser Land ein wichtiger Atomstandort. Wir erwarten deshalb von der Landesregierung, dass sie alle Möglichkeiten nutzt, die Urananreicherungsanlage in Gronau stillzulegen. Zudem erwarten wir Initiativen, den unverantwortlichen Brennelementeexport von Deutschland z.B. zu den grenznahen Hochrisikoreaktoren Doel und Tihange zu beenden und diese AKW sofort stillzulegen. Ferner muss sich die Landesregierung für einen Planungsstopp für das geplante Logistikzentrum für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll in Würgassen einsetzen. Es kann nicht angehen, dass Würgassen für 30 Jahre zu einer Atommülldrehscheibe zur Belieferung des Endlagers Konrad bei Salzgitter wird. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Standort wegen des Hochwasserrisikos untragbar ist und auch fernab überregionaler Verkehrsanbindungen liegt.


100 % ERNEUERBARE ENERGIEN BIS 2035
Das Land NRW hinkt bei der Nutzung der erneuerbaren Energien weit hinter den klimaschutzpolitischen Notwendigkeiten zurück. Von der neuen Landesregierung erwarten wir deshalb eine Ausbauoffensive, die alle sachlich nicht begründbaren Restriktionen zurücknimmt und den regulatorischen Rahmen schafft, damit alle naturverträglichen Potenziale von Sonne, Wind und Geothermie erschlossen werden können.  Bis spätestens 2035 muss die Stromerzeugung zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basieren.
Der BUND hält den Ausbau der kleinen Wasserkraft für ökologisch nicht vertretbar – und für unnötig, um die Energiewende zum Erfolg zu führen. Hier ist der Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer unbedingter Vorrang einzuräumen. Der Anbau und die Entnahme von Biomasse dürfen die gesetzlich und politisch definierten Ziele des Naturschutzes nicht gefährden und sind in eine nachhaltige Landnutzung zu integrieren. Der Einsatz von biologischen Abfall- und Reststoffen zur Energienutzung muss dabei Priorität bekommen.


HEMMNISSE FÜR ERNEUERBARE BESEITIGEN
Die fachlich nicht begründbaren Hemmnisse für die Windenergienutzung müssen unverzüglich zurückgenommen werden. Dazu gehören die 1.000 Meter-Abstandsregel von Windenergieanlagen (WEA) zu Wohngebieten und der weitgehende Ausschluss von Windrädern in Wirtschaftsforsten. Der Leitfaden „Windenergie im Wald“ ist dazu als Planungshilfe für die Kommunen wieder aufzulegen.
Im Landesentwicklungsplan muss das Ziel verankert werden, 2 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete mit Eignungswirkung für die Windenergie regionalplanerisch zu sichern. Eine Steuerung des WEA-Ausbaus über die Regionalplanung ist am besten geeignet, Konflikte des WEA-Ausbaus mit dem Naturschutz sowie anderen Belangen zu vermeiden und die Behörden auf kommunaler Ebene zu entlasten. Zu schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren tragen auch eine Vereinheitlichung der Gutachten- und Prüfungsstandards sowie einheitliche Bewertungsrahmen, zum Beispiel im Bereich des Artenschutzes, bei. Der entsprechende Leitfaden ist fortzuentwickeln. Auch müssen die Naturschutz- und Genehmigungsbehörden personell viel besser ausgestattet und die Bevölkerung frühzeitig eingebunden werden.
Trotz der allgemein hohen gesellschaftlichen Akzeptanz des Ausbaus der Windenergie-Nutzung gilt es, diese auch lokal zu sichern und weiter zu steigern. Ein zentrales Element ist dabei die Bürger-Energie. Ein Bürgerenergiefonds nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein könnte für die nötige Sicherheit sorgen, um neben der Windkraft auch neue innovative Geschäftsmodelle wie z.B. biodiversitätsfördernde Agri-PV, erneuerbare Wärme, E-Mobilität, Energy Sharing usw. entwickeln zu können.
2020 waren in NRW Photovoltaikanlagen von gerade einmal 6 Gigawatt Leistung am Netz. Dabei zeigt die LANUV-Potenzialstudie, dass bei einer Ausschöpfung aller geeigneten Flächen die Photovoltaik mit einer installierbaren Leistung von ca. 87 GWp und einem jährlich zu erwartenden Stromertrag von etwa 72 TWh zur Stromversorgung NRWs beitragen könnte. Durch eine Änderung der Landesbauordnung muss deshalb für alle gewerblichen und privaten Gebäude eine solare Baupflicht eingeführt werden. Diese muss perspektivisch in Kombination mit entsprechenden finanziellen Anreizen auch für Bestandsgebäude gelten.
Auch wenn vorrangig der Schwerpunkt auf die Dachflächen-PV gelegt werden sollte, können auch an infrastrukturell vorbelasteten sonstigen Flächen, auf geeigneten Abgrabungsgewässern oder Tagebaurestseen und auf sonstigen Freiflächen PV-Anlagen naturschutzverträglich errichtet werden. Dafür müssen die entsprechenden Restriktionen im Landesentwicklungsplan beseitigt werden. Über einen entsprechenden Leitfaden sind Vorgaben zum Artenschutz und dem Schutz der Biodiversität für die Planungsträger festzulegen.

MOBILITÄT NEU DENKEN

Der Verkehrssektor ist der einzige Sektor, der seit 1990 nicht nennenswert zur Einsparung von Treibhausgasen in NRW beigetragen hat. Etwa 14 Prozent aller klimaschädlichen Emissionen entfallen hierzulande auf den Verkehr. Die aktuelle Verkehrspolitik belastet zudem Gesundheit und Natur durch Abgase, Lärm, Flächen- und Ressourcenverbrauch. Hauptgrund dafür ist, dass unsere derzeitige Mobilität noch immer geprägt ist von zu viel klimaschädlichem Individualverkehr. Ein Umsteuern ist deshalb überfällig.


ÖFFENTLICHEN RAUM NEU VERTEILEN
Die derzeitige Landesregierung setzt auf die Gleichberechtigung aller Verkehrsträger und will damit auch den motorisierten Individualverkehr weiter fördern. Damit muss Schluss sein. Jahrzehntelang wurde der Umweltverbund aus Rad- und Fußverkehr, ÖPNV und Schienenverkehr gegenüber dem Automobil diskriminiert. Es gilt, den öffentlichen Raum neu und fair zu verteilen. Wir brauchen mehr Platz für Menschen zu Fuß und auf dem Rad; der öffentlicher Raum muss als lebens- nicht als Parkraum für Autos verstanden werden. Das beinhaltet die Umwidmung von PKW-Fahrspuren für geschützte Radstreifen oder den ÖPNV, eine allgemeinkostengerechte Parkraumbewirtschaftung und auto- und barrierefreie Innenstädte. Zudem sind die rechtlichen Voraussetzungen zur Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit zu schaffen. Dieses Maßnahmenpaket bewirkt auch mehr soziale Gerechtigkeit: Die derzeit am meisten von Lärm und Abgasen betroffenen Haushalte würden entlastet. Der Verkehr würde zudem sicherer. Kein Mensch darf mehr im Verkehr sterben – die „Vision Zero“ muss endlich umgesetzt werden.
Dazu braucht es auch ein Umdenken in der städtebaulichen Entwicklungsplanung. Die Trennung der Daseinsgrundfunktionen muss aufgehoben werden; Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Erholung müssen zusammen gedacht und geplant werden. Das verkürzt Verkehrswege und macht Pendelverkehre überflüssig. Wir erwarten von der neuen Landesregierung, dass die Kommunen bei der lokalen Verkehrswende durch entsprechende Gesetze und eine unbürokratische Förderung unterstützt werden.


ÖPNV-OFFENSIVE STARTEN
Viele Menschen würden gerne auf das Auto verzichten, doch die Alternativen sind oftmals zu wenig attraktiv. Deshalb brauchen wir eine Offensive für einen schnellen, zuverlässigen, komfortablen und preiswerten ÖPNV bzw. SPNV. Doch emissionsfreie Verkehrsträger und eine Taktverdichtung kosten Geld. Grundsätzlich sollte die ÖPNV-Finanzierung von einer Nutzerfinanzierung zu einer stärkeren öffentlichen beziehungsweise Nutznießerfinanzierung umgestellt werden, denn ein umweltverträglicher Verkehr trägt in besonderem Maße zum Wohl der Allgemeinheit bei. Die öffentliche Finanzierung aus den Haushalten von Bund und Ländern muss deshalb deutlich aufgestockt werden. Zur Finanzierung müssen Gelder aus dem Landes- und Fernstraßenbau umgewidmet und klimaschädliche Subventionen („Diesel-Privileg“, Dienstwagenpauschale, Entfernungspauschale) abgeschafft werden. Der Zugang zum öffentlichen Nahverkehr muss für alle bezahlbar sein: Daher fordern wir die Einführung eines flächendeckenden 365 Euro-Tickets für den ÖPNV. Dies darf zu keiner Kostensteigerung von Sozialtickets führen. Perspektivisch sollte der ÖPNV für alle Bürger*innen kostenlos zur Verfügung stehen.


STRAßENNEUBAU STOPPEN
Der Nachholbedarf, um den Substanzverlust der Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen zu beheben, ist enorm. Der Erhalt des Infrastrukturbestandes muss deshalb uneingeschränkte Priorität vor dem Straßenneubau bekommen. Dies ist im Haushalt des Landes durch die Priorisierung der Finanzmittel festzulegen. In Zeiten der ungebremsten Klimakrise darf es keinen Neubau von Landes- und Bundesfernstraßen mehr geben. Sowohl der Landesstraßenbedarfsplan als auch der Bundesverkehrswegeplan sind deshalb grundlegend zu überprüfen. Alle Projekte müssen – auch vor dem Hintergrund des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts – völlig neu bewertet werden.
Die neue Landesregierung wird zudem aufgefordert, darauf einzuwirken, dass bei Änderungsvorhaben zum Ersatz maroder Brücken die Umweltauswirkungen vollumfänglich geprüft werden. Nur Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfungen und Öffentlichkeitsbeteiligung garantieren einen schnellen und rechtssicheren Verfahrensablauf. Zu Verzögerungen bei der Realisierung von Ersatzbauwerken kommt es dadurch nicht.


RAD- UND FUßVERKEHR STÄRKEN
Das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz muss novelliert und mit klaren Zielvorgaben für den Radverkehr („25 % bis 2025“) versehen werden. Dazu gehört auch - wie von der erfolgreichen Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ gefordert - 1.000 Kilometer Radschnellwege für den Pendelverkehr bis 2025 und 300 Kilometer überregionale Radwege pro Jahr zu schaffen. Um dafür keine neuen Flächen zu versiegeln, sind stattdessen alle Möglichkeiten zur Nutzung der bestehenden Straßenquerschnitte sowie zur Umwidmung von Fahrstreifen für den Radverkehr auszuschöpfen. Im Landesbetrieb Straßen.NRW muss durch die Umschichtung von Personal gewährleistet werden, dass die Planung- und Realisierungszeiten für ein Radewegenetz deutlich beschleunigt werden.
Die Bedarfsplanung muss wie im Bereich des Straßenbaus auch im Bereich des Radverkehrs einer strategischen Umweltprüfung (SUP) unterzogen werden, in deren Rahmen frühzeitig die möglichen von einer solchen Planung ausgehenden Umweltauswirkungen sowie Planungsalternativen betrachtet und geprüft werden müssen. Die mit dem Straßen- und Wegegesetz eingeführte Schwächung der UVP-Vorprüfungs-Pflicht muss revidiert werden.


UMSTEUERN BEIM LUFTVERKEHR
Die fortgesetzte Verweigerung der Landesregierung zur Vorlage eines eigenen NRW-Luftverkehrskonzeptes muss beendet werden. Ein solches in zwingend erforderlich, um Verbesserungen im Lärm- und Klimaschutz anzustoßen und die Möglichkeiten zur Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Schiene zu nutzen. Das Bestreben der Landesregierung, nach Beendigung der Corona-Pandemie auf den alten Wachstumspfad zurück zu kehren, ist klimapolitisch nicht zu verantworten. Stattdessen müssen das Verfahren zur Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf eingestellt und die Subventionierung der Regionalflughäfen beendet werden. Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass die EU-Beihilferegelung konsequent umgesetzt und die Subventionen bis 2024 konsequent auf null zurückgeführt werden. Die unter Schwarz-Gelb eingeführte Änderung des Landesentwicklungsplans, wonach die Regionalflughäfen Dortmund, Paderborn und Weeze für 'landesbedeutsam' erklärt worden, muss revidiert werden.
Lärmabhängige Start- und Landeentgelte an stadtnahen Flughäfen wie Düsseldorf haben erkennbar keine ausreichende Lenkungswirkung entfaltet. Diese Entgelte müssten viel stärker gespreizt, Lärmobergrenzen verhandelt und der Lärm verbindlich begrenzt und dann in Jahresschritten reduziert werden. Für Köln/Bonn ist endlich ein konsequentes Nachtflugverbot einzuführen.


GÜTERVERKEHR VERLAGERN
Der weitaus überwiegende Teil des Güterverkehrs in NRW wird nach wie vor umweltschädlich über die Straße abgewickelt. Alle Bemühungen der Verkehrsverlagerung auf die Schiene sind wegen der schlechten Rahmenbedingungen und mangelhafter Infrastruktur bislang gescheitert. Auch in NRW kommen Infrastrukturprojekte wie die Betuwe-Linie oder der „Eiserne Rhein“ zur Anbindung der niederländischen Nordseehäfen nicht richtig voran. Seit dem Hochwasser vom Juli 2021 sind auch noch immer ganze Regionen von der Schiene abgekoppelt. Dabei ist klar: Der beste Verkehr ist derjenige, der erst gar nicht entsteht. Die neue Landesregierung ist deshalb gefordert, zusammen mit den Regionen und denn dort aktiven Stakeholdern aus Wirtschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft neue regionale und klimaneutrale Mobilitätskonzepte zu entwickeln. Ziel dabei muss es auch sein, die Abhängigkeit von globalen Warenströmen durch die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe zu durchbrechen.
Auch die Anteile der Binnenschifffahrt am Gütertransport in Deutschland wachsen seit Jahrzehnten nicht. Allerdings ist die Binnenschifffahrt bislang auch weit davon entfernt, eine vollwertige ökologischen Alternative zum Lkw-Verkehr zu sein. Dazu müssen Binnenschiffe kurzfristig sauberer werden. Mit ihren hohen Feinstaub- und NOx-Emissionen sind Schiffsmotoren für einen relevanten Teil der Schadstoffbelastung entlang des Rheins und in Innenstädten wie denen von Düsseldorf und Köln verantwortlich. Hier muss auch das Land alle Möglichkeiten zur Nachrüstung und für eine obligatorische Landstromversorgung in allen Häfen sorgen. Perspektivisch muss die Binnenschifffahrt emissionsfrei werden. So gut die wenigen Projekte zur Umstellung z.B. auf grünen Wasserstoff auch sind: hier muss die Landesregierung die finanzielle Förderung deutlich ausbauen, und die Wirtschaft muss die Umstellung beschleunigen.
Die Rhein-Schifffahrt leidet zudem zunehmend unter lang anhaltenden Niedrigwasserperioden als Folge des Klimawandels. Maßnahmen zur Abladeoptimierung der Fahrrinnen müssen dabei zwingend mit den verbindlichen Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Einklang gebracht werden. Insofern ist auch vor diesem Hintergrund das „Wasserstraßen-, Hafen- und Logistikkonzept des Landes Nordrhein-Westfalen“ grundlegend zu überarbeiten und an die Anforderungen des Klimaschutzes und des Erhalts der Biodiversität anzupassen.

 

Fünf verlorene Jahre

Bilanz der Legislaturperiode 2017 bis 2022

Der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. [Foto: Thomas Schäkel]

Seit 2017 regiert Schwarz-Gelb zwischen Rhein und Weser. Der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht zieht ein persönliches Fazit:

"CDU und FDP haben die mit 115.000 Unterschriften unterstützte Volksinitiative Artenvielfalt einfach abgebügelt. Doch ein Rückblick auf fast fünf Jahre Schwarz-Gelb zeigt, dass dies nur der Negativ-Höhepunkt eines beispiellosen politischen Versagens ist.

Illegale Waldräumung
Wir erinnern uns: Innenminister Reul versuchte im Spätsommer 2018 über Wochen hinweg, den Widerstand der Bevölkerung gegen die Rodung des Hambacher Waldes zu kriminalisieren und ließ auch nicht das Fettnäpfchen aus, den BUND in eine Ecke mit angeblich Linksradikalen zu stellen. Mit dem teuersten Polizeieinsatz der Landesgeschichte ließen Laschet und Co. in treuem Gehorsam zu RWE schließlich tausende von Menschen aus dem Wald räumen – ein Mensch kam zu Tode, unzählige wurden verletzt, Natur zerstört. Wie drei Jahre später das Kölner Verwaltungsgericht feststellte, war die von Bau- und Brandschutzministerin Scharrenbach angewiesene Räumung rechtswidrig. Der Hambacher Wald steht noch, der Klage des BUND sei Dank. So wurde er letztlich zum weltweiten Symbol der Klimabewegung. Was Laschet offensichtlich dazu trieb, die Rettung des Hambacher Waldes im Bundestagswahlkampf absurderweise auf seine Fahne zu schreiben. Laschet und seine Possen sind erst einmal Geschichte, jedoch noch nicht die seiner Partei und seines Koalitionspartners.
Am besten wurde die Hemmungslosigkeit der Betonpolitik von CDU/FDP an der Neuauflage des Landesentwicklungsplans sichtbar: Abschaffung des Grundsatzes zur Reduzierung des Flächenverbrauchs, Ignorieren eines zweiten Nationalparks, Deklaration der „Regionalflughäfchen“ als „landesbedeutsam“, Streichung der regionalplanerischen Steuerung, dafür Einengung der Windkraft und vieles mehr. Das Ergebnis: Die Energiewende wurde massiv ausgebremst. In 2021 wurde nur ein Drittel des Zuwachses Erneuerbarer dokumentiert, als für das Erreichen der eigenen - zu wenig ambitionierten - Klimaziele bis 2030 notwendig wäre.

Flankiert wurde die groß angelegte „Entfesselung“ mit einem neuen Landesplanungsgesetz, das die Halbierung der Beteiligungsfristen und den Wegfall von Erörterungsterminen vorsieht. Oder auch mit der Einrichtung der Sonderwirtschaftszone Rheinisches Revier, mit welcher der Weg bereitet werden soll, Umweltstandards letztlich in ganz NRW abzusenken.

Mangelhafter Naturschutz
Umweltministerin Heinen-Esser verantwortete, das u.a. Wildkatze und Greifvögel wieder unter das Jagdrecht fallen. Sie verscherbelt am Phantasialand ein landeseigenes Naturschutzgebiet auf Zuruf eines privatwirtschaftlichen Unternehmens. Sie steht für die zeitweise Zulassung eines Neonikotinoids, das EU-Weit verboten ist. Das Verbot des Pestizideinsatzes in Naturschutzgebieten auf Bundesebene blockiert sie für NRW. Mit der Novellierung des Landeswassergesetzes ermöglichte die den Abbau von Bodenschätzen in Trinkwasserschutzgebieten und erschwerte mit der Abschaffung des Vorkaufsrechts die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Kein Wunder, dass sie die Ziele zur Erreichung eines guten Zustands unserer Gewässer rechtswidrig um Jahre und Jahrzehnte nach hinten verschob. Die Umsetzung des Vorkaufsrechts für Naturschutzgebiete wird seit Jahren ausgesessen, sodass mit dem Lavesumer Bruch selbst ein FFH-Gebiet nicht gesichert werden konnte.
Die vollständige Auflistung der schwarz-gelben Fehlleistungen würde jeden Artikel sprengen. Mit Blick auf die Landtagswahl bleibt nur das Fazit, dass angesichts sich verschärfender Klima- und Biodiversitätskrise ein Wechsel der Landesregierung nie so entscheidend war wie in diesem Jahr. Am 15 . Mai kommt es auf jede Stimme für die Umwelt an."

Richtungswahl

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Wie soll die Klimawende gelingen?

WDR 5 Morgenecho - Interview. 20.04.2022. 09:17 Min.. Verfügbar bis 20.04.2023. WDR 5.

In NRW sind Landtagswahlen. Welche Partei hat die besten Pläne für die Klimawende? Was fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) von der künftigen Landesregierung? Ein Interview mit Dirk Jansen, Geschäftsleiter, BUND NRW

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Die fünf BUND-Kernforderungen zur Landtagswahl.

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Fünf verlorene Jahre. Bilanz der Legislaturperiode 2017 bis 2022.

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Dirk Jansen

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