BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND-Kritik am Bundesverkehrswegeplan: „Keine Antwort auf NRW-Verkehrskollaps“

02. Mai 2016 | Mobilität, Bundesverkehrswegeplan

Umweltverträgliche Alternativen wurden unterschlagen / Zweifelhafte Neubauprojekte

Als „rechtlich fragwürdig, inhaltlich schwach und methodisch mangelhaft“ bezeichnet der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Entwurfsfassung des Bundesverkehrswegeplans 2030. In einer mit dem heutigen Ende der Beteiligungsfrist eingereichten Stellungnahme kritisiert der Umweltverband auch die mangelhafte Ergebnisoffenheit des Verfahrens. Kostengünstigere und umweltverträglichere Alternativlösungen seien zudem unterschlagen worden.

„So wird Bürgerbeteiligung zur Farce“, sagte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Man hat den Bürgern einen nicht nachprüfbaren Zahlensalat aus Nutzen-Kosten-Analysen und nicht plausiblen Bewertungen vorgesetzt. Allgemein verständliche Begründungen, transparente Daten und vorgeschlagene Alternativen wurden offenbar bewusst außen vor gelassen. Das gewünschte Ergebnis wurde herbeibegutachtet. Von Ergebnisoffenheit keine Spur.“ Anders sei nicht zu erklären, dass in Nordrhein-Westfalen von ursprünglich über 300 willkürlich angemeldeten Projekten weniger als zwei Prozent (sechs Projekte) der Anmeldungen als unwirtschaftlich angesehen wurden.

Der BUND hat zudem rechnerische und inhaltliche Manipulationen entdeckt, offenbar mit dem Ziel, möglichst jedes Projekt dem „Vordringlichen Bedarf“ und „Weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ zuzuordnen. Das gelte zum Beispiel für den geplanten Ausbau der A 52 Essen-Gladbeck (Projekt A52-G60-NW). Für das Projekt wurden nach der BUND-Analyse circa zwei Drittel der Kosten in der Nutzen-Kosten-Analyse unterschlagen.

BUND-Chef Sticht moniert vor allem auch, dass Alternativen zu den Straßenprojekten nicht geprüft wurden:  „Damit widerspricht die Entwurfsfassung des Bundesverkehrswegeplans den Vorgaben der Strategischen Umweltprüfung. Die Projektdossiers zeigen, dass die Straßenverwaltungen Alternativen wie Ausbau statt Neubau oder innerörtliche Lösungen statt Ortsumfahrungen bewusst ignorieren.“ Europäisches und deutsches Umweltrecht verlangten aber, dass solche Alternativen ‚ermittelt, beschrieben und bewertet‘ werden müssen. Obwohl er BUND selbst solche Alternativen eingereicht hat, blieben sie unberücksichtigt.

Das Beispiel der A 46 im Sauerland zeige dies sehr deutlich. Die vom BUND vorgeschlagene Alternative einer regionalen Netzlösung mit innerörtlichen Maßnahmen der Verkehrs-Entlastung in Iserlohn, Hemer, Menden und Wickede wurde trotz eines besseren Nutzen-Kosten-Verhältnis verworfen. Die Begründung, wonach auf eine Dringlichkeitseinstufung verzichtet wurde, da es sich um eine Alternative handelt, hält der BUND für „geradezu abenteuerlich“. In der Logik des Bundesverkehrswegeplans wurde die Alternative  auch nicht in den Projektdossiers beschrieben, so dass niemand positiv dazu Stellung nehmen konnte. Auch die ebenfalls vom BUND vorgeschlagenen umweltverträglicheren Alternativen zum Weiterbau der Autobahn A 1 („Eifelautobahn") und dem Neubau der A445 zwischen Werl und Hamm wurden ignoriert.

Als besonders krasses Beispiel einer totalen Fehlplanung führt der BUND die Ortsumgehung Lage an (Projekt B66-G30-NW-T2-NW und B239-G20-NW-T1-NW).  Dort wurden im Abstand zwischen 50 und 100 Metern zwei parallel verlaufende 3-streifige Neubauprojekte geplant. Trotz der nahezu identischen Trassenführung wurden für beide Vorhaben sowohl Verkehrsprognosen als auch Nutzen-Kosten-Verhältnisse ermittelt. „Das grenzt an absurdes Theater“, so Sticht.

Der Bundesverkehrswegeplan liefert nach Ansicht des BUND auch keine überzeugenden Antworten, um die Probleme des wachsenden Verkehrs durch eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene zu lösen. Zwar begrüßt der Umweltverband die geplante Engpassbeseitigung am Knoten Köln und den Rhein-Ruhr-Express (RRX). Deren Umsetzung und Durchfinanzierung sei ein Muss. Andere engpassbeseitigende Maßnahmen fehlten aber, so wie beispielsweise das vierte Gleis (inklusive Lärmschutz) zur Lösung der Konkurrenzsituation zwischen Güter- und Schienenpersonenverkehr zwischen Emmerich und Oberhausen. Auch die fehlende sogenannte Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Dortmund und Kassel müsste dringend realisiert werden.

Heftig kritisiert der BUND die vorgesehene Rheinvertiefung zwischen Duisburg und Dormagen/Stürzelberg. Diese sei ökologisch höchst bedenklich und auch das Nutzen-Kosten-Verhältnis sei fragwürdig. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass Häfen mit geringen Investitionsmöglichkeiten oder Reedereien mit kleineren, flussverträglichen Schiffen verdrängt werden können, wenn allein auf eine Infrastruktur für Großtonnagen gesetzt wird. Eine Rheinvertiefung, wie sie in den Planungen bisher vorgesehen ist, stelle aber eine Bevorzugung und Subventionierung der größeren Schiffe (von Großreedereien) mit öffentlichen Mitteln zu Lasten kleiner Partikuliere dar.

Das Gesamtfazit des BUND zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans fällt auch aus ökologischer Sicht verheerend aus. Der Plan sei völlig ungeeignet, den NRW-Verkehrskollaps zu verhindern. Die Realisierung der Maßnahmen führe zu höherem CO2-Ausstoß, erheblicher Naturbeeinträchtigung, zunehmender Flächenzerschneidung und höherem Flächenverbrauch.

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