BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Windenergieanlagen im Wirtschaftswald

14. April 2022 | Energiewende, Klima & Energie, Klimawandel, Windenergie

Der BUND spricht sich für eine Öffnung der Wirtschaftsforste für die Windenergienutzung aus.

Windenergieanlage in einem Fichtenforst. Windenergieanlage in einem Fichtenforst.

Der naturverträgliche Ausbau der Windenergienutzung wurde durch die derzeitige Landesregierung massiv ausgebremst. Wollen wir beim Klimaschutz voran kommen, brauchen wir mindestens eine Verdreifachung des Ausbautempos bei der Windenergie. Das bedeutet auch, dass die Wirtschaftsforsten und die so genannten Kalamitätsflächen für den Bau von Windenergieanlagen stärker in Betracht gezogen werden müssen. Der BUND hat dazu Anforderungen formuliert.

Nach Angaben des Landesumweltamtes liegen derzeit nur 109 Windenergieanlagen (bzw. 8 Prozent) der insgesamt 1.421 Anlagen, die nach 2010 in Betrieb genommen wurden, innerhalb von Waldflächen. Ein Grund dafür sind auch die landesplanerischen Vorgaben zur Windenergie im Wald, die zu einer deutlich restriktiveren Genehmigungspraxis geführt haben.

Das vorherige Ziel. 7.3-1 des unter Rot-Grün beschlossenen Landesentwicklungsplans (LEP) stellte sicher, dass die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) möglich ist, sofern wesentliche Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt werden und wenn für diese ein Bedarf nachgewiesen wird, der nicht außerhalb des Waldes realisierbar ist. Das heißt: Ökologisch wertvoller Wald war tabu, auf Fichtenäckern und in naturfernen Forsten aber blieb die Errichtung von WEA möglich. Mit der unter Schwarz-Gelb eingeführten neuen LEP-Regelung war dies nur noch in seltenen Ausnahmefällen möglich. Damit sollten Projektierer offenbar demotiviert werden, eine Planung von WEA in jeglichem raumordnerisch definierten „Wald“ zu betreiben. Ins Bild passt auch, dass die Landesregierung den vorherigen Leitfaden „Windenergie im Wald“, der die Anforderungen näher darlegte, ersatzlos gestrichen hat.

Schwarz-Gelb verschärft Konflikte

Solche Regelungen schaffen absehbar ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Die raumordnerische Entprivilegierung von WEA im (raumordnerisch gesicherten) Wald führt dazu, dass WEA letztlich gerade entgegen der neuen Abstandsregelungen in näher an Wohngebieten gelegenen waldfreien Flächen realisiert werden müssten. Das damit eigentlich notwendige Heranrücken von WEA an Wohngebiete ist ersichtlich eher geeignet die von der Landesregierung gesehenen „Akzeptanzprobleme“ zu forcieren als eine Bereitstellung von geeigneten Waldflächen für den WEA-Ausbau. Die Landesregierung hat darauf dann mit der Einführung von Mindestabständen zur Wohnbebauung reagiert. Letztendlich besteht aufgrund dieser Zwickmühle die Gefahr, dass überhaupt keine ausreichenden Flächen mehr für WEA übrigen bleiben. Dieses Planungschaos muss beendet werden.

Grundsätzlich kommen nach Ansicht des BUND für die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald insbesondere solche Standorte in Frage, die bereits infrastrukturell genutzt werden oder wurden oder Gebiete mit intensiver forstwirtschaftlicher Nutzung (z.B. forstliche Anbauflächen jünger als 70 Jahre). Waldökosysteme gemäß naturwissenschaftlicher Definition sind auszuschließen. Die Inanspruchnahme von Forstflächen muss sich auf solche Regionen beschränken, in denen der Wald-/Forst-Anteil größer als mindestens 15 Prozent ist. Darüber hinaus sollten Transport und Aufbau der Anlage zu einer geringstmöglichen Inanspruchnahme von Bäumen führen, der unterste Punkt der Rotorfläche mind. 70 m über dem Boden liegen und die Netzanbindung über bestehende Wegetrassen im Tiefbau erfolgen. Für den Bau von Windkraftanlagen soll die Erteilung einer temporären, auf die Dauer des Betriebs der Anlage befristeten Waldumwandlungsgenehmigung möglich sein.

"Kalamitätsflächen" mit großen Potenzialen

Auch die aufgrund der falschen waldökologischen Bewirtschaftung im Verbund mit dem fortschreitenden Klimawandel rasant anwachsenden so genannten Kalamitätsflächen bieten bisher ungenutzte Potenziale. Hierbei sind fast ausschließlich Fichtenbestände betroffen. Nach Angaben des Landesbetriebs Wald und Holz umfasst die gesamte Fläche seit 2018 komplett ausgefallener Fichtenbestände circa 113.000 Hektar.

Dort ließen sich grundsätzlich gleich drei Ziele erreichen:

  1. Mit der Errichtung von Windenergieanlagen kann ein Beitrag zur CO2-Reduktion und damit zur Bekämpfung des Klimawandels geleistet werden.
  2. Durch die Installation einer Generation von WEA erhalten die von Einnahmeverlusten betroffenen Waldbauern eine feste Einnahmequelle, zumal wenn die WEA als Bürgerenergieanlagen betrieben werden.
  3. Innerhalb der Nutzungsperiode durch Windenergieanlagen kann ohne Aufforsten eine neue, klimawandelresiliente und ökologisch wertvolle Waldgeneration nachwachsen.

Dies wäre eine Win-Win-Win-Situation. Es ist deshalb zu begrüßen, dass in der Fortschreibung der Energieversorgungsstrategie die Landesregierung diese Flächen für eine zukünftige temporäre Windenergienutzung wieder in den Blick nimmt. Das schlägt sich aber noch nicht in der gerade vom LANUV vorgelegten 'Potenzialstudie Windenergie NRW' nieder. Darin werden nur 8.755 ha dieser Potenzialflächen berücksichtigt.

Eine generell auf 30 Jahre befristete Nutzung auf Nadelholzkalamitätsflächen außerhalb von Schutzgebieten, wie sie in der Energieversorgungsstrategie vorgesehen ist, ist nicht zielführend. Um gleichermaßen den Klimaschutz voran zu bringen und die Biodiversität zu stärken wäre es vielmehr erforderlich, als Ausgleich für die Errichtung von Windenergieanlagen auf so genannten Kalamitätsflächen eine natürliche Waldverjüngung vorzuschreiben.

Da mit fortschreitendem Klimawandel weitere massive Schäden der Nadelholzkulturen zum Beispiel auch durch Windwurf absehbar sind, sollten auch solche Flächen grundsätzlich für die Errichtung von WEA in Betracht kommen.

Chance zur naturnahen Waldentwicklung

Gerade solche Windwurf- und Dürreflächen sind aber in der Regel von großer ökologischer Relevanz, weil sie eine natürliche Waldentwicklung begünstigen, solange keine flächige Aufforstung erfolgt. Auch bei flächig abgestorbenen Fichtenforsten kann deshalb nicht von „zerstörten Wäldern“ gesprochen werden. Die Erfahrungen mit großflächig aufgetretenen Schadflächen z.B. nach dem Orkan Kyrill und auch erste Erfahrungen mit den ab 2018 aufgetretenen Kalamitätsflächen zeigen, dass sich solche Flächen oft ohne Aufforstung rasch auf natürliche Weise wieder bewalden. Vielfach erweist sich gerade die flächig aufgetretene Borkenkäferkalamität als Chance zur Forcierung einer naturnahen Waldentwicklung. Gerade die dabei aufwachsenden Pionierwaldstadien können aus naturschutzfachlicher Sicht die Biodiversität von Waldstandorten enorm bereichern. Auch für sie muss bei einer Inanspruchnahme das „normale“ artenschutz- und naturschutzrechtliche Prüfprogramm abgearbeitet und die Entwicklungspotenziale der Fläche mit Blick auf natürliche Waldentwicklung bewertet werden.

Wälder in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Biosphärenreservaten (Zone I und II), Naturwaldreservaten und Wildnisentwicklungsgebieten, Wälder im Bereich gesetzlich geschützter Biotope, Wälder in FFH- und Vogelschutzgebieten des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000, Wälder in laut Regionalplanung ausgewiesenen Bereichen zum Schutz der Natur (BSN) und Wälder in Wasserschutzzonen I und II müssen aus Sicht des BUND für die Errichtung von Windenergieanlagen generell ausgeschlossen sein.

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