Biber-Botschafter-Seminar im Naturforum auf der Bislicher Insel bei Xanten
(Justus Siebert)
Der Ort war nicht zufällig gewählt, abgesehen von dem logistischen Komfort in den Räumlichkeiten des Naturforums Bislicher Insel ist dies einer der Punkte in der Landschaft, von wo aus die Wiederansiedlung des Bibers am Niederrhein 2004 begann. Damit ist der Niederrhein nach der Rureifel / Hürtgenwald die zweite Biber-Hotspot-Region in Nordrhein-Westfalen. Und: keine 10 km von der Bislicher Insel entfernt liegt Sonsbeck, ein anschauliches Beispiel, welches Konfliktpotential es für eine solche Kleinstadt mit sich bringt, wenn ein Biber versucht, sich selbst wieder anzusiedeln.
Aber der Reihe nach. Rund 27 Teilnehmer:innen hatten sich an diesem Samstag, den 08. März 2025 hier eingefunden, um grundsätzliches über den Biber und über den aktuellen Stand in NRW in Erfahrung zu bringen.
Der Biber als Ökosystem-Ingenieur | Lutz Dalbeck
Nicht fehlen durfte bei solch einer Veranstaltung Lutz Dalbeck von der Biologischen Station im Kreis Düren, der seit über 20 Jahren fast täglich mit dem Biber beschäftigt ist, und sich nicht nur mit dem Biber selbst und seiner Funktion für ganze Ökosysteme auskennt, sondern auch in Sachen Biber-Management über reichhaltige Erfahrungswerte berichten konnte. Eine der beiden Kernbotschaften von Lutz Dalbecks Vortrag lautete: Der Biber bringt die Artenvielfalt in unsere Landschaft zurück, ein Bach z.B. ist erst durch die Dammbau-Tätigkeit des Bibers ein richtiger Bach, mit einer Kaskade von Biber-Teichen, im Fall der Rur-Eifel sind das inzwischen hunderte Teiche. Es tat schon etwas weh, dass das ganze Thema der Biber als Ökosystem-Ingenieur nur angerissen werden konnte, beispielhaft für Libellen und Amphibien, die massiv vom Biber profitieren, und damit auch andere Arten wie der Schwarzstorch, der sich von Fröschen ernährt.
Wir brauchen einen Biber-Management-Plan!
Die zweite Kernbotschaft von Lutz Dalbeck lautete: Wir brauchen ein effektives Biber-Management. Dass der von NRW-Umweltminister Krischer für dieses Jahr angekündigte Biber-Management-Plan, nach 15 Jahren Entwurfs- und Schubladen-Dasein, jetzt tatsächlich umgesetzt werden soll, daran mochte Dalbeck noch nicht so recht glauben. Aber es geht auch irgendwie und zur Not ohne eine Landesregierung, wenn man den Willen und das Engagement aufbringt, wichtig sei, so Dalbeck, dass Behörden (v.a. Untere Naturschutzbehörden), Wasserverbände, Biologische Stationen und Naturschutzverbände in enger Abstimmung vor Ort zusammen arbeiten und nach pragmatischen Lösungen suchen. Wie im Kreis Düren, wozu später noch mehr zu hören war von Jürgen Schieren vom Wasserverband Eifel-Rur. Entscheidend für die nachhaltige Rückkehr des Bibers sei, so Dalbeck, Akzeptanz zu schaffen in der Bevölkerung, vor allem aber auch bei Landwirten, und deren Bedenken ernst zu nehmen. Ein Baustein hierfür können ehrenamtliche Biber-Botschafter:innen sein.
Woran erkenne ich einen Biber?
Nach geballter, teils mit wissenschaftlichen Daten und Fachbegriffen gespickter Wissensvermittlung von Lutz Dalbeck ging es eher pragmatisch weiter mit einem Vortrag von Maria Hinz, ebenfalls von der Biologischen Station Kreis Düren, mit der Frage: woran erkenne ich eigentlich einen Biber, bzw. seine Spuren? Eigentlich ist der Biber unverwechselbar. Das hat sich mit der Ausbreitung amerikanischer Einwanderer (Nutria, Bisam) geändert. Maria Hinz erläuterte, welche Merkmale dennoch charakteristisch sind (außer dem platten Schwanz), und zeigte anhand von Fotos die typischen Fraßspuren an Ästen und Bäumen, die einen eindeutigen Nachweis von Bibern ermöglichen.
Biber-Konflikt-Management in der Eifel | Jürgen Schieren, Wasserverband Eifel-Rur
Anknüpfend an den Appell von Lutz Dalbeck für einen Biber-Management-Plan präsentierte Jürgen Schieren vom Wasserverband Eifel-Rur in seinem Vortrag, warum man einen solchen überhaupt braucht. Als Wasserbau-Ingenieur in einer Region, in der der Biber seit über 40 Jahren ansässig ist, ist es für ihn zu einer alltäglichen Routine geworden, sich mit den Auswirkungen der Biber-Tätigkeiten auseinander zu setzen. Und technische Lösungen zu finden. Und die gibt es. Schieren präsentierte einige Beispiele, was passieren kann, wenn der Biber an der „falschen“ Stelle wirkt. Z.B. seinen Bau in einen Steilhang gräbt – unterhalb einer Wohnsiedlung. Was die Gefahr birgt, dass ein Haus, oder Carport, absackt. Also muss erst der Biberbau gefunden werden, dazu muss das Gewässer abgelassen werden, der Bau verfüllt, und anschließend der gesamte Hang mit einem Gittergestell gesichert werden. Damit der Biber sich nicht erneut dort eingaben kann. Und bei all diesen Baumaßnahmen muss sichergestellt sein, dass der Biber nicht zu Schaden kommt (geschützte Art). Ein Zahl nannte Schieren nicht, aber die Teilnehmer:innen konnten sich vorstellen, schon anhand der Bilder, dass das einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeuten dürfte.
Anderes Beispiel: oberhalb einer Ortschaft hatte ein Biber einen Teich angestaut. Zu hoch, befand Schieren, bei einem Starkregenereignis hätte die Gefahr bestanden, dass zu viel Wasser übergeflossen und die Ortschaft überflutet hätte. Also wurde der Biberdamm teilweise abgetragen, also niedriger gebaut. Zu niedrig, befand der Biber, und baute in der nächsten Nacht wieder auf. Schieren baute wieder ab, etwas weniger, schließlich hatten sich der Wasserbauingenieur Schieren und der Ökosystem-Ingenieur Biber auf eine Höhe geeinigt, und dann war gut.
Schierens Fazit: es gibt (fast) immer eine Lösung, mit dem Biber zu leben, man muss sie nur suchen, und wenn Plan A nicht funktioniert, Plan B oder C ausprobieren. Und, auch sein Appell: es braucht einen Biber-Management-Plan, mit finanziellen Mitteln ausgestattet, aber das lohne sich. Dann könne man vom Biber sogar profitieren, nicht nur ökologisch, auch was Hochwasserschutz angehe.
Die Biber von Sonsbeck
Anders als der Kreis Düren hat die Stadt Sonsbeck, keine 10 km vom Tagungsort entfernt, eine erst 3-jährige Erfahrung mit dem Biber. Einer von denjenigen Sonsbeckern, die sich damals über die Rückkehr des Biber gefreut hatten, ist Jos de Bruin (der eigentlich bis dahin eher mit dem Wolf im Kreis Wesel beschäftigt war, Stichwort Gloria), der für seinen Vortrag einige Videos und Fotos mitgebracht hatte. Und anders als im Hürtgenwald hat der Biber von Sonsbeck nur einen einzigen kleinen Damm gebaut. Allerdings an einer Stelle in der Sonsbecker Ley, wo Landwirtschaft und Wohngebiet zusammen treffen, und die Ley in ein weit verzweigtes Entwässerungssystem einmündet. Weswegen eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, den Biberdamm abzutragen. Und anders als im Hürtgenwald vollständig, nicht nur etwas. Und immer wieder. Bis der Biber, Jos vermutet Papa-Biber war der fleißige Baumeister, aufgegeben hat, oder „verschwunden“ ist. Seiner Einschätzung nach ist nur noch Mama-Biber übrig, die sei aber keine so fleißige Baumeisterin. Was einige Teilnehmer:innen zu der Bemerkung veranlasste, dass die sich ja um die drei Jungtiere kümmern müsse, welche auch auf Jos‘ Fotos zu sehen waren.
Jedenfalls, das Biber-Management in Sonsbeck steckt noch in den Kinderschuhen. Vielleicht war dieses Seminar der Anstoß, um auf die Erfahrungen aus dem Kreis Düren zurück zu greifen. Es waren unter den Teilnehmenden auch Mitarbeiterinnen der Unteren Naturschutzbehörde vom Kreis Wesel (also für Sonsbeck zuständig), man weiß also jetzt, wen man fragen kann. Und auch die Bürgermeisterin von Sonsbeck, Nadine Bogedain, war unter den Teilnehmenden, interessiert sich offenbar für das Thema. Eigentlich gute Voraussetzungen, um in Sonsbeck zu einer tragfähigen Lösung zu kommen, mit dem Biber.
Biber in der Umweltbildung | Maria Hinz
Viele spannende Eindrücke und Aspekte, mit entsprechenden Fragen der Teilnehmenden, weshalb es eng wurde mit dem Zeitplan. So wurde der zweite Vortrag von Maria Hinz, der Biber in der Umweltbildung, im theoretischen Teil verkürzt, damit wir noch rechtzeitig und im Hellen in die Exkursion starten konnten, und der praktische Teil kurzerhand während der Exkursion abgehandelt.
Die Wiederansiedlung des Bibers am Niederrhein | Exkursion mit Ingo Bünning
Die Exkursion wurde von Ingo Bünning geleitet, der vor rund 20 Jahren die Wiederansiedlung des Bibers im Kreis Wesel, u.a. auf der Bislicher Insel, initiiert hatte. Nach einem kurzen Vortrag mit bildhaften Eindrücken und Daten zu diesem Wiederansiedlungsprojekt ging es dann endlich raus, bei frischen Temperaturen aber Sonnenschein, auf den Rundweg um die Bislicher Insel. Einen Biber gab es zwar nicht zu sehen, das war auch nicht zu erwarten, aber Fraßspuren. Und die Gelegenheit, Fragen zu stellen und sich auszutauschen. Bei der Rückkehr gegen 17 Uhr waren dann aber doch alle einigermaßen erschöpft von dem vielen Input, etwas Orga gab es auch noch (Teilnahmebescheinigungen austeilen, Teilnahmegebühren eintreiben), was die Abschlussrunde eher klein ausfallen ließ.
Fazit
Es ist kompliziert, mit dem Biber, aber das liegt in der Natur (der Sache), aber es lohnt sich, sich mit dieser Sache zu beschäftigen. Lösungen für Konflikte gibt es, man muss sie nur finden (wollen). Wer sich zu einem solchen Seminar anmeldet, der/die kann all dem nur zustimmen, jetzt gilt es, diese Botschaft aus der Pro-Biber-Blase heraus nach draußen zu tragen, wo es noch einige Skepsis gegenüber einem zurückkehrenden Ureinwohner gibt, den wir als Teil unserer Landschaft einfach nicht mehr kennen. Aber das ändert sich gerade.





