BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

Konzept für einen "Hambacher Zukunftswald"

22. September 2021 | Braunkohle, Hambach, Kohle, Wälder

BUND-Eckpunkte zur dauerhaften Sicherung und Entwicklung der Hambacher Bürgewälder.

Der Hambacher Wald muss als Wildnisentwicklungsgebiet gesichert werden. [Foto: Dirk Jansen] Der Hambacher Wald muss als Wildnisentwicklungsgebiet gesichert werden. [Foto: Dirk Jansen]

Mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen der RWE Power AG und der Bundesrepublik Deutschland sowie der neuen Leitentscheidung zur Braunkohlenpolitik der Landesregierung liegen die letzten Voraussetzungen vor, ein Gesamtkonzept zur dauerhaften Sicherung und Wiedervernetzung der Bürgewälder im Bereich des Braunkohlentagebaus Hambach zu entwickeln. Ein solches Konzept für einen „Hambacher Zukunftswald“ muss unach Ansicht des BUND folgende Punkte enthalten:

1. Ausweisung der Restwälder als „Wildnisentwicklungsgebiet“:

§ 40 Landesnaturschutzgesetz sieht Wildnisentwicklungsgebiete zur dauerhaften Erhaltung und Entwicklung naturnaher alt- und totholzreicher Waldflächen vor. Mit der Veröffentlichung im Ministerialblatt sind die Wildnisentwicklungsgebiete als Naturschutzgebiete gesetzlich geschützt. In Wildnisentwicklungsgebieten ist die Nutzung von Holz untersagt. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieser Gebiete führen können, sind verboten.

In einer solchen Ausweisung liegt damit eine große Chance, den Wald oder große Teile davon dauerhaft zu sichern und dem doch noch recht überschaubaren NRW-Netz aus Wildnisentwicklungsgebieten einen prominenten Baustein hinzuzufügen. An der fachlichen Eignung des „Hambi“ dürften keine Zweifel bestehen.

Die Ausweisung als Wildnisentwicklungsgebiet setzt allerdings die ausdrückliche Zustimmung des Grundeigentümers voraus. Auch wenn die RWE Power AG immer betont hat, sich einer Übertragung der Waldflächen in öffentliches Eigentum nicht verschließen zu wollen, sehen wir auch ohne Eigentümerwechsel durchaus Chancen zur Realisierung. Denn auch die RWE Power AG hätte doppelten Nutzen: Zum einen würde sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten, zum anderen dürfte mit einer solchen Ausweisung die Befriedung des Waldes erleichtert werden. Vor diesem Hintergrund dürfte auch eine etwaige Wertminderung von untergeordneter Bedeutung sein.

2. Meldung als FFH-Gebiet:

Nach wie vor halten wir ein gestuftes Vorgehen mit einer Ausweisung als Wildnisentwicklungsgebiet im ersten Schritt und einer Meldung für das europäischen Natura 2000-Netz im zweiten Schritt für angemessen.

Die Vervollständigung der FFH-Gebietskulisse ist ein wichtiges Anliegen, um der besonderen Bedeutung der Bürgewälder zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensraumtypen hinreichend Rechnung zu tragen.

Dies auch im Hinblick auf die angestrebte Vernetzung der Restwälder. Die Natura 2000-Gebiete Dickbusch, Loersfelder Busch, Steinheide im Osten sowie Lindenberger Wald im Nordwesten könnten damit zu einem neuen Waldgürtel – dem „Hambacher Zukunftswald“ arrondiert werden.

3. Überführung in gemeinnütziges Eigentum:

Eine (Rück)Überführung in gemeinnütziges Eigentum würde die Realisierung eines "Hambacher Zukunftswaldes" sicherlich erleichtern. Ab 1966 hatten die Gemeinden und private Waldbesitzer ihren Anteil am Wald (das waren zwei Drittel der Fläche) an die Bergbautreibende veräußert, 1971 übereignete der Staat seinen Anteil (das übrige Drittel) dem RWE-Konzern. Käme der Wald zurück in Bürger*innen-Hand wäre das ein starkes Signal.

Mehrere Optionen sind diesbezüglich denkbar:

  • Übertragung an die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege. Die NRW-Stiftung betreut bereits das 71 Hektar große Naturerbegebiet Steinheide, das einen Teil des 450 ha großen FFH-Gebiets Steinheide, Dickbusch und Lörsfelder Busch ausmacht. Der BUND kann allerdings nicht verhehlen, dass die dort gängigen Bewirtschaftungsmaßnahmen einer kritischen Durchleuchtung bedürfen.
  • Übertragung an das Land oder die Kommunen: Damit würde der ursprüngliche Status wiederhergestellt.
  • Überführung an eine zu gründende Bürger*innen-Stiftung „Hambacher Zukunftswald“: Unser Favorit. Eine solche Stiftung könnte als Kooperationsmodell zwischen Land, Kommunen, Bürgerschaft, RWE und Naturschutzverbänden neue Wege des Naturschutzes, der Naturerfahrung und der Umweltbildung gehen. Sie böte gleichfalls Raum, die Geschichte der Bürgewälder (und des Braunkohlenbergbaus) aufzuarbeiten und könnte eine Plattform zur Etablierung eines revierweiten Biotopverbundsystems bilden. Auch die Gebietsbetreuung könnte durch eine solche Stiftung gewährleistet werden. Eine solche Stiftung wäre sicherlich ein wertvolles Element des angestrebten Strukturwandels in der Region; eine finanzielle Förderung aus dem Fördertopf für die Neugestaltung des Rheinischen Reviers ist sicherlich realistisch.

4. „Manheimer Loch“ verhindern:

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass es nach wie vor gilt, negative Beeinflussungen – auch im Hinblick auf den Verlust von Verbindungsflächen bzw. ökologischen Trittsteinen zwischen Hambacher Forst, Merzenicher Erbwald und der Steinheide – auszuschließen. Die Inanspruchnahme von weiteren 600 Hektar Fläche zwischen Hambacher Wald/Manheimer Bürge und Steinheide wäre ein massiver Eingriff in die bestehenden ökologischen Funktionsbeziehungen und würde die Wiedervernetzung der Restwälder unmöglich machen.
Insofern sehen wir dem vom Braunkohlenausschuss beauftragten Gutachten zur unabhängigen und kritischen Überprüfung der von der RWE  Power  AG  vorgelegten  Abbauplanung  gespannt entgegen. Neben grundsätzlichen Aussagen zum Abraumbedarf im Tagebau Hambach wird das Gutachten insbesondere den Verzicht auf eine Inanspruchnahme bzw. alternative Abbaugeometrien und Ausgestaltungen der Manheimer Bucht und weitere Alternativen thematisieren. Ende August wurde der Zuschlag an die ahu GmbH erteilt; bis Dezember 2021 wird mit Zwischenergebnissen gerechnet.

Jetzt ist die Zeit, zu handeln: Der in der Leitentscheidung verankerte Prozess, die Gesamtsituation des Waldes zu bewerten und ein Konzept für den "Hambacher Forst" sowie die notwendige Vernetzung mit den Bürgewäldern unter aktiver Beteiligung der Öffentlichkeit zu entwickeln, muss endlich in Gang kommen.

BUNDhintergrund "Zukunft für den Hambacher Wald"

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