Wildkatze überklettert Zaun mit Überstiegshilfe. Foto: Ökolog.
- Zäune werden Wildkatzen & anderen Wildtieren zum Verhängnis
- Schutz durch Zäune vor Wildverbiss an Neuanpflanzungen, aber nicht vor Mäusen
- Sichere Alternativen: Überkletter- und Durchschlupfhilfen
Düsseldorf. Aktuell errichten viele Waldbesitzende neue Zäune, um ihre (Neu-)Pflanzungen in Land- und Forstwirtschaft vor dem Verbiss von Rehen, Hirschen oder auch Hasen zu schützen. Für viele Wildtiere können diese Zäune aber zur tödlichen Falle werden. Insbesondere an den weit verbreiteten Knotengitterzäunen können sich Tiere schwer verletzen. Auch für die streng geschützte Europäische Wildkatze besteht beim Versuch die Zäune zu überklettern die Gefahr hängen zu bleiben und sogar zu sterben. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) setzt sich in seinem Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ gemeinsam mit Waldbesitzenden und Landesforstleuten dafür ein, Gefahrenquellen durch Zäune für die Wildkatze zu reduzieren.
Christine Thiel-Bender, Leiterin des BUND-Projektes „Wildkatzenwälder von morgen“ in Nordrhein-Westfalen: „Vor jedem Zaunbau sollte genau geprüft werden, ob er wirklich notwendig ist. Oft reichen wiederverwendbarer Einzelbaumschutz, Holzgatter oder ein angepasstes Wildtiermanagement aus. Wo ein Zaun unvermeidlich ist, braucht es Überkletterhilfen aus Holz oder kleine Durchlässe am Boden. Denn nur so können Wildkatzen wandern, ohne sich zu verletzen. Gerade zwischen Herbst und Frühjahr, in der Paarungszeit ab Januar, sind sie besonders mobil.“
In einigen Bundesländern sind Waldbesitzende durch das Landeswaldgesetz ohnehin verpflichtet, nicht mehr benötigte Zäune wieder abzubauen. So auch in NRW. Der BUND appelliert daher generell an Landbesitzende, diese Pflicht wahrzunehmen und unterstützt beim Abbau mit Freiwilligen. Auch Bürger*innen können ihren Teil zum Wildkatzenschutz beitragen, indem sie nicht mehr benötigte Zäune bei den Eigentümer*innen oder der Unteren Naturschutzbehörde melden. Häufig wissen Waldbesitzende gar nicht mehr, dass ein ungenutzter Zaun auf ihrer Fläche steht. Seit Beginn des Projekts konnten der BUND NRW und zahlreiche Helfer*innen bereits über 2,5 Kilometer unnötige Zäune entfernen.
Über- und Durchsteighilfen: BUND testet verschiedene Modelle
Neben gemeinsamen Abbau-Aktionen von funktionslosen Zäunen erprobt der BUND mit seinen Partner*innen unterschiedliche Überkletter- und Durchsteighilfen für die Wildkatze. Getestet werden Rohre, Pflanzringe aus Beton sowie Holzkonstruktionen auf verschiedenen Flächen, deren Nutzung teilweise mit Wildkameras überprüft wird. Erste Ergebnisse sind vielversprechend, denn die Wildkatzen nehmen sowohl am Boden eingebrachte Pflanzringe, aber auch hölzerne Überquerungshilfen gut an. Thiel-Bender: „Besonders die Holzkonstruktionen sind für uns ideal. Sie lassen sich mit Material aus dem Wald leicht bauen und fügen sich gut in die Natur ein. Im Gegensatz zu Betonringen, die später wieder entfernt werden müssen."
Für junge Pflanzungen stellen nicht Rehe, sondern häufig auch Mäuse das größte Problem dar. Genau hier kann die Wildkatze helfen. Thiel-Bender: „Wir wollen die Wildkatze gezielt in die neuen Pflanzflächen locken. Sie hält die Nagetierbestände in Schach. Dafür eignen sich erhöhte, mit Ästen abgedeckte Ansitze, da sie Schutz bieten und sind zugleich attraktive Kletterplätze darstellen. Solche Strukturen können Waldbesitzende mit einfachen Mitteln anlegen. Wir unterstützen sie gerne dabei.“
Hintergrund:
Knotengitterzäune sind aus Drahtgeflecht bestehende Zäune, die durch Knotenpunkte zusammengehalten werden. Sie schützen Jungpflanzen vor dem Verbiss von Pflanzenfressern, grenzen Weideflächen ab, verringern Wildtierunfälle an Straßen oder markieren Grundstücksgrenzen. Doch die Zäune stellen für Wildtiere eine tödliche Gefahr dar, insbesondere für die Europäische Wildkatze. Eingezäunte Pflanzflächen sind für sie besonders attraktiv, da sie hier ungestört sind. Die Gefahr, sich an einem der Zäune bei der Überquerung zu verletzen, ist sehr hoch.
Der Abbau nicht mehr benötigter Zäune passiert oft nur selten und wird kaum von Behörden überprüft. Die Anzahl an funktionslosen Zäunen, die in Wald und Wiesen verwachsen sind, ist deshalb sehr hoch. Oftmals geraten sie bei den Waldbesitzenden in Vergessenheit und die damit einhergehenden Gefahren steigen.
Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) lebt zurückgezogen in großen, zusammenhängenden strukturreichen Laub- und Laubmischwäldern. Ursprünglich in ganz Deutschland heimisch, leben heute nur noch etwa 6.000 bis 8.000 Tiere überwiegend in Mittel- und Süddeutschland. Die Wildkatze steht stellvertretend für viele andere Waldtierarten. Dort, wo sich die Wildkatze wohlfühlt, sind die Bedingungen auch für viele andere Arten wie Luchs, Bechsteinfledermaus oder Mittelspecht optimal.
Das sechsjährige Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Das Projekt setzen der BUND-Bundesverband, die BUNDjugend und die BUND-Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen um.
Informationen:
- Bilder einer verendeten Wildkatze am Knotengitterzaun
- BUND-Tipps für Flächenbesitzer*innen und –bewirtschafter*innen