BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen

BUND-Klage gegen Hauptbetriebsplan 2011-2014

Vor der Gerichtsverhandlung im Hambacher Wald.

Am 20. Dezember 2012 hat der BUND Klage gegen die aktuelle bergrechtliche Zulassung des Braunkohlentagebaus Hambach eingereicht und damit vorübergehend den Fortgang weiterer Rodungsarbeiten für den Tagebau gestoppt.

Der beklagte Hauptbetriebsplan umfasst auch die mit dem Betrieb des Tagebaus Hambach verbundenen Waldrodungen bis zum 31.12.2014. Durch die Fällarbeiten auf ca. 250 Hektar Fläche werden die Kernlebensräume etlicher gesetzlich streng geschützter Tierarten vollständig zerstört. So ist der Hambacher Wald eines der wichtigsten Verbreitungsgebiete für den Mittelspecht und die Bechsteinfledermaus. Insgesamt kommen dort mindestens elf weitere nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützte  Tierarten wie z.B. die Haselmaus und fünf geschützte Vogelarten vor. Der Hambacher Wald selbst stellte ursprünglich den EU-weit zweitgrößten Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald bzw. Hainsimsen-Buchenwald dar. Dieser wertvolle Lebensraumtyp unterliegt nach BUND-Auffassung ebenfalls dem Schutz der FFH-Richtlinie. Als faktisches Vogelschutzgebiet unterliegt der Wald zudem auch dem strengen Schutzregime der EU-Vogelschutzrichtlinie. 

Eine frühere Klage des BUND gegen den Tagebau war nach mehrjährigem Rechtsstreit durch alle Instanzen gescheitert, da es seinerzeit nur ein sehr beschränktes Klagerecht der Umweltverbände gab, mit welchem selbst Verstöße gegen europarechtliche Vorgaben des Artenschutzes nicht durchgesetzt werden konnten. Dies ist aufgrund der jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und einiger deutscher Verwaltungsgerichte inzwischen anders.

 

BUND beendet Rechtsstreit

"Kumpanei aus Bergbau und Naturschutzbehörden"

28.11.2013 | Der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beendet vorerst den Rechtsstreit gegen den Braunkohlentagebau Hambach. Im Verfahren um die Zulassung des Hauptbetriebsplans zur Fortführung des Tagebaus bis zum Jahr 2014 hatte das Verwaltungsgericht Aachen die BUND-Klage am 5. September 2013 aus formalen Gründen abgewiesen. Da die zuständigen Naturschutzbehörden im Nachgang zu dieser Entscheidung weit reichende Ausnahmen vom gesetzlichen Artenschutz erteilten, hat der Umweltverband jetzt entschieden, nicht weiter eine Berufungszulassung betreffend die Hauptbetriebsplanzulassung anzustreben. Der BUND werde aber die weiteren Vorgänge prüfen und behält sich anderweitige Rechtsmittel vor.

"Während der Naturschutzminister Johannes Remmel die immer länger werdenden Listen der gefährdeten Pflanzen- und Tierarten beklagt, erteilen die Naturschutzbehörden vor Ort die von RWE Power zur Fortführung des Tagebaus dringend benötigten Ausnahmegenehmigungen zur Tötung seltener Fledermäuse und Vögel", kritisierte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. "Das hat mit einer konsistenten Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt nichts zu tun."

Trotz der Beendigung des Verfahrens sieht sich der BUND in seiner Rechtsauffassung von der Rechtswidrigkeit der Hauptbetriebsplanzulassung bestätigt. Der Genehmigungsbescheid vom 30. November 2011 war dem BUND ein Jahr später am 29.11.2012 vom Bergamt übermittelt worden. Aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Belange hatte der BUND am 20. Dezember 2012 Klage eingereicht. Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen wies diese am 5. September zurück. Begründet wurde die Entscheidung mit der vermeintlich fraglichen Klagebefugnis des BUND. Sollte das Klagerecht dennoch bestehen, sei es jedenfalls "verwirkt", da der BUND seine Rechtsposition zu spät geltend gemacht habe.

Erst nachdem der BUND die Klage eingereicht hat, beantragte die RWE Power AG bei den unteren Landschaftsbehörden des Kreises Düren und des Rhein-Erft-Kreises die umfassenden artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen zur Fortführung der Rodungsarbeiten im Hambacher Wald. Diese wurden im Oktober 2013 erteilt.

"Damit wird nachträglich bestätigt, dass RWE Power mit den Rodungen in der Periode 2012/2013 gegen artenschutzrechtliche Verbote verstoßen hat. Doch recht haben und recht bekommen, sind insbesondere wenn es um Bergbauinteressen geht, leider immer noch zweierlei", sagte der BUND-Braunkohlenexperte Dirk Jansen. Die unersetzbaren Wälder im Geltungsbereich des aktuellen Hauptbetriebsplanes hätten wegen dieser "Kumpanei aus Bergbau und Naturschutzbehörden" leider nicht mehr gerettet werden können, da bereits "Fakten mit der Kettensäge" geschaffen worden seien.

 

Gericht weist BUND-Klage ab

"Gefälligkeits-Entscheidung für RWE"

06.09.2013 | Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen unter Vorsitz des Richters Georg Niebel hat gestern am späten Nachmittag die Klage des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Zulassung des Hauptbetriebsplanes zur Führung des Braunkohlentagebaus Hambach von 2011 bis 2014 zurückgewiesen. Das Gericht hielt die Klagebefugnis des  BUND  für "höchst fraglich". Sollte das Klagerecht dennoch bestehen, sei es jedenfalls "verwirkt", da der BUND seine Rechtsposition zu spät geltend gemacht habe. Für den BUND ist das Urteil ein Skandal: Mit fadenscheinigen formalen Argumenten hätte sich das Gericht um eine inhaltliche Klärung der streitgegenständlichen artenschutzrechtlichen Fragen gedrückt.

Zum Hintergrund: Erst im öffentlichen Verfahren zur Aufstellung eines artenschutzrechtlichen Sonderbetriebsplanes für den Tagebau Hambach im Frühjahr 2012 räumte RWE ein, dass für künftige Waldrodungen artenschutzrechtliche Befreiungen fehlen. Im Vorfeld der von RWE für den Spätherbst 2012 geplanten weiteren Rodungen ergab eine BUND-Abfrage bei den unteren Landschaftsbehörden, dass offenbar noch immer keine Ausnahmegenehmigungen von diesen artenschutzrechtlichen Verboten vorlagen. Daraufhin erkundigte sich der BUND bei der zuständigen Bergbehörde nach dem Stand des Zulassungsverfahrens für den Sonderbetriebsplan und beantragte die Übersendung des aktuellen Hauptbetriebsplanes. Diese Hauptbetriebspläne werden "im stillen Kämmerlein" von RWE beantragt und der Bergbehörde zugelassen. Weder der BUND noch die sonstige Öffentlichkeit werden beteiligt oder informiert, weshalb das Datum des Inkrafttretens auch nicht bekannt sein kann.

Da im über diese Umwege erstmals bekannt gewordenen Hauptbetriebsplan konkrete Angaben über das Vorliegen artenschutzrechtlicher Befreiungen fehlten und lediglich auf den - noch nicht zugelassenen Sonderbetriebsplan - verwiesen wurde, sah der BUND seine Befürchtung bestätigt und legte unmittelbar nach Kenntnisnahme des Hauptbetriebsplanes am 19.12.2012 Klage ein. Erst mit den BUND-Aktivitäten im Herbst 2012 beantragte RWE konkrete artenschutzrechtliche Befreiungen, die im Januar 2013 erteilt wurden. Für die Fortführung der Rodungen bis 2014 liegen solche Befreiungen noch nicht vor.

Im Ergebnis ist der Genehmigungsbescheid für den Hauptbetriebsplan damit weiterhin rechtswidrig. Allerdings hat das Verwaltungsgericht Aachen dem BUND durch seine gestrige Entscheidung den Rechtsweg zur Klärung der inhaltlichen Fragen abgeschnitten. Die für die Klage-Unzulässigkeit herangezogene Argumentation ist dabei nach BUND-Meinung geradezu absurd: Durch die Waldbesetzung im April 2012 sei für den BUND eine "Holschuld" entstanden. Anstatt noch einige Monate auf die Zulassung des Sonderbetriebsplans zu warten, hätte sich der BUND sofort  - quasi mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestattet – bei den Bergbehörden nach dem Stand der Hauptbetriebsplanzulassung erkundigen müssen. RWE wisse zwar, so das Gericht, dass der BUND die Weiterführung des Tagebaus auf allen Wegen zu verhindern suche, hätte sich aber trotzdem darauf verlassen können, dass keine Rechtsmittel gegen den Hauptbetriebsplan eingelegt werden. Selbst wenn der BUND ein Klagerecht hätte, sei dies im Endergebnis verwirkt.

Auch wenn das Verfahren rechtliches Neuland  betritt - noch nie wurde gegen einen Hauptbetriebsplan geklagt -, ist die gestrige Entscheidung nach Ansicht des BUND eine "Gefälligkeits-Urteil für RWE". Nach Vorliegen der schriftlichen Urteilbegründung wird der BUND entscheiden, ob dagegen Rechtsmittel eingelegt werden.

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